# taz.de -- Nationale Fußverkehrsstrategie: Auf den Fußweg gebracht
       
       > Die Bundesregierung hat erstmals eine Strategie für den Fußverkehr
       > erarbeitet. Ein großer Schritt, sagen Verbände. Doch an konkreten
       > Maßnahmen fehlt es.
       
 (IMG) Bild: Haben nur wenig Platz und werden oft nicht mitgedacht: Fußgänger:innen in München
       
       BERLIN taz | Zufußgehen ist klimafreundlich, meistens gesund und im
       Vergleich mit anderen Fortbewegungsarten preiswert. Um das voll
       auszuschöpfen, hat das Bundesverkehrsministerium die „Nationale
       Fußverkehrsstrategie“ erarbeitet.
       
       „Es ist hocherfreulich, dass es diese Strategie gibt“, sagte Roland
       Stimpel, Vorsitzender des Fachverbands Fußverkehr FUSS der taz. Die
       Ampelregierung hat sich mit ihrem Koalitionsvertrag schon im Jahr 2021
       vorgenommen, Fußgänger:innen zu unterstützen. „Endlich wurde das in
       Bewegung gesetzt“, kommentierte Stimpel.
       
       Aktuell befindet sich der 18 Seiten starke Entwurf in der sogenannten
       Ressortabstimmung: Fachverbände und die anderen Ministerien können
       Anmerkungen machen, bevor sich das Kabinett mit der Strategie befasst.
       
       „Kein Verkehrsmittel benötigt so wenig [1][Platz und Energie wie der
       Fußverkehr und ist zudem praktisch emissionsfrei]“, heißt es in dem
       Entwurf. Allerdings seien viele Gehwege zu schmal oder zugestellt. Die
       Infrastruktur müsse verbessert, Bürgersteige breiter und freier werden.
       Sonst sei Zufußgehen nicht nur „gefährlich und unattraktiv“, sondern „die
       Wahl dieser Verkehrsteilnahmeart“ werde „systematisch verhindert“, wie in
       der Strategie steht. Das Verkehrsministerium will demzufolge den Fußverkehr
       sicherer machen, damit ihn vor allem Kinder und ältere Menschen „ohne
       externe Unterstützung bewältigen können“.
       
       ## Zufußgehen wurde gefährlicher
       
       Zuletzt stieg im Straßenverkehr die Gefahr für Menschen, die zu Fuß
       unterwegs waren. Laut dem Statistischen Bundesamt wurden im letzten Jahr
       437 Fußgänger:innen getötet – über zwölf Prozent mehr als 2022. Das
       soll nun nicht nur die neue Strategie, sondern auch [2][die frisch
       novellierte Straßenverkehrsordnung (StVO)] besser machen. Vergangenen
       Freitag segneten die Länder nach langem Ringen mit dem Bund die StVO-Reform
       ab.
       
       Städte und Gemeinden könnten jetzt mehr Platz zum Gehen, Rad- und Busfahren
       schaffen, sagte Stimpel von FUSS. Auch Zebrastreifen oder Fußgängerampeln
       können einfacher eingerichtet werden. Die sogenannte Vision Zero, also das
       Ziel, auf null Verkehrstote zu kommen, steht bisher allerdings weder
       explizit in der Verordnung noch in der Fußverkehrsstrategie.
       
       Generell fehlten in dem aktuellen Entwurf für die Strategie konkrete
       Größen, sagte Anika Meenken, Rad- und Fußverkehrssprecherin beim
       ökologischen Verkehrsclub VCD, der taz. Bis 2030 sollen, so steht es in dem
       Papier, deutlich mehr als die derzeitigen 22 Prozent aller Wege zu Fuß
       zurückgelegt werden. Meenken schlägt vor, 25 Prozent anzupeilen. „Man kann
       nur Ziele erreichen, wenn man sich Ziele setzt“, betonte die Expertin.
       
       Außerdem nenne das Bundesverkehrsministerium bisher keine genauen
       Geldbeträge, die in Fußverkehrsprojekte fließen könnten. Das Haus unter
       Minister Volker Wissing (FDP) empfiehlt den Ländern, Förderprogramme
       aufzusetzen – zum Beispiel für Projekte, die [3][Kindern einen sicheren Weg
       zur Schule] ermöglichen. „Der VCD fordert einen Bundesfördertopf“, sagte
       Meenken. Der Bund dürfe bei der Finanzierung des Fußverkehrs nicht alle
       Verantwortung auf die Landesregierungen abwälzen.
       
       ## 40 Millionen Euro für Fußverkehr in Österrreich
       
       Österreich sei ein gutes Beispiel, ergänzte Stimpel. Dort habe die
       Bundesregierung Fußverkehrsprojekte zuletzt mit 40 Millionen Euro im Jahr
       finanziert. Im deutschen Bundeshaushalt entfielen auf den gleichen Bereich
       2 Millionen.
       
       Trotzdem freut sich Meenken genau wie Verbandschef Stimpel, dass es nach
       drei Jahren nun überhaupt einen Strategieentwurf gibt. „Bisher wurde
       Fußverkehr an den Straßenrand gedrängt und nur als [4][Störfaktor für den
       Autoverkehr] wahrgenommen“, sagte die VCD-Sprecherin.
       
       Die Verbände haben noch bis zur kommenden Woche Zeit, ihre Kritikpunkte
       einzubringen. Laut einer Sprecherin des Verkehrsministeriums soll die
       nationale Fußverkehrsstrategie voraussichtlich im letzten Quartal dieses
       Jahres, zwischen Oktober und Dezember, veröffentlicht werden.
       
       10 Jul 2024
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nanja Boenisch
       
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