# taz.de -- Pro-Putin-Demonstrationen in Belgrad: Das Herz schlägt für Russland
       
       > In Serbien wird offen mit Putin sympathisiert, zuletzt auf einer Demo in
       > Belgrad. Die Nato beobachtet die pro-russischen Sentiments auf dem
       > Balkan.
       
 (IMG) Bild: Belgrad am Freitag, den 4. März: Demonstranten halten Russland-Flaggen hoch
       
       SARAJEVO taz | In Belgrad fand am Freitagabend eine Pro-Putin Demonstration
       statt, die Demonstranten hielten Putin-Bilder und russische Fahnen hoch.
       Viele skandierten Nato-feindliche Parolen. „Die Ukraine wird derzeit von
       Neonazis befreit“, äußerten Demonstranten gegenüber der Nachrichtenagentur
       AFP. „Die Russen – unsere Brüder – befreien das Land und hoffentlich die
       Welt.“
       
       In Serbien zeigt man offen Sympathien für Putin, nicht nur auf dieser
       Demonstration. Schon in den vergangenen Monaten zeichnete sich in Politik
       und in den Medien diese Grundstimmung ab. „Der Verstand spreche zwar für
       die Mitgliedschaft in der EU, doch unser Herz schlägt für Russland“, hatte
       Staatschef Alexandar Vućić immer wieder erklärt. Das Land hat sich deshalb
       zum Ukrainekonflikt bisher nicht klar positioniert.
       
       Bei der UNO-Generalversammlung am 2. März stimmte Serbien zwar für die
       Verurteilung der russischen Invasion, lehnte aber gleichzeitig Sanktionen
       gegen Moskau ab.
       
       [1][Serbiens Position begründet sich im Kosovokrieg.] Das Land sieht die
       Intervention der Nato in diesen Konflikt im Jahr 1999 als Verletzung des
       Völkerrechts an und hat diese Haltung zur Grundlage der eigenen
       Außenpolitik erklärt. Einerseits muss es deshalb Russlands Angriff auf die
       Ukraine formell verurteilen – sonst würde diese Staatsdoktrin völlig
       unglaubwürdig werden. Andererseits hält man zu Putin in gemeinsamer
       Gegnerschaft zur Nato. Vućić, der sonst wie sein russischer Amtskollege
       gegen jeglichen Protest vorgeht, dürfte also höchstpersönlich die
       Pro-Putin-Demo erlaubt haben.
       
       ## Serbien und Russland sehen sich als Verbündete
       
       Diese Doppelstrategie ist offenbar koordiniert, sonst hätte Moskau harsch
       reagieren müssen. Doch nicht einmal eine Rüge war zu hören. [2][Die beiden
       Staaten haben ihre Zusammenarbeit kontinuierlich ausgebaut.] Für Moskau ist
       Serbien ein wichtiger Verbündeter auf dem Balkan.
       
       Russische Militärs betreiben einen Stützpunkt in der südserbischen Stadt
       Niš. Westliche Quellen vermuten, dass serbische Truppen von russischen
       Militärs an modernen Waffensystemen ausgebildet werden. Außerdem führt
       Serbien nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine auch mit Reservisten
       Trainingseinheiten durch. Dieser Umstand wird in sowohl von den westlichen
       Militärs in Kosovo als auch in Bosnien und Herzegowina mit Sorge
       beobachtet.
       
       [3][Milorad Dodik] ergreift offen Partei für Putin. Der führende Politiker
       der bosnischen Serben, der die serbische Teilrepublik, die Republika
       Srpska, aus dem Staat Bosnien und Herzegowina loslösen möchte, bezeichnete
       die Sanktionen gegen Russland als „Verbrechen“. In den letzten Monaten traf
       er sich mehrmals mit Putin.
       
       Dodik hat fast alle Verbindungen zum gemeinsamen Staat Bosnien und
       Herzegowina abgebrochen und eine eigene Armee aufgebaut. Er will eine
       Vereinigung der serbischen Teilrepublik mit Serbien durchsetzen. Dafür
       erhält er vor dem Weltsicherheitsrat der UNO Rückendeckung von der
       Vetomacht Russland. Die will im November gegen die Verlängerung des Mandats
       der internationalen Eufor-Truppen in Bosnien und Herzegowina stimmen und
       damit praktisch grünes Licht für Dodik geben.
       
       Bislang hat der Westen den Vorhaben der serbischen und kroatischen
       Nationalisten, die den Staat Bosnien und Herzegowina aufzuspalten wollen,
       wenig Beachtung geschenkt. Nun gab Nato-Generalsekretär Stoltenberg
       bekannt, dass das Militärbündnis das Problem angehen wird. Die Nato hat
       seit 1995 das UN-Mandat, um Truppen nach Bosnien und Herzegowina zu
       schicken. Die Eufor-Truppen wurden um 500 Einsatzkräfte verstärkt. Und seit
       dem 5. März wird das Land aus der Luft überwacht.
       
       5 Mar 2022
       
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