# taz.de -- RBB-Serie „Warten auf'n Bus“: Die Unterhaltestelle
       
       > Der RBB präsentiert seine eigene Mundartserie. Nicht ihr entschiedener
       > Minimalismus ist das Problem, sondern eher die reingepresste Philosophie.
       
 (IMG) Bild: Busfahrerin Kathrin (Jördis Triebel) mit den Nazis
       
       Es gibt Länder, wo was los ist. Es gibt Länder, wo richtig was los ist, und
       es gibt: Brandenburg. Und es ist beinahe so, als hätten sie Rainald Grebes
       Songtext als Blaupause genommen für das neue Prestige-Serienprodukt aus dem
       Hause RBB. Bis hin zu den drei Nazis, nur dass die, so menschenverlassen
       das Land auch ist, eben doch jemanden finden zum Verprügeln, nämlich (in
       Folge drei) die beiden Serien-, nun ja: Helden.
       
       Die zwei von der Bushaltestelle, die natürlich eine Endhaltestelle ist. Und
       was heißt schon „Prestigeprodukt“ in einem Land, in dem zwar immer noch
       nicht alles Chanel ist, es den Schlecker aber auch nicht mehr gibt – dafür
       aber den [1][Tesla, bald, vielleicht]. Und in dem auf jeden Weggegangenen
       zwei abgehalfterte Berliner Kulturpromis kommen, mindestens, die sich
       seinen Hof unter den Nagel reißen wollen. Letztere Praxis hat übrigens der
       RBB selbst befördert mit der Sendung „Bauer sucht Kultur“.
       
       Die zwei von der Bushaltestelle sind Hannes und sein bester, einziger
       Freund Ralle. Gespielt werden sie von den gebürtigen Ostberlinern Ronald
       Zehrfeld („Im Angesicht des Verbrechens“) und Felix Kramer („Dogs of
       Berlin“) – deren Berlinern ein anderes ist als einst das von Brigitte Mira
       und Harald Juhnke.
       
       Für Dialektsicherheit scheint also gesorgt, was wichtig ist, schließlich
       kommt die Serie unüberhörbar als Mundartserie daher. Der BR hat „Dahoam is
       Dahoam“, der WDR „Die Anrheiner“ – sogar der SR hat „Unter Tannen“. Der RBB
       jetzt also „Warten auf’n Bus“ (Regie: Dirk Kummer). Der Bus kommt natürlich
       entweder gar nicht oder erst ganz am Ende einer Folge. Dass 30 Minuten ganz
       schön lang sein können, muss nicht gleich ein negatives Werturteil sein.
       Schließlich gehört das Zeittotschlagen zum minimalistischen Konzept, das
       wiederum zum klammen RBB passt.
       
       ## Jenseits realer Brandenburger Bushaltestellen
       
       Man könnte sich die Bushaltestelle auch gut auf einer Bühne vorstellen, nur
       ohne das Feld dahinter. Die Bühne wäre keine Kabarett-, sondern eine
       richtige Theaterbühne. „Warten auf Godot“ meets [2][„Dittsche“] –
       wahrscheinlich hat es der (Theater-)Autor Oliver Bukowski genauso in sein
       Exposé geschrieben. Denn was Hannes und Ralle da so dialektal wie
       dialektisch verhandeln, während sie auf den Bus warten, für dessen Fahrerin
       (die gebürtige Ostberlinerin Jördis Triebel) sie beide schwärmen, hat, so
       viel ist klar – und auch das muss noch kein negatives Urteil sein –, rein
       gar nichts mit dem zu tun, was an realen Brandenburger Bushaltestellen so
       besprochen werden könnte.
       
       Wohl aber mit dem, wie sich das der Kulturbetriebler so imaginiert, um es
       dann als „Dialoge direkt aus der brandenburgischen Seele“ zu verkaufen. Mit
       viel philosophischem Unterbau, zum Beispiel wenn Ralle seinem Hund Maik
       einen Taschenspiegel vor die Schnauze hält.
       
       Ralle: „Dit hier is fürt erste so’n Test. Ob er überhaupt sowatt wie’n
       Selbstbewusstsein hat.“
       
       Hannes: „Und?“
       
       Ralle: „Hat er nich.“
       
       Hannes: „Ha ick o nich.“
       
       Ralle: „Na, Mann, nich soo’n Selbstbewusstsein.“
       
       Und dann kommt also diese dritte Folge, die mit den Nazis, in der Hannes
       und Ralle Nazi-Sprüche von ihrer Bushaltestelle schrubben und übermalen.
       Hannes hat Angst, dass Ralle auch noch anfängt, „Scheißdreck“ zu erzählen:
       „Ja, Scheißdreck. So braunet Zeug, watte irjendwo uffjeschnappt hast.“
       
       Um gleich im Sprech der Serie zu bleiben: Da scheint dem RBB dann plötzlich
       der Programmauftrag aus dem Arsch. Nur dass die Pegidisten und AfD-Wähler,
       für deren Resozialisierung diese Didaktik auf „Löwenzahn“-Niveau offenbar
       gedacht ist, da schon längst abgeschaltet haben dürften. Und das soll ein
       negatives Werturteil sein.
       
       15 Apr 2020
       
       ## LINKS
       
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