# taz.de -- Neue Präsidentin des EU-Parlaments: Jung und erzkonservativ
       
       > Roberta Metsola, 43-jährige Malteser Christdemokratin, tritt die
       > Nachfolge ihres verstorbenen Vorgängers an. Linke und Grüne verweigerten
       > ihr die Stimme.
       
 (IMG) Bild: Sie ist die neue EU-Parlamentspräsidentin: Roberta Metsola
       
       BRÜSSEL taz | Die einen nennen sie schlicht Roberta, wie eine gute alte
       Freundin. Die anderen fremdeln sogar noch mit ihrem Nachnamen. „Roberta …
       who?“, hieß es bis vor Kurzem auch auf den Fluren des Europaparlaments in
       Straßburg. Denn ein Star war Roberta Metsola, die neue Präsidentin der
       EU-Vertretung, nicht. Obwohl sie seit 2020 schon den Titel der
       Vizepräsidentin trug, konnte sie sich nie aus dem Schatten ihres
       Amtsvorgängers, [1][David Sassoli], lösen.
       
       Als sie schließlich von Manfred Weber, dem deutschen Chef der konservativen
       EVP-Fraktion, aufs Tapet gehoben wurde, rieben sich viele verwundert die
       Augen. Warum Metsola, die erzkonservative Abtreibungsgegnerin?
       
       Weil sie jung ist – am Dienstag feierte sie ihren 43. Geburtstag – und eine
       Frau, lautet die Antwort. CSU-Mann Weber will die promovierte Juristin zum
       Aushängeschild für ein modernes, gleichberechtigtes Parlament
       machen.Tatsächlich ist Metsola die bisher jüngste Politikerin an der Spitze
       der Straßburger Kammer – und erst die dritte Frau nach Simone Veil und
       Nicole Fontaine. Mit ihren beiden Vorgängerinnen hat sie allerdings wenig
       gemein.
       
       Während Veil für Emanzipation stand, pflegt Metsola ein traditionelles
       Frauenbild als treu sorgende Mutter von vier Kindern an der Seite ihres
       Mannes Ukko Metsola, der als Lobbyist für die Kreuzfahrtindustrie arbeitet.
       
       ## Metsola ist rigorose Abtreibungsgegnerin
       
       Als praktizierende Katholikin und Mitglied des Partit Nazzjonalista
       vertritt sie die rigorose Antiabtreibungspolitik ihrer Heimat Malta. Sogar
       in Straßburg hat sie gegen das Recht auf Schwangerschaftsabbruch gestimmt.
       Bei anderen wichtigen Fragen hat sie sich enthalten – selbst zu
       Menschenrechten in Russland hatte sie keine Meinung. Zum Image der
       engagierten Europäerin will das nicht recht passen.
       
       Linke und Grüne haben ihr bei der Wahl am Dienstag denn auch die Stimme
       verweigert. Doch dank eines Bündnisses aus EVP, Liberalen und
       Sozialdemokraten konnte sich Metsola mit 458 von 616 abgegebenen Stimmen
       schon im ersten Wahlgang durchsetzen. Damit hatte niemand gerechnet.
       
       „Sie wird uns auch weiter positiv überraschen“, meint ihr Mentor Weber.
       Nach dem Wahlerfolg müsse sich Metsola nun auch für die Frauenrechte
       engagieren, fordert die FDP-Politikerin Nicola Beer. Immerhin hat die neue
       EU-Chefin zugesagt, bei heiklen Themen wie der Abtreibung nicht ihre
       persönliche Meinung, sondern die Ansicht der Parlamentsmehrheit zu
       vertreten. Dies sei Teil des Wahldeals, heißt es in Straßburg.
       
       Der andere Teil ist ein Zehnpunkteprogramm, das Metsola nun im Namen der
       drei großen proeuropäischen Fraktionen vertreten soll. Viel „Beinfreiheit“,
       das wird bei der Lektüre der Leitlinien klar, wird Metsola nicht haben.
       
       Als Problem könnte sich auch die brenzlige Lage in ihrer Heimat Malta
       erweisen. Die [2][Ermordung der Journalistin Daphne Galizia] hat einen
       Abgrund von Gewalt und Korruption offenbart. Sie werde eng mit der
       maltesischen Regierung zusammenarbeiten, um den Rechtsstaat zu sichern,
       sagte Metsola nach ihrer Wahl.
       
       18 Jan 2022
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) Eric Bonse
       
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