# taz.de -- Klimawandel vor dem Klimagipfel: Immer Meer
       
       > Der Klimawandel lässt den Meeresspiegel weltweit schneller steigen als
       > gedacht. Welche Regionen sehr stark betroffen sind, zeigen aktuelle
       > Daten.
       
 (IMG) Bild: Fidschi: Da wird er bald nicht mehr sitzen können – da ist dann Wasser
       
       BERLIN taz | Bisher wurde viel über sie geredet, jetzt leiten sie die
       Diskussion: Mit dem Inselstaat [1][Fidschi stellt zum ersten Mal ein
       kleiner Inselstaat den Präsidenten bei einer UN-Klimakonferenz], deren
       neueste Auflage am Montag in Bonn beginnt. Damit rücken die Menschen in den
       Mittelpunkt, die bereits jetzt deutlich vom Klimawandel betroffen sind –
       vor allem vom steigenden Meeresspiegel.
       
       Fidschi will auf der Konferenz einen Plan vorstellen, wie der Staat die
       Umsiedlung seiner Bewohner plant. Nach einer Vorkonferenz in seinem Land
       sagte Premierminister Frank Bainimarama im Oktober zu seinen Gästen: „Seit
       Sie auf Fidschi waren, werden viele von Ihnen nun besser verstehen, was
       hier passiert und wie verwundbar wir sind.“
       
       Dafür muss man nicht in die Südsee reisen. Ein Blick auf die Pegelstände
       der Weltmeere zeigt, wie der Meeresspiegel fast überall steigt. Eine Fülle
       von Daten aus Satellitenmessungen und historischen Aufzeichnungen lässt
       erkennen, dass sich momentan die Weltmeere im Durchschnitt um etwa drei
       Millimeter im Jahr heben. In den letzten 20 Jahren ist dieser Prozess
       doppelt so schnell abgelaufen wie vorher.
       
       Die Gründe: Aus [2][schmelzenden Gletschern] weltweit gelangt mehr Wasser
       ins Meer. Vor allem aber dehnen sich immer wärmere Ozeane immer weiter aus.
       Betroffen sind Hunderte Millionen Menschen, die an den Küsten wohnen;
       manche Orte sind verwundbarer als andere, manche Länder können sich gegen
       die Fluten schützen, andere weniger. Und höhere und wärmere Meere tragen
       dazu bei, dass stärkere Stürme entstehen und Sturmfluten drastischer
       ausfallen.
       
       Wie sich die Pegel über die letzten Jahrzehnte entwickelt haben, zeigt ein
       Datensatz der britischen Behörde Permanent Service of Mean Sea Level Rise.
       Seit 1933 registriert man dort den Wasserstand in den 2.000 wichtigsten
       Häfen. Das gemeinnützige Recherchezentrum Correctiv hat die [3][Daten
       ausgewertet] und in eine Grafik umgesetzt, von der wir eine Auswahl
       präsentieren.
       
       Dabei wird deutlich: Die Meeresspiegel steigen, allerdings nicht überall
       gleich schnell. Denn es gibt durchaus lokale Besonderheiten, auf die auch
       der UN-Klimarat IPCC in seinem letzten Sachstandsbericht von 2013 hinweist:
       Winde, Meeresströmungen, tektonische Verschiebungen oder der Zufluss von
       Süßwasser können an den Küsten den Wasserstand unterschiedlich
       beeinflussen. Wasser ist nicht immer eben wie eine Wasserwaage, in den
       Ozeanen gibt es Berge und Täler. Aber wo das Wasser bisher stark gestiegen
       ist, wird es sich auch weiter ausdehnen.
       
       Wichtig für den realen Pegel ist auch, ob sich das Land hebt oder senkt.
       Skandinavien und Teile Nordamerikas etwa zeigen einen fallenden
       Meeresspiegel, weil das Land sich schneller hebt als das Meer steigt. Seit
       die Gletscher geschmolzen sind, die die Landmasse während der letzten
       Eiszeit vor etwa 10.000 Jahren bedeckten, geht es aufwärts. Ähnliches
       passiert, wo sich tektonische Platten so verschieben, dass die Erde nach
       oben gedrückt wird.
       
       An anderen Stellen sinkt das Land ab, weil es zu stark bebaut wird oder aus
       dem Untergrund Trinkwasser oder Gas gefördert werden. Steigende Ozeane und
       sinkende Landmassen gemeinsam bringen auch Megastädte in Gefahr, wo sich
       Millionen Menschen und ein großer Teil der Wertschöpfung konzentrieren:
       Manila auf den Philippinen, Manhattan in New York City, das Perlflussdelta
       in China.
       
       ## Schmelzenden Eisschilde in Grönland und der Antarktis
       
       Die Karte zeigt, wie ungleich die Welt auch bei der Sammlung von Daten ist.
       Die meisten Informationen stammen aus Europa, Japan/Südkorea und aus
       Nordamerika – den klassischen Industrienationen, die sich Küstenschutz im
       Zweifel leisten können. Nur sporadisch sind die Messungen aus
       Lateinamerika, Afrika und Teilen Asiens. Aus Bangladesch zum Beispiel, wo
       im Mündungsgebiet der großen Flüsse Ganges und Brahmaputra mehrere
       Millionen Menschen von anschwellenden Flüssen, steigendem Meer und
       versalzten Feldern betroffen sind, fehlen diese Informationen.
       
       Wissenschaftler warnen vor dem Anstieg, weil er sich über Jahrhunderte
       fortsetzen wird, selbst wenn die Emissionen von Kohlendioxid schnell sinken
       sollten. Die großen Unbekannten sind die schmelzenden Eisschilde in
       Grönland und der Antarktis. Im 20. Jahrhundert ist der globale
       Meeresspiegel um 17 Zentimeter gestiegen, für das 21. Jahrhundert schätzt
       der UN-Klimarat IPCC eine Zunahme um 28 bis 98 Zentimeter, je nach der
       Menge der Emissionen.
       
       Selbst bei konsequentem Klimaschutz sind demnach 28 bis 61 Zentimeter nicht
       mehr zu verhindern. Diese Vorhersagen des IPCC sind in der Vergangenheit
       immer wieder nach oben korrigiert worden. Und erst vor zwei Wochen warnten
       drei neue Studien unabhängig voneinander, der Meeresspiegel könne in Zeiten
       des Klimawandels deutlich schneller und höher steigen als angenommen – im
       Extremfall um zwei bis drei Meter bis 2100.
       
       4 Nov 2017
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /UN-Klimakonferenz-in-Bonn/!5410646
 (DIR) [2] /Folgen-des-Klimawandels/!5411937
 (DIR) [3] http://searise.correctiv.org/de/explore
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Pötter
       
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