# taz.de -- Klage gegen die Führung der Hamas: Geisel-Angehörige ziehen vor IStGH
       
       > Angehörige der aus Israel nach Gaza entführten Geiseln fordern
       > Haftbefehle für die Hamas-Spitze. In Den Haag haben sie nun
       > Zeugenaussagen überreicht.
       
 (IMG) Bild: Protest vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag am 14. Februar
       
       DEN HAAG taz | Angehörige der von der palästinensischen Terrororganisation
       Hamas aus Israel verschleppten Geiseln fordern, die Hamas-Führung wegen
       Kriegsverbrechen anzuklagen. Eine Delegation von mehr als 100 Personen
       erschien am Mittwoch beim Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den
       Haag, um Chefankläger Karim Khan Zeugenaussagen zu den am 7. Oktober im
       Süden Israels begangenen Massakern zu überreichen. Darin werden der
       Terrororganisation unter anderem Entführung, sexuelle Gewalt und Folter
       vorgeworfen. Das Hostage and Missing Families Forum will einen Haftbefehl
       gegen die Spitze der Hamas erwirken.
       
       Liat Bell Sommer, internationale Vertreterin des Forums, sprach von einem
       „entscheidenden Schritt“ für die strafrechtliche Verfolgung der Verbrechen,
       der die Schwere der erhobenen Vorwürfe unterstreiche. Dadurch soll der
       Druck erhöht werden, um die verbleibenden Geiseln freizulassen.
       Koordiniert wurde der Antrag von Shelly Aviv Yeini, einer Expertin für
       Rechtsstaatlichkeit unter Extrembedingungen von der Universität Haifa,
       sowie dem Anwalt Yuval Sasson von der renommierten Kanzlei Meitar Law
       Offices. Weitere Unterstützung gab es vom Raoul Wallenberg Institute of
       Human Rights.
       
       Mit „Bring them home now“- Rufen empfingen mehrere Hundert
       Demonstrant*innen am Nachmittag bei stürmischem Wetter die Angehörigen
       vor dem Gerichtshof. Manche waren aus Belgien oder Frankreich nach Den Haag
       gekommen. „Es ist wichtig, dass wir dies zur Anzeige bringen, damit die
       Untersuchung der begangenen Grausamkeiten vorankommt“, so Anwalt Sasson.
       „Wir suchen Gerechtigkeit und wollen zeigen, dass die Welt angesichts
       dieser Vorfälle nicht schweigen wird, auf dass die Geiseln nach Hause
       kommen können.“
       
       Chris den Hoedt, der die Angehörigenvereinigung in den Niederlanden
       vertritt, berichtet von einem vorherigen Treffen mit Chefankläger Khan im
       Herbst, das er initiierte, weil Israel den Gerichtshof nicht anerkennt.
       Tatsächlich hat Israel das Rom-Statut zur Gründung des IStGH zwar
       unterzeichnet, aber nie ratifiziert. Khan habe damals ausdrücklich um
       Augenzeugenberichte der Massaker am 7.Oktober gebeten und angekündigt, sich
       in Israel selbst ein Bild von den Tatorten machen zu wollen. „Wir haben nun
       die Informationen zu diesen grausamen Verbrechen gesammelt, um sie ihm zu
       überreichen“, so der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Rotterdam am
       Vorabend zur taz.
       
       IStGH ermittelt bereits 
       
       Der Antrag der Angehörigen unterstreicht, welche Bedeutung das
       internationale Recht im Krieg zwischen Israel und der Hamas inzwischen hat,
       nicht zuletzt für das Bild, das sich die Welt von diesem Krieg macht.
       Deutlich wurde das zuletzt, [1][als Südafrika im Januar Israel am
       Internationalen Gerichtshof (IGH) der Vereinten Nationen, ebenfalls in Den
       Haag ansässig, wegen Genozids anklagte]. Dieser verfügte per Eilantrag,
       Israel müsse Maßnahmen ergreifen, um einen Völkermord im Kriegsgebiet zu
       verhindern.
       
       Im Fall des nur wenige Kilometer entfernten IStGh ist die Lage insofern
       komplex, [2][als dieser seit März 2021 zu möglichen israelischen
       Kriegsverbrechen in den palästinensischen Gebieten ab 2014 ermittelt].
       Juraprofessor Robbie Sabel von der Hebrew University blickt vor diesem
       Hintergrund auf der Nachrichtenseite Times of Israel auf die Rolle von
       Chefankläger Khan: Dieser habe „einen Ruf als fairer und vernünftiger
       Anwalt, der zugleich aber „unter öffentlichem Druck“ stehe. Je mehr
       Informationen er bekomme, desto besser könne die Anklage ihre
       Untersuchungen durchführen.
       
       Wegen des aktuellen Kriegsverlaufs meldete sich Khan zuletzt am Dienstag zu
       Wort. In einem auf X veröffentlichen Statement äußerte er sich „tief
       besorgt“ aufgrund israelischer Bombardements und der möglichen
       Bodenoffensive in Rafah. Khan betonte, die laufenden Ermittlungen würden
       „mit größter Dringlichkeit“ weitergeführt, um Verantwortliche für
       Kriegsverbrechen vor Gericht zu bringen. Ausdrücklich rief er Israel auf,
       das Kriegsrecht zu respektieren. Weiterhin forderte er „die sofortige
       Freilassung aller Geiseln“. Khan hatte Anfang Dezember Israel und Palästina
       besucht – mit der einfachen Botschaft, sicherzustellen, dass der Schutz des
       Rechts für alle gelte, wie er im Anschluss schrieb.
       
       14 Feb 2024
       
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