# taz.de -- Niederländischer Trainer: Ronald Koeman sorgt für Erdung
       
       > Der Oranje-Coach hat schon mit Impuls-Aktionen von sich reden gemacht.
       > Aktuell führt er sein Team aber mit ruhigem Pragmatismus. Das strahlt
       > aus.
       
 (IMG) Bild: Koemann schreit
       
       Eigentlich könnten die niederländischen Total-Voetbal-Fundamentalisten
       zahlreiche Ansatzpunkte finden, Trainer Ronald Koeman zu kritisieren,
       dessen Mannschaft bislang stabil, etwas bieder, aber auf keinen Fall
       kunstvoll-spektakulär spielt: Der Angriff lahmt, nur mit starker
       Verteidigungsarbeit [1][gewinnt das Team 2:1 gegen Polen, erkämpft ein 0:0
       gegen Frankreich]. „Fußballerisch haben wir unser Niveau nicht erreicht“,
       räumt Koeman ein, aber: „Defensiv war es gut.“
       
       Dem 61-Jährigen scheint das Kunststück zu gelingen, seine Landsleute
       irgendwie zu erden. Dabei hilft, dass die Qualifikation fürs Achtelfinale
       schon [2][vor dem abschließenden Gruppenspiel gegen Österreich] so gut wie
       sicher ist. Aber die Ruhe hat auch mit Koeman selbst zu tun, der in diesem
       Turnier eine Souveränität ausstrahlt, die er nicht immer hatte. Er will
       dieses Turnier mitgestalten, das ihn im Erfolgsfall emporheben kann auf den
       holländischen Fußballthron neben Johan Cruyff.
       
       Koeman mag nicht zu den meistverehrten Stars des niederländischen Fußballs
       zählen, aber an vielen großen Erfolgen ist er direkt beteiligt – nicht als
       Künstler oder gar Ideologe, sondern als Pragmatiker. Als Spieler, als er
       als Abwehrchef mit der Nederlands Elftal deren bislang einzigen großen
       Titel gewinnt, die EM 1988. Und jetzt als Coach: Weil ihn die
       [3][unspektakuläre Spielweise der Franzosen] überzeugt hat, spielt seine
       Mannschaft bei dieser EM kontrolliert.
       
       Dass die Niederlande trotzdem Schlagzeilen produzieren, hat damit zu tun,
       dass immer wieder dieses ikonische Bild vom Halbfinale 1988 hervorgekramt
       wird, als Koeman sich das Trikot des deutschen Spielers Olaf Thon
       ertauscht. Es war die Hochphase der deutsch-niederländischen Rivalität,
       noch von Weltkriegserinnerungen geprägt, mit gewalttätigen
       Auseinandersetzungen im Umfeld der Spiele. Koeman imitiert mit Thons Trikot
       den Vorgang des Hintern-Abwischens, ein kleiner Skandal.
       
       ## Diplomat? Nein, aber Respektsperson
       
       Später bedauert er das: „Es war eine impulsive Reaktion, eine dumme Aktion,
       die mich mein Leben lang begleiten wird.“ Ein Diplomat ist er auch danach
       nicht. Als 2021 seine Zeit als Trainer beim FC Barcelona zu Ende geht,
       verliest er ein Statement, in dem er seinen Klub und dessen Präsidenten
       kritisiert, steht auf und geht. Ohne eine Frage zu beantworten.
       
       Wer Koeman jetzt in diesem EM-Turnier sieht, hat jedoch den Eindruck, dass
       hier ein sehr gelassener Mann seiner Arbeit nachgeht. Er wisse schon, „dass
       die Kritiker wiederkommen“, wenn die Elftal nicht Europameister wird, sagt
       er der Welt. Aber auch das würde sein Vermächtnis „in den Niederlanden
       nicht zerstören“. So viel innere Ruhe ist nicht die schlechteste
       Voraussetzung für ein erfolgreiches Turnier.
       
       25 Jun 2024
       
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