# taz.de -- Kostenlose Monatskarten für Pendler: Spanien startet 0-Euro-Bahnticket
       
       > Von September bis Dezember akzeptiert die Staatsbahn Renfe kostenlose
       > Monatskarten. Sie gelten aber nur für bestimmte Strecken oder Zonen.
       
 (IMG) Bild: Sehr beliebt: neuer Ticketverkauf im Bahnhof Atocha
       
       MADRID taz | „Jetzt ist es wieder ruhiger“, sagt Borja Bermúdez. Der
       35-Jährige mit gelber Weste ist einer der 851 Kundenberater, die die
       spanische Bahn [1][Renfe] zusätzlich eingestellt hat, nachdem die Regierung
       des Sozialdemokraten Pedro Sánchez bekannt gab, dass es vom 1. September
       bis zum 31. Dezember ein 0-Euro-Ticket geben wird. Seit dem 24. August kann
       es gelöst werden, online, am Automaten und am Schalter. „In den ersten
       Tagen war hier die Hölle los“, sagt Bermúdez, der in der Schalterhalle im
       Madrider Bahnhof Atocha eingesetzt ist.
       
       Mittlerweile haben – so die Bahnverwaltung – über 300.000 einen kostenlosen
       Fahrschein erstanden. Es handelt sich dabei um Pendlertickets für eine
       festgelegte Bahnstrecke beziehungsweise Zone. Auf einigen
       Hochgeschwindigkeitsstrecken gibt es zudem Preisnachlässe von 50 Prozent.
       Das Ticket muss in den vier Monaten der Gültigkeit mindestens 16-mal
       genutzt werden, dann gibt es auch die 10 (Nahverkehr) oder 20 Euro
       (mittlere Strecken) Bearbeitungsgebühr zurück. Von 30 bis knapp 90 Euro
       kostet eine Monatskarte je nach Strecke normalerweise.
       
       „Im Großen und Ganzen kommen die Kunden gut informiert hierher“, sagt
       Bermúdez, der Fahrgästen am Automaten zu Seite steht. Für den kommenden
       Montag, wenn die Urlaubszeit und die Sommerferien an Schulen und
       Universitäten zu Ende gehen, befürchten er und seine Kollegen dennoch einen
       Ansturm. Denn egal, worum es geht, in Spanien warten viele immer bis zum
       letzten Augenblick. Renfe geht davon aus, dass es letztendlich über eine
       halbe Million Fahrscheine sein werden und dass mindestens 75 Millionen
       Gratisfahrten bis zum Jahresende unternommen werden.
       
       „Mit kostenlosen Abonnements und Preisnachlässen helfen wir vor allem
       Arbeitnehmern, Studenten und Familien. Und wir fördern den öffentlichen
       Verkehr und senken den Energieverbrauch“, wirbt [2][Ministerpräsident
       Sánchez] für seine Starmaßnahme im Energiesparpaket. Er kündigte das
       0-Euro-Ticket Mitte Juli parallel zur Einführung einer Übergewinnsteuer für
       Energieversorger und Banken an. Diese Steuer wird 3,5 Milliarden Euro
       jährlich in die Staatskassen schwemmen. Neben dem 0-Euro-Ticket finanziert
       Sánchez damit auch zusätzliche Stipendien für Oberstufenschüler und
       Studenten.
       
       ## Greenpeace ist einverstanden
       
       Umweltschutzorganisationen, die den seit Mai gültigen Rabatt von 20 Cent
       pro Liter Diesel und Benzin für eine falsche Entscheidung halten, zeigen
       sich zufrieden mit dem Gratisticket. „Jede Fahrt im öffentlichen
       Verkehrsmittel spart zwischen 73 und 80 Prozent des CO2-Ausstoßes im
       Vergleich zum Pkw ein“, erklärt Greenpeace-Sprecher Adrían Fernández. Doch
       es gibt auch kritische Stimmen. Vor allem die Betreiber der Busse des seit
       Jahrzehnten privatisierten regionalen Linienverkehrs fürchten, sie könnten
       Kunden verlieren, die auf die kostenlose Bahn umsteigen. Und
       Verbraucherverbände mahnen an, dass die Frequenz der Züge erhöht wird,
       damit die eh schon überfüllten Linien nicht völlig kollabieren.
       
       Zumindest bei der Kundenberatung versucht Renfe alles, damit das
       0-Euro-Tícket ein Erfolg wird. Bermúdez wartet auf den großen Ansturm am
       Montag. „Mein Vertrag läuft zum Jahresende aus“, sagt der junge Mann, der
       im Frühsommer die erste Aufnahmeprüfung für den Dienst bei der Bahn hinter
       sich gebracht hat. Im kommenden Jahr will er sich der zweiten Runde der
       Aufnahmeprüfung stellen, um so eine Festanstellung zu bekommen. „Es ist
       nicht mein Traumjob, am Bahnhof zu arbeiten. Aber in diesen Zeiten ist es
       ein sicherer Job, und das zählt“, sagt der studierte
       Politikwissenschaftler, bevor er wieder hinüber zu den Fahrkartenautomaten
       geht.
       
       1 Sep 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.renfe.com/es/es/grupo-renfe/sociedades/renfe-viajeros/abonos-renfe
 (DIR) [2] /Deutsch-spanische-Energiestrategie/!5874959
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reiner Wandler
       
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