# taz.de -- Mögliche Koalitionen in Berlin: SPD und Grüne ringen um die Macht
       
       > Eine Ampel oder wieder SPD, Grüne und Linke? In Berlin hat sich die Frage
       > nach der Koalition zu einem Machtkampf entwickelt. Der Ausgang ist
       > ungewiss.
       
 (IMG) Bild: Machtkampf zwischen Franziska Giffey und Bettina Jarasch über eine mögliche Koalition in Berlin
       
       BERLIN taz | Wer wird im Roten Rathaus in Berlin künftig regieren? Eine
       Ampel aus SPD, Grünen und FDP, [1][wie sie derzeit im Bund immer
       wahrscheinlicher wird]? Oder gibt es eine Fortsetzung des bisherigen
       Bündnisses aus SPD, Grünen und Linkspartei?
       
       Diese Frage hat sich inzwischen zu einem Machtkampf entwickelt, der auf
       offener Bühne ausgetragen wird. Auf der einen Seite steht
       SPD-Spitzenkandidatin und Exfamilienministerin Franziska Giffey. Auf der
       anderen die grüne Frontfrau Bettina Jarasch.
       
       Am Dienstag haben SPD, Grüne und Linke sieben Stunden lang sondiert.
       Jarasch sprach im Anschluss von „klärenden“ Gesprächen. Giffey schwieg.
       Natürlich haben alle Parteien Stillschweigen vereinbart.
       
       Tags zuvor, nach siebeneinhalb Stunden Verhandlungen mit SPD und FDP,
       betonte Jarasch, es seien „extrem intensive Gespräche“ gewesen. Das klang,
       trotz des Stillschweigens, nach großem Klärungsbedarf, den die Grünen mit
       den Linken offenbar schon hinter sich haben.
       
       ## Eine Pattsituation
       
       Ohnehin macht Bettina Jarasch, die bei den Wahlen am 26. September 18,9
       Prozent für die Grünen geholt hatte, keinen Hehl daraus, dass sie das
       Bündnis mit SPD und Linken fortsetzen will. Auch am vergangenen Freitag,
       als eine Entscheidung über die Koalitionsbildung schon mit Händen greifbar
       war, hatte sich Jarasch für Rot-Grün-Rot ausgesprochen. Zuvor hatten Grüne
       und SPD mehrere Stunden lang miteinander verhandelt. Gerne hätten beide
       Parteien anschließend bekannt gegeben, mit wem sie Koalitionsverhandlungen
       aufnehmen wollen.
       
       Doch zu einer Einigung war es dann doch nicht gekommen. Stattdessen hatten
       sich Grüne und SPD, die beide unabhängig voneinander zu Pressestatements
       eingeladen hatten, in eine Pattsituation manövriert. Denn während Jarasch
       ihre bekannte Präferenz nur wiederholen musste, ließ Giffey überraschend
       die Katze aus dem Sack. „Die Präferenz liegt auf dem Ampel-Bündnis“,
       twitterte sie am Freitag.
       
       An der Pattsituation haben auch die beiden Dreiersondierungen am Montag und
       Dienstag nichts geändert. Nun diskutieren beide Spitzenfrauen erst einmal
       in ihren Parteien die Lage. Den größten Klärungsbedarf wird dabei Franziska
       Giffey haben. Ihre Vorliebe für eine Ampel teilen längst nicht alle in der
       Berliner SPD.
       
       Schon kurz nach der Wahl haben sich vier einflussreiche Kreisverbände für
       weitere fünf Jahre Zusammenarbeit mit Grünen und Linken ausgesprochen.
       Inzwischen hat sich auch der Co-Vorsitzende des Kreisverbandes Neukölln
       dafür stark gemacht. Selbst in ihrem Heimatbezirk, in dem Giffey als
       Stadträtin und Bezirksbürgermeisterin ihre politische Karriere begonnen
       hatte, kann sie sich einer Mehrheit also nicht mehr sicher sein.
       
       ## Giffey ist das Druckmittel weggebrochen
       
       Nichts fürchtet Giffey deshalb so sehr wie einen Landesparteitag, der über
       die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen entscheidet. Eine entsprechende
       Forderung der vier Kreisverbände hat sie deshalb barsch abgelehnt.
       Stattdessen soll die Entscheidung im Landesvorstand fallen. Dort hat
       Giffey, die seit vergangenem November auch Co-Landesvorsitzende ist, eine
       komfortable Mehrheit.
       
       Doch auch zwischen Landesvorstand und Giffey läuft nicht alles rund. Nach
       dem Giffey-Tweet vom Freitag legte der stellvertretende SPD-Landeschef
       Julian Zado Wert darauf, dass es Giffey war, die sich für eine Ampel
       ausgesprochen hatte und nicht der Landesvorstand. „Es ist gut, dass für die
       @spdberlin eine Koalition mit der #cdu jetzt vom Tisch ist“, schrieb Zado
       ebenfalls auf Twitter. „Der geschäftsführende Landesvorstand der SPD Berlin
       hat gleichrangige und ergebnisoffene Sondierungen von #R2G und #ampel
       beschlossen.“
       
       Zumindest darüber scheint in der SPD Klarheit zu herrschen: Eine
       Deutschland-Koalition aus SPD, CDU und FDP ist vom Tisch. „Ich halte das
       für unrealistisch“, sagte die Berliner Jusochefin Sinem Taşan-Funke der
       taz.
       
       Damit entfällt aber [2][ein wichtiges Druckmittel für Giffey], die Grünen
       in eine Ampel zu zwingen. Nur wenn Giffey damit drohen kann, dass die
       Grünen bei einem Ampel-Veto aus dem Spiel sind, hat die SPD noch die Fäden
       in der Hand. Ohne die Alternative Deutschland-Koalition liegt die
       Entscheidung bei den Grünen.
       
       ## Die Ampel dürfte für SPD und Grüne sportlich werden
       
       Bleibt Berlin also rot-grün-rot regiert? Am Donnerstag oder Freitag, so
       heißt es, soll eine Entscheidung für Koalitionsverhandlungen fallen. Bis
       dahin wollen auch SPD und Grüne noch einmal miteinander reden. Dabei dürfte
       das Gespräch auch auf die Mehrheiten im Berliner Abgeordnetenhaus kommen,
       auf die die verschiedenen Bündnisse zählen können.
       
       Während Rot-Grün-Rot auf eine satte Mehrheit von 18 Abgeordneten zählen
       könnte, hätte die von Giffey favorisierte Ampel nur eine Mehrheit von sechs
       Abgeordneten. Noch knapper wäre es bei einem Bündnis von SPD, CDU und FDP –
       es käme auf eine Mehrheit von vier Stimmen im Landesparlament.
       
       Eine Ampel mit der FDP dürfte für SPD und Grüne sportlich werden. Nicht nur
       wegen der großen politischen Differenzen. So spricht sich die Berliner FDP
       sowohl gegen Mindestlöhne als auch für die Abschaffung des
       Umwandlungsverbots von Miet- in Eigentumswohnungen aus. Unsicher ist auch,
       welche Rolle die Fraktionen spielen. Die grüne Fraktion ist nicht nur
       jünger, sondern auch linker geworden. Sie auf ein Bündnis mit der FDP
       einzuschwören wäre für die Partei eine Zerreißprobe.
       
       Aber auch bei der SPD sind die Mehrheiten in der Fraktion alles andere als
       sicher. Bei seiner Wiederwahl zum Fraktionsvorsitzenden hat Co-Landeschef
       Raed Saleh, obwohl ohne Gegenkandidat, drei Gegenstimmen bekommen. Die
       werden in der SPD auch als Votum gegen Giffey gewertet.
       
       Das einzige Argument, das Giffey noch in der Hand hält, ist der
       erfolgreiche Volksentscheid Deutsche Wohnen und Co enteignen. Die Linke hat
       ihn unterstützt, während Giffey Enteignungen schon im Wahlkampf als „rote
       Linie“ bezeichnet hat. Mit der FDP wäre das Thema sicher einfacher
       abzuräumen als mit der Linken.
       
       13 Oct 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Uwe Rada
       
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