# taz.de -- Mobbing an Schulen: Eine Beschwerdestelle fehlt
       
       > Wie groß ist das Diskriminierungsproblem an Berliner Schulen wirklich?
       > Ein Modellprojekt zieht Bilanz und fordert Maßnahmen ein.
       
 (IMG) Bild: Wer mobbt wen und warum? Genaue Zahlen gibt es weiterhin nicht
       
       Jedes Mal, wenn wieder ein Fall von Mobbing und Diskriminierung an einer
       Schule bekannt wird, werden zwei Fragen besonders ratlos diskutiert: Warum
       greifen die vielen Hilfsangebote, die es für Berlins Schulen bereits gibt,
       nicht so, wie sie sollen? Und wie groß ist das Problem wirklich?
       
       Auf beides vermochte die unabhängige [1][Anlaufstelle
       Diskriminierungsschutz an Schulen], kurz Adas, am Dienstag zwar auch keine
       endgültige Antwort zu geben. Aber zumindest konnte man bei der Vorstellung
       einer ersten Zwischenbilanz des Modellprojekts nach zwei Jahren sagen: Um
       herauszufinden, wie groß das Diskriminierungsproblem an Berlins Schulen
       ist, bräuchte es zum einen ein deutlich verbessertes Monitoringverfahren.
       Bisher sammle da jeder quasi in seiner eigenen Community, sagt
       Projektleiterin Aliyeh Yegane: Die Adas etwa wird häufig von
       türkisch-arabischen SchülerInnen oder deren Eltern kontaktiert. Eine
       bessere Datenlage sei aber nötig, um die Hilfsangebote zu verbessern.
       
       In Neukölln habe die Vernetzung von Akteuren schon ganz gut funktioniert,
       sagt Yegane. Dort gibt es seit zwei Jahren ein Clearingverfahren: Die
       Schulaufsicht traf sich regelmäßig zum Austausch mit Initiativen und
       VertreterInnen der Schulen. Künftig seien ähnliche Runden in
       Charlottenburg-Wilmersdorf und Friedrichshain-Kreuzberg geplant.
       
       Allerdings blieb es in Neukölln beim Austausch – tatsächlich „geklärt“
       wurde kein einziger Fall. Weil sich keiner gemeldet habe, sagt Yegane.
       Offenbar fühlten sich insbesondere SchülerInnen von den behördlichen
       Strukturen eher eingeschüchtert, erklärt Berfin Karakurt, die als
       Schülervertreterin einer Neuköllner Schule mit in der Runde saß.
       Adas-Beraterin Sandra Abed ergänzte, dass auch Lehrkräfte oft Angst hätten,
       es könnte negativ auf sie zurückfallen, wenn sie Vorfälle innerhalb der
       Behördenstrukturen ansprechen. „Sie denken: Dann weiß es auch die
       Schulleitung, und am Ende bekomme ich Probleme.“
       
       ## Vor allem anonyme Meldungen
       
       Neben einem besseren Monitoring ist das die zweite Forderung, die Adas an
       die rot-rot-grüne Landespolitik richtet. Es brauche in Berlin dringend –
       wie auch bereits im Koalitionsvertrag angekündigt – eine unabhängige
       Beschwerdestelle.
       
       Die Adas füllt da offenbar schon eine Lücke: 165 Fälle von Diskriminierung
       wurden seit Juni 2016 vor allem anonym über ein [2][Formular] auf der
       Website gemeldet. Bei 84 Prozent waren SchülerInnen die Betroffenen. In
       über zwei Dritteln dieser Fälle ging es um rassistische Diskriminierung
       aufgrund von Hautfarbe, ethnischer Herkunft oder Religion. Ebenso oft ging
       die empfundene Diskriminierung vom Schulpersonal aus.
       
       Konkrete Beratungsfälle vermeldete die Adas, die noch bis 2020 von der
       Lotto-Stiftung finanziert wird, bisher 84. Dann begleitete man zum Beispiel
       die Eltern zum Elternabend, wenn die das Gefühl hatten, ihr Kind bekomme
       aufgrund seiner türkisch-arabischen Herkunft schlechtere Noten. Meistens
       wirke das bereits Wunder, sagt Beraterin Abed: „Die Lehrkräfte sind den
       Eltern gegenüber plötzlich deutlich gesprächsbereiter.“
       
       Die ADAS hat auch einen [3][Leitfaden zum Diskriminierungsschutz] (pdf) für
       Berliner Schulen entwickelt.
       
       19 Jun 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://adas-berlin.de/ueber-uns/#top
 (DIR) [2] https://adas-berlin.de/vorfall-melden/#top
 (DIR) [3] https://adas-berlin.de/wp-content/uploads/2018/06/ADAS_Schutz-vor-Diskriminierung-Schulen.pdf
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anna Klöpper
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Mobbing
 (DIR) Diskriminierung
 (DIR) Gewalt in der Schule
 (DIR) Schulbehörde Hamburg
 (DIR) Max-Planck-Gesellschaft
 (DIR) Diskriminierung
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
 (DIR) Lesestück Interview
 (DIR) Antisemitismus
 (DIR) Antisemitismus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Mobbing an Hamburger Schulen: Linke fordert statistische Erfassung
       
       Die Linke in der Hamburgischen Bürgerschaft fordert, die Fälle psychischer
       Gewalt an Schulen zu zählen und eine Beschwerdestelle für die Opfer
       einzurichten.
       
 (DIR) Fehlverhalten beim Führungspersonal: Machtmissbrauch und Mobbing
       
       Was tun, wenn Führungspersonal nicht korrekt mit Mitarbeitern umgeht? Die
       Max-Planck-Institute wollen sich einen Handlungsleitfaden geben.
       
 (DIR) Diskriminierung an Berliner Schulen: „Vielleicht bin ich Optimistin“
       
       Saraya Gomis, seit zwei Jahren Antidiskriminierungsbeauftragte der
       Schulsenatorin, fordert ein Umdenken in der Lehrerausbildung.
       
 (DIR) Diskriminierung an Berliner Schulen: Wenn LehrerInnen rassistisch sind
       
       Erstmals gibt es Zahlen zu Diskriminierung an Schulen. Täter sind meist
       Erwachsene, oft geht es gegen muslimische und schwarze SchülerInnen.
       
 (DIR) Kämpferin gegen Antisemitismus: „Es geht um Abschreckung“
       
       Die jüdische Berliner Anwältin Vladislava Zdesenko berät mit KollegInnen
       ehrenamtlich Familien und Kinder, die von antisemitischem Mobbing an
       Schulen betroffen sind.
       
 (DIR) Diskriminierung als Alltagserfahrung: Integration? Das machen wir schon
       
       Migrantische Jugendliche einer Schule in Wittenau beteiligen sich beim
       Filmwettbewerb „Janz schön anders“. Das Thema: Ungerechtigkeit.
       
 (DIR) Diskriminierung an Schulen: Antisemitismus nimmt zu
       
       Eine Zweitklässlerin wird an einer Berliner Grundschule mit dem Tod
       bedroht. Unter Religionsvertretern und Politikern löst der Fall Besorgnis
       aus.