# taz.de -- Neue Homeoffice-Regelung bei Siemens: Die neue Fifty-fifty-Woche
       
       > Nach der Coronapandemie will Siemens die Beschäftigten die Hälfte der
       > Woche im Homeoffice arbeiten lassen. Andere Unternehmen könnten folgen.
       
 (IMG) Bild: Die halbe Woche von Zuhause arbeiten: Bei Siemens soll das auch nach der Pandemie möglich sein
       
       BERLIN taz | Die Tendenz bei Siemens ist klar: Das mobile Arbeiten soll
       „dauerhaft als Standard“ etabliert werden. „Das Ziel ist, dass alle
       Beschäftigten im Schnitt stets zwei bis drei Tage pro Woche mobil arbeiten
       können, wenn es sinnvoll und machbar ist“, sagt eine Sprecherin des
       Konzerns der taz. Festgeschrieben ist das in der [1][neuen
       Gesamtbetriebsvereinbarung für den Konzern]. Unter dem Titel „MobileWorking
       im NewNormal“ gibt das Papier die Rahmenbedingungen vor, die für die
       örtlichen Betriebsvereinbarungen gelten sollen, die in der Zeit nach der
       Pandemie kommen werden.
       
       „Die Mitarbeiter haben keinen Anspruch auf bestimmte Wochentage im
       Homeoffice. Man kann die Beschäftigten aber auch nicht zwingen, an
       bestimmten Tagen ins Homeoffice zu gehen “, sagt Hagen Reimer,
       Unternehmensbeauftragter für den Siemens-Konzern bei der IG Metall, zur
       neuen Rahmenvereinbarung. Den Beschäftigten steht weiterhin ein
       Arbeitsplatz im Betrieb zu, „es gibt aber keinen Anspruch auf ganz
       bestimmte Tische“, so der Gewerkschafter zur taz.
       
       Grundsätzlich soll die Arbeit im Homeoffice „nicht mehr als die Hälfte der
       Arbeitszeit des Mitarbeiters“ betragen, heißt es in einer Zusammenfassung
       der Gesamtbetriebsvereinbarung. “MobilWorking“ dürfe „nicht zu einer
       tatsächlichen Verlängerung oder Verkürzung der individuellen Arbeitszeit
       führen“, „Zeiten ohne Erreichbarkeit bleiben bestehen“, heißt es weiter in
       dem Papier.
       
       Weltweit übt etwa ein Drittel der Siemens-MitarbeiterInnen Tätigkeiten aus,
       die sich auch im Homeoffice ausführen lassen. Die Vorstellung, dass der
       Siemens-Konzern mit der Verlagerung der Büro-Arbeitsplätze in die
       Heimarbeit Büroflächen sparen will, wird dabei von der Unternehmensseite
       zurückgewiesen. „Es geht nicht darum, Büroflächen zu reduzieren“, betont
       die Sprecherin.
       
       ## Wer einen Balkon hat, findet das Homeoffice besonders gut
       
       So wie bei Siemens könnte das „hybride Arbeiten“, also die tageweise
       Mischung aus Tätigkeit im Betrieb und zuhause oder in anderen
       Workingspaces, nach der Pandemie zum Standard werden in Unternehmen, in
       denen die Beschäftigten jetzt schon coronabedingt zuhause arbeiten. Nur
       dass sie dann nach Corona nicht mehr jeden Tag im Homeoffice wären, sondern
       je nach Wunsch nur zwei, drei Tage in der Woche.
       
       Viele Beschäftigten dürften dem Angebot des „hybriden Arbeitens“ offen
       gegenüber stehen. ForscherInnen der gewerkschaftsnahen
       Hans-Böckler-Stiftung stellten in einer [2][Umfrage] fest, dass etwa die
       Hälfte derjenigen, die derzeit viel oder ganz im Homeoffice arbeiten, dies
       auch gerne nach der Coronakrise beibehalten wollen.
       
       Homeoffice bleibt dabei [3][das Privileg einer Minderheit]: Gut 60 Prozent
       der während der Pandemie befragten ArbeitnehmerInnen in der WSI-Studie
       waren nicht im Homeoffice, weil es ihre Tätigkeit im Handel, in der Pflege,
       in der Landwirtschaft, der Produktion oder auf dem Bau gar nicht erlaubte.
       40 Prozent der Homeoffice-ArbeitnehmerInnen sind AkademikerInnen, ein
       überproportionaler Anteil also. Wer eine größere Wohnung hat, vielleicht
       mit Balkon oder Garten, ist dabei noch etwas mehr daran interessiert, im
       Homeoffice weiter zu arbeiten, als Menschen in Ein- bis
       Zweizimmerwohnungen, ergab die WSI-Studie.
       
       Bei Beschäftigten mit Kindern stellte sich durch die Umfrage heraus, dass
       sie einerseits die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch das
       Homeoffice schätzten, andererseits aber auch mehr als andere unter der
       „Entgrenzung“ von Arbeitszeit und Freizeit litten. 41 Prozent dieser
       Doppelbelasteten empfanden die Arbeit von zuhause als anstrengender als im
       Büro.
       
       ## Gemischte Arbeitsmodelle als Dauerzustand?
       
       Wie könnten die Arbeitsbedingungen für das Post-Corona-Homeoffice aussehen?
       Arbeitszeit und Erreichbarkeit sind ein großes Thema in bisherigen
       Betriebsvereinbarungen zur mobilen Arbeit, stellten die ForscherInnen fest.
       „In den meisten Vereinbarungen wird die Erreichbarkeit nach der geleisteten
       Arbeitszeit pauschal ausgeschlossen“, heißt es im WSI-Report. Einige
       Vereinbarungen sehen Differenzierungen vor: Eltern werde bei der
       Arbeitszeit teilweise „in der Regulierung eine größere Flexibilität
       eingeräumt“, stellten die ForscherInnen fest.
       
       Klare Leistungsvorgaben seien wichtig für die Beschäftigten im Homeoffice,
       so der WSI-Report. Die Eigenverantwortung der MitarbeiterInnen steigt bei
       der Arbeit zuhause. In einer Betriebsvereinbarung im öffentlichen Dienst
       wird den MitarbeiterInnen eine Schulung zugesichert, in der sie
       „Kompetenzen wie Selbst- und Zeitmanagement“ für das Homeoffice erwerben
       könnten, so der Report.
       
       Homeoffice müsse aber immer freiwillig sein, stellten die ForscherInnen
       fest. „Um von den Vorteilen des Homeoffice wie die bessere Vereinbarkeit
       von Familie und Beruf oder kürzere Pendelzeiten zu profitieren und
       zeitgleich die Nachteile wie soziale Isolation zu minimieren, sollten beide
       Arbeitsstätten (Homeoffice und Betrieb) kombiniert werden“, heißt es in dem
       Report.
       
       Die Frage ist, ob sich die Unternehmen, die derzeit im Corona-Krisenmodus
       Homeoffice anbieten, nach der Pandemie darauf einlassen, dass ein Teil der
       Beschäftigen auch weiter im Büro und ein anderer Teil von zuhause aus
       arbeitet, vielleicht tageweise immer neu gemischt. Einen Rechtsanspruch auf
       Homeoffice jedenfalls gibt es nicht.
       
       27 Apr 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.dialog-igmetall.de/nachrichten/podcast-reihe-zu-mobiler-arbeit
 (DIR) [2] https://www.boeckler.de/pdf/p_wsi_report_65_2021.pdf
 (DIR) [3] /Folgen-von-Corona-fuer-die-Arbeitswelt/!5760095
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Barbara Dribbusch
       
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