# taz.de -- Internationales Treffen zur Ukraine: Großer Gipfel auf kleiner Insel
       
       > Auf Malta treffen sich 65 Länder, die Ukraine präsentiert wiederholt
       > Selenskis „Friedensformel“. Dabei geht es auch um die Nachkriegsordnung.
       
 (IMG) Bild: Die Ukraine kämpft weiter: Freiwillige trainieren, um den ukrainischen Kräften beizutreten
       
       BERLIN taz | Bei einem dritten „Friedensgipfel“ für die Ukraine am
       Wochenende auf Malta hat die ukrainische Regierung nach eigenen Angaben
       weitere internationale Unterstützung für ihre Haltung zur Beendigung des
       Krieges mit Russland erhalten. 65 Länder nahmen an dem Gipfel teil, der auf
       ähnlichen Treffen in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen am 26. Juni und
       der saudi-arabischen Stadt Dschiddah am 6. August folgt. Das sind deutlich
       mehr Länder als bisher: in Dschiddah waren es noch etwa 40 gewesen, in
       Kopenhagen noch weniger.
       
       Die Regierung von [1][Präsident Wolodimir Selenski präsentiert auf jedem
       dieser Treffen Selenskis] „Friedensformel“ für die Ukraine, die er erstmals
       im September 2022 der UN-Generalversammlung vorgetragen hatte. Die
       „Friedensformel“ ist ein Zehn-Punkte-Plan mit einem vollständigen Rückzug
       Russlands hinter die international anerkannten Grenzen der Ukraine, einem
       Ende der Kampfhandlungen und der Wiederherstellung der ukrainischen
       Kontrolle ihrer Grenzen als Kernelement, gekoppelt mit verpflichtenden
       Sicherheitsgarantien für die Ukraine.
       
       Weitere Elemente sind ein Sondertribunal für den russischen Angriffskrieg,
       russische [2][Entschädigungszahlungen an die Ukraine zum Wiederaufbau], die
       Rückkehr aller Kriegsgefangenen und Deportierten sowie Maßnahmen zur
       globalen Energie- und Lebensmittelsicherheit.
       
       Russland hat diesen Plan immer zurückgewiesen und ist zu Verhandlungen mit
       der Ukraine auf dieser Grundlage nicht bereit, sondern höchstens auf
       Grundlage einer ukrainischen Anerkennung aller russischen Annexionen. Es
       geht bei der „Friedensformel“ auch nicht so sehr um die Vorbereitung
       möglicher Friedensgespräche als um die Ausarbeitung der internationalen
       Komponenten einer Nachkriegsordnung für die Ukraine nach einer
       militärischen Niederlage Russlands.
       
       ## Besserer Zugang für das Rote Kreuz
       
       Auf Malta wurden fünf der zehn Punkte der „Friedensformel“ debattiert:
       atomare Sicherheit, Energiesicherheit, Lebensmittelsicherheit; Rückkehr der
       Kriegsgefangenen und Deportierten und Wiederherstellung der territorialen
       Integrität der Ukraine.
       
       Als praktische Schritte in diesen Punkten wurden Kontrollrechte für die
       Internationale Atomenergiebehörde [3][IAEA im russisch besetzten AKW
       Saporischschja] genannt, ein verbesserter Zugang für das Internationale
       Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) zu Kriegsgefangenen sowie eine
       völkerrechtlich bindende Rolle für den Internationalen Gerichtshof (IGH).
       
       Dieser ist für zwischenstaatliche Rechtsstreitigkeiten zuständig, bei
       Fragen der Einhaltung der UN-Charta und eine Reform des
       UN-Sicherheitsrates. Es bedürfe auch internationaler Verpflichtungen zur
       Gewährleistung von Ernährungssicherheit und gegen den Einsatz von
       Energielieferungen als Waffe oder Druckmittel, hieß es.
       
       Als nachteilig werten Beobachter den Umstand, dass China nicht teilnahm,
       wie bereits beim ersten Gipfel in Kopenhagen im Juni. Dass [4][chinesische
       Vertreter im August zum zweiten Gipfel nach Dschiddah gekommen waren],
       hatte die ukrainische Seite noch als Erfolg verbucht.
       
       Jetzt wird als Neuzugang die Teilnahme Armeniens gefeiert, das nach dem
       Ausbleiben russischer Unterstützung gegen die aserbaidschanische Eroberung
       Berg-Karabachs im September seine Beziehungen zu Moskau überdenkt. Die
       wichtigen Schwellenländer Brasilien, Indien, Südafrika und Türkei waren
       erneut anwesend, die westlichen Unterstützer der Ukraine sowieso.
       Deutschland war nach Angaben aus Regierungskreisen auf „hoher Beamtenebene
       aus dem Kanzleramt und dem Auswärtigen Amt“ vertreten.
       
       29 Oct 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Treffen-europaeischer-Staaten-in-Spanien/!5960491
 (DIR) [2] /Krieg-in-der-Ukraine/!5964971
 (DIR) [3] /AKW-Saporischschja-in-Ukraine/!5886194
 (DIR) [4] /Ukraine-Friedenskonferenz-in-Dschidda/!5947831
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Malta
 (DIR) Wolodymyr Selenskij
 (DIR) Russland
 (DIR) China
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Exilkunst
 (DIR) US-Kongress
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Krieg in der Ukraine: Über 100 Orte beschossen
       
       Die Ukraine meldet den größten russischen Angriff seit Jahresbeginn. 118
       Städte und Dörfer wurden binnen 24 Stunden beschossen, so Innenminister
       Ihor Klymenko.
       
 (DIR) Widerstand auf der Krim: Provokation mit gelben Bändern
       
       Auf der Krim protestieren Aktivist*innen gegen die russische Besatzung.
       Sie nehmen Repressionen und Haftstrafen in Kauf.
       
 (DIR) Kuratoren über Kunst im Krieg: „Wir können nicht alles retten“
       
       Die Kyiv-Biennale 2023 geht ins Exil, auch nach Polen. Wie zeigen
       Kunsthäuser im lang PiS-regierten Land Solidarität mit der ukrainischen
       Kulturszene?
       
 (DIR) Neuer Speaker im US-Repräsentantenhaus: Sieg der Verhinderer
       
       Das US-Parlament ist formal wieder arbeitsfähig, zahlt dafür aber einen
       hohen Preis: Der neue Parlamentssprecher dürfte einen Kurs ohne Kompromisse
       fahren.
       
 (DIR) EU-Ambitionen der Ukraine: Leider realitätsfern
       
       Der ukrainische Präsident Selenski fordert die Aufnahme von
       EU-Beitrittsgesprächen. Doch die geopolitische Lage verschiebt sich nach
       Nahost.