# taz.de -- Kommentar Angriff auf US-Disko: Islamisten sind homophob
       
       > Der Attentäter von Orlando tötete nicht zufällig Schwule, Lesben und ihre
       > Freund*innen. Islamistische Fanatiker hassen Menschen, die das Leben
       > feiern.
       
 (IMG) Bild: Der Islamismus verabscheut alles, was offen schwul, lesbisch oder trans* ist
       
       Das Entsetzen weltweit ist natürlich groß, und die Gefühle, die seit
       gestern auch in sozialen Netzwerken nachlesbar sind, sind solche der Trauer
       und Fassungslosigkeit. Man muss es – leider – betonen: Auch heterosexuelle
       Menschen erkannten sofort das Außergewöhnliche des [1][islamistischen
       Amoklaufs des US-Amerikaners Omar Mateen]. Auch Präsident Barack Obama
       griff öffentlich sofort mit kondolierenden Worten ein.
       
       Kühl dürfen nun einige Fakten zur Kenntnis gegeben werden: Anders, als der
       ARD-Brennpunkt am Sonntagabend erörterte, ist nicht die Frage zu klären, ob
       es sich eher um einen islamistischen oder homophoben Anschlag mit aktuell
       50 Ermordeten handelt. Das ist die falsche Gegenüberstellung, denn der
       Täter, ein junger Mann, dessen Eltern aus Afghanistan in die USA
       einwanderten, handelte im Sinne beider Motive.
       
       Der Islamismus von der Sorte des IS hasst Homosexuelle grundsätzlich. Er
       verabscheut alles, was offen schwul oder lesbisch oder trans* ist, und
       beabsichtigt, es auszulöschen. Des Täters Vater gab zu Protokoll, dass sein
       Sohn gewiss verstört war wegen zweier sich küssender Männer, die er gesehen
       habe. Das sind, sozusagen, Konfrontationen, die im islamistischen Kontext
       Hass und Wünsche nach Vergeltung auslösen.
       
       Schwule Männer, lesbische Frauen, Trans*- und Intermenschen stehen zur Zeit
       besonders im Fokus islamistischer Terroristen: Es ist nicht nur Ramadan –
       ein Monat, in dem Dschihadisten ganz besonders zu Anschlägen aufrufen.
       
       Der Juni ist gleichzeitig die Zeit des Jahres, in dem überall in der freien
       Welt – nicht allerdings in Kabul, Riad, Teheran oder Kairo – Gay Pride
       Parades, CSDs, stattfinden. Öffentliche Umzüge, Demonstrationen von
       LGBTI*-Menschen und ihren (noch viel zu wenigen Freund*innen), die für das
       Recht auf öffentliche Sichtbarkeit eintreten. Und das in Erinnerung an die
       Queer-Unruhen rund um die New Yorker „Stonewall“-Bar im Juni 1969, die als
       Beginn der modernen LGBTI*-Bewegung gelten.
       
       Man möchte den Sicherheitsbehörden in Kalifornien danken, die in letzter
       Minute [2][einen Attentäter davon abhielten], die LGBTI*-Parade in Los
       Angeles heimzusuchen.
       
       ## Muslimische Schwule und Lesben verdienen Schutz
       
       Natürlich: Nicht alle Homophoben zählen zum Islam, aber alle Islamisten
       sind potentiell mörderisch gesinnte Homophobe. Der Täter von Orlando war
       offenbar in mehr als nur persönlicher Hinsicht berufen, das, was er als
       unerträglich empfand, aus dem Leben zu befördern: Menschen, die
       nicht-heterosexuellen Mustern entsprechend leben – und dies auch nicht
       wollen.
       
       In Gefahr sind nicht-heterosexuelle Menschen in islamischen Ländern seit
       jeher und immer noch. In den meisten steht Homosexualität unter Strafe, in
       manchen werden Schwule, werden sie als solche erkannt, gesteinigt, von
       Häusern heruntergeworfen, gehängt, getötet im Namen der Religion oder auch
       der Familie, über die die Beschuldigten Schande gebracht haben sollen.
       
       Aber was defintiv falsch, sogar mörderisch falsch wäre: das Attentat von
       Orlando mit Muslimischem gleichzusetzen. In Wahrheit verdienen gerade alle
       muslimischen Schwulen und Lesben besonderen Schutz vor den Vergeltungen
       durch ihre angeblich religiös Nächsten. Sie, die im Westen ihren Weg gehen,
       sind jene, die objektiv das leben, was auch Christen und Juden den Ihrigen
       vorleben: ein Sein als Homosexuelle, offen und frei, was auch immer
       religiös geglaubt wird.
       
       Es ist zutreffend, was [3][in der New York Times zu lesen steht]: „Alle
       Amerikaner sind gefährdet, und dabei geht es nicht allein darum, mit wem
       wir trinken, tanzen oder schlafen, sondern es geht um unsere Überzeugung,
       dass wir uns keiner Ideologie oder Religion unterwerfen sollen. Das
       beleidigt und befeuert die Fanatiker dieser Welt.“ Mit einer Ergänzung:
       Alle Europäer, die auf Freiheit setzen, sind es nicht minder.
       
       13 Jun 2016
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Angriff-auf-Gay-Club-in-Orlando/!5312318/
 (DIR) [2] http://www.nytimes.com/live/orlando-nightclub-shooting-live-updates/armed-man-arrested/
 (DIR) [3] http://www.nytimes.com/2016/06/13/opinion/the-scope-of-the-orlando-carnage.html?_r=0
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan Feddersen
       
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