# taz.de -- Neue Details zu Skandal-Video von Sylt: Champagner, Rolex und Rassismus
       
       > Junge Leute grölen an Pfingsten auf Sylt rassistische Parolen. Der taz
       > liegen mehr Videos der Beteiligten vor. Sie zeigen Protz und Saufgelage.
       
 (IMG) Bild: Blick auf das Lokal „Pony“ in Kampen auf Sylt
       
       BERLIN taz | Neue Details zu dem Skandalvideo von Sylt zeichnen ein
       genaueres Bild der Partygruppe. Ihr Gesang von ausländerfeindlichen Parolen
       an Pfingsten hatte für Empörung gesorgt. Der taz liegen nun weitere
       Urlaubsvideos der Beteiligten vor. Sie zeichnen das Bild eines Milieus, das
       protzt, prahlt, feiert – und wohl meint, sich auch Rassismus leisten zu
       können.
       
       Ende letzter Woche war ein kurzes Video bekannt geworden, [1][das am
       Pfingstsonntag im Edelclub „Pony“ in Kampen auf Sylt entstanden ist. Eine
       Gruppe junger Leute singt zu Gigi D’Agostinos Song „L’Amour toujours“ die
       Sätze „Ausländer raus, Deutschland den Deutschen.“] Ein Mann hebt dabei den
       rechten Arm, wippt mit der Hand und formt mit zwei Fingern einen
       Oberlippenbart – offensichtlich ein Hitlergruß.
       
       Die Empörung darüber konnte kaum größer sein. In den Sozialen Medien geht
       es viral, [2][schnell kursieren Namen vermeintlich Beteiligter und
       gegenüber Unternehmen, bei denen diese arbeiten sollen, hagelt es
       Aufforderungen zu Kündigungen. Einige Beteiligte wurden danach entlassen],
       manche entschuldigten sich. Medien berichten bundesweit.
       
       Dass zu dem Lied „L’Amour toujours“ ausländerfeindliche Parolen gesungen
       werden, hat sich zu einem hässlichen Trend entwickelt. Die Nazi-Version
       [3][wurde am Pfingstmontag auch auf dem Schützenfest in Löningen im
       Landkreis Cloppenburg gesungen] sowie am Freitag auf der Bergkirchweih in
       Erlangen. Auch auf Sylt war über Pfingsten der rassistische Fall im Pony
       Club nicht der einzige. Im Luxus-Club „Rotes Kliff“ wurden ebenfalls die
       Parolen zu dem Song gegrölt, wie die Betreiber mitteilten.
       
       ## taz-Recherchen zeigen entgrenztes Oberschicht-Milieu
       
       Das Video aus dem Pony sorgt allerdings für besonders breite Empörung. Weil
       es verdeutlicht, dass rassistische Äußerungen kein Phänomen allein von
       saufenden Neonazis oder Dorfprolls sind – [4][und vielleicht auch, weil
       sich die sogenannte Mitte heimlich entlastet fühlt]: Hier grölen keine
       Normalverdiener, sondern Leute, die zum Klischee einer reichen Oberschicht
       passen.
       
       Recherchen der taz geben nun ein noch klareres Bild von dem Milieu und der
       Gruppe, die da unterwegs war. Es sind Unternehmensberater, Influencer,
       Werber, Manager, Wirtschaftsdozenten – aus München, Coburg, Hamburg.
       
       Die Sylt-Ausflüge scheinen Tradition zu haben. Der taz liegen zwei weitere
       Videos vor, die ihre Reisen auf die Insel dokumentieren, eines aus diesem
       Jahr, eines aus dem letzten. Beide Clips wurden direkt aus dem Netz
       entfernt, nachdem das Skandalvideo die Runde gemacht hatte. Der taz liegen
       Sicherungen vor.
       
       ## Champagner in Strömen und Rolex-Vergleich
       
       Eine Aufnahme hat die Frau, die in dem Skandalvideo in Großaufnahme zu
       sehen ist, bei Tiktok veröffentlicht. Es zeigt sie bei Reitausflügen, im
       Strandkorb vor dem Restaurant Sansibar, bei Partys auf der Terrasse des
       Pony Clubs und der Strandbar „Buhne 16“ in Kampen.
       
       Der Champagner fließt in Strömen, wird verspritzt oder sich gegenseitig in
       den Mund gegossen. Entleerte Flaschen stapeln sich eimerweise neben den
       Tischen. In mehreren Szenen wiederzuerkennen: ein Mann aus München, der
       sich bei Instagram selbst „Fashion-Influencer“ nennt, sein Kumpel sowie
       eine weitere Frau – alle drei sind auch auf dem Skandalvideo zu sehen und
       grölen mit.
       
       Der Fashion-Influencer hatte ein eigenes Sylt-Video auf Instagram
       hochgeladen, das laut einem der Mitreisenden aus 2023 stammt. In schnellen
       Schnitten rafft es den vergangenen Pfingsturlaub zusammen: Sie schieben bei
       der Anreise mit dem Flugzeug die Metallkoffer übers Rollfeld, vergleichen
       ihre Rolex-Uhren, kaufen Dosenpaletten im Supermarkt. Auch in diesem Video
       werden zahllose Champagnerflaschen geköpft – mit den Zähnen, mit dem
       Smartphone, mit der Kreditkarte.
       
       Bei strahlend blauem Himmel sehen wir Drohnenaufnahmen vom Reetdachhaus und
       Fahrten im Cabrio. Sie tanzen auf einem Schiff, eng an eng in einem
       Wohnzimmer, auf der Terrasse des „Pony Clubs“. Fast immer mit dabei: eine
       kleine Bayern-Fahne, die die Gruppe mit an den Strand trägt oder in der Bar
       auf ihren Tisch stellt.
       
       Damals ebenfalls Teil der Reisegruppe: ein Lokalpolitiker der CSU, der auch
       für den Landtag kandidierte. Auf Anfrage der taz distanzierte er sich von
       den Parolen, die er „aus tiefster Überzeugung“ ablehne, und erklärte, noch
       nie in seinem Leben im Pony Club oder in Kampen gewesen zu sein.
       
       ## Hochschul-Dozent feiert mit und schreitet nicht ein
       
       Nach taz-Informationen gehörte zu der Reisegruppe auch ein Mann, der
       Manager bei Vodafone Deutschland und Dozent an der Hochschule Coburg war.
       Er ist auch in dem aktuellen Skandalvideo in einem Kapuzenpullover einer
       Luxusmarke zu sehen, Neupreis: über 1.000 Euro. Er äußerte sich nicht auf
       Anfrage der taz.
       
       Einen seiner ehemaligen Studenten, mit dem die taz sprechen konnte,
       überrascht es nicht, dass er auf Sylt dabei war. Der Mann sei mit
       Studierenden bereits öfter zu Nobel-Orten gereist, nach Ischgl oder ins P1
       nach München. Als Dozent habe er immer cool rüberkommen wollen.
       Rassistische Sprüche habe er von ihm nie vernommen, er habe sich gar nicht
       politisch geäußert.
       
       Als an Pfingsten 2024 die rassistischen Parolen gerufen werden, sieht man
       auf dem Video, wie er daneben steht und zur Musik wippt. Er singt nicht
       mit, schreitet aber auch nicht ein. Die Hochschule Coburg erklärte auf
       Instagram, der Sachverhalt werde untersucht und entsprechende Konsequenzen
       gezogen. Vodafone Deutschland schrieb in dem Netzwerk, die genannten
       Vorfälle würden intern vollumfänglich geprüft.
       
       Dass es nicht immer bei Gesängen bleibt, belegt ein weiterer Vorfall von
       Sylt an Pfingsten nach dem Besuch der Bar „Sturmhaube“ mit anderen
       Beteiligten. [5][Eine schwarze Frau beschreibt bei Instagram, wie sie erst
       rassistisch beleidigt und dann ins Gesicht geschlagen wurde.]
       Handyaufnahmen zeigen, wie ein Mann im Sommerhemd sie angreift. Sie habe
       Anzeige erstattet, bislang aber noch „gegen unbekannt“.
       
       Hinweis und Ergänzung: Nach der Veröffentlichung erklärte ein Sprecher der
       Hochschule Coburg, die besagte Person habe bereits vor den Vorfällen schon
       nicht mehr dem Lehrapparat der Hochschule Coburg angehört. Wir haben zudem
       an einer Stelle fälschlicherweise von Uni Coburg geschrieben, wo die
       Hochschule gemeint war. Wir haben das korrigiert.
       
       26 May 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Rechtsextreme-Gesaenge-auf-Sylt/!6012559
 (DIR) [2] /Rechte-Reiche-im-rassistischen-Video/!6012658
 (DIR) [3] https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/oldenburg_ostfriesland/Loeningen-Ermittlungen-nach-rassistischen-Gesaengen-auf-Schuetzenfest,loeningen246.html
 (DIR) [4] /Deutsches-Entsetzen-ueber-Sylt-Video/!6012715
 (DIR) [5] https://www.instagram.com/reel/C7ZJADyopSp/?igsh=MWE5ZXlyOTAxbzZodg==
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jean-Philipp Baeck
 (DIR) Anne Fromm
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
 (DIR) Sylt
 (DIR) Schwerpunkt Antifa
 (DIR) Reiche
 (DIR) Hitlergruß
 (DIR) GNS
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
 (DIR) Sylt
 (DIR) Sylt
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Rassistischer Vorfall in Mecklenburg: Kinder auf Dorffest angegriffen
       
       Jugendliche sollen zwei ghanaische Mädchen in Grevesmühlen attackiert
       haben. Eine Achtjährige und ihr Vater wurden verletzt, die Behörden
       ermitteln.
       
 (DIR) Rechtsextremismus in Unternehmen: Viele Fälle bleiben folgenlos
       
       Firmen reagieren auf ein Drittel der rassistischen Anfeindungen am
       Arbeitsplatz. Die Organisation Gesicht Zeigen fordert stärkere
       Aufmerksamkeit.
       
 (DIR) Rechtliche Konsequenzen von Sylt-Video: Auch Rassist:innen geschützt
       
       „Ausländer Raus“-Rufe allein sind nicht strafbar, es braucht weitere
       Begleitumstände. Arbeitsrechtliche Konsequenzen gibt es nur für
       Beamt:innen.
       
 (DIR) Konsequenzen für die rechte Sylt-Feier: Job weg, Ruf ruiniert: berechtigt?
       
       Weil sie beim Feiern rassistische Texte grölten, haben Beteiligte Jobs
       verloren, ihre Fotos wurden veröffentlicht. Gerechtfertigt?
       
 (DIR) Ohrwurm-Antifa nach Sylt: Tanz den Nazi raus
       
       Die Gesänge der Sylt-Schnösel nerven, weil sie im Ohr bleiben. Zum Glück
       finden sich mittlerweile akustische Gegenmittel im Netz.
       
 (DIR) Rassistische Ausfälle auf Sylt: Überall – nur nicht „bei uns“
       
       Wenn selbst Julian Reichelt sich über die Rassist:innen von Sylt empört,
       zeigt das vor allem, wie externalisiert der eigene Rassismus ist.
       
 (DIR) Deutsches Entsetzen über Sylt-Video: Das Versagen liegt in der Mitte
       
       Die Deutschen sind wieder gut geworden? Die AfD im Bundestag,
       anti-israelische Studierende oder eine rassistische Party auf Sylt stellen
       das infrage.
       
 (DIR) Schützenfest bei Vechta: Ermittlungen wegen rassistischer Gesänge
       
       Auch bei einem Schützenfest in der Nähe von Vechta grölen junge Menschen
       rassistische Parolen zu einem bekannten Song. Der Staatsschutz ermittelt.
       
 (DIR) Rechte Reiche im rassistischen Video: Kündigung nach Hitlergruß auf Sylt
       
       Partygäste filmen sich auf Sylt mit ausländerfeindlichen Parolen. Zwei der
       mutmaßlichen Sänger:innen verlieren nun ihre Jobs. Die Polizei
       ermittelt.
       
 (DIR) Rechtsextreme Gesänge auf Sylt: Rassismus als Partykracher
       
       Vor einem Promiclub auf Sylt werden ausländerfeindliche Parolen zu
       Discomusik gesungen. Seit Monaten geht diese Version in rechtsextremen
       Kreisen viral.