# taz.de -- Mord an Menschenrechtlerin: Keine Gerechtigkeit
       
       > Der Mord an der Menschenrechtlerin Estemirowa bleibt unaufgeklärt, weil
       > der EuGH nicht alle Ermittlungsakten erhalten hatte. Das hat in Russland
       > Methode.
       
 (IMG) Bild: Die Beerdigung von Natalja Estemirowa im Jahr 2009 in Grozny
       
       Früher oder später werde die Wahrheit über dieses Verbrechen ans Licht
       kommen, heißt es in einer Erklärung der russischen
       Menschenrechtsorganisation Memorial vom vergangenen Juli. Gemeint war der
       bestialische Mord an der tschetschenischen Menschenrechtlerin und
       Journalistin [1][Natalja Estemirowa], die 2009 in Inguschetien tot
       aufgefunden worden war und an die sich heute nur noch wenige erinnern.
       
       Leider konnte auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in
       diesem Fall nicht wirklich zur Wahrheitsfindung beitragen. Eine Beteiligung
       russischer Geheimdienste an der Tat sei nicht nachweisbar, heißt es in
       einem Urteil vom Dienstag, da Moskau dem Gericht nicht die vollständigen
       Ermittlungsakten zur Verfügung gestellt habe.
       
       Das hat in Russland Methode. Erinnert sei nur an den Mord an den Georgier
       Selimchan [2][Changoschwili] im Berliner Bezirk Tiergarten 2019 oder den
       vergifteten Kremlkritiker Alexei Nawalny. Auch hier war Moskau bei der
       Herausgabe von Akten eher zurückhaltend. Diese Liste ließe sich problemlos
       verlängern. Aber auch noch andere Parallelen drängen sich auf: Die
       Organisation Memorial, für die auch Estemirowa arbeitete, ist heute als
       ausländischer Agent gelistet und damit quasi auch offiziell zum Abschuss
       freigegeben.
       
       Ein Blick auf oppositionelle russische Webseiten genügt, um festzustellen,
       dass genau das geschieht. Was seine Kritiker*innen angeht, verfährt der
       Kreml nach dem Motto „Tabula rasa“ und das besonders jetzt, nur wenige
       Wochen vor den Duma-Wahlen. Auch [3][Ramsan Kadyrow], seit 2007 Präsident
       und Statthalter Putins in Tschetschenien, wütet in der Nordkaukasusrepublik
       mit seinen gefürchteten Sicherheitstruppen wie eh und je, nur das
       praktischerweise kaum noch jemand hinsieht.
       
       Immerhin: Der Klägerin und Schwester der Ermordeten hat der EGMR eine
       Entschädigung in Höhe von 20.000 Euro zugesprochen. Ein bitterer Trost für
       den Verlust ihrer Schwester und ausbleibende Gerechtigkeit.
       
       1 Sep 2021
       
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