# taz.de -- Racial Profiling bei der Polizei: Tausende fordern Studie
       
       > Seehofer hatte die Untersuchung zu rassistischen Kontrollen abgesagt. Nun
       > fordern sie mehr als 67.000 Menschen in einer Petition zurück.
       
 (IMG) Bild: Bei der Demo ging es um „Stop Racial Profiling“ – jetzt fordern 67.000 Menschen eine Studie dazu
       
       BERLIN taz | Erst kündigte die Regierung sie an, dann sagte sie sie ab. Nun
       fordern Zehntausende sie ein: eine Studie zu Racial Profiling in
       Deutschland. Eine noch bis Donnerstag laufende [1][Onlinepetition an den
       Deutschen Bundestag] hat am Wochenende das Quorum von 50.000 Unterschriften
       geknackt und inzwischen sogar weit überschritten; bei Redaktionsschluss
       hatten 67.518 Menschen unterzeichnet. Damit wird das Anliegen wohl
       öffentlich im Petitionsausschuss des Bundestags beraten werden.
       
       Die Petition fordert die „Durchführung einer Studie zum ‚Racial Profiling‘
       bei den Polizeibehörden des Bundes und der Bundesländer“. Durch die
       Black-Lives-Matter-Bewegung sei in Deutschland eine Debatte über das Thema
       entfacht worden. „Eine aufschlussreiche Studie ermöglicht eine auf Fakten,
       nicht Meinungen basierte Grundlage, um festzustellen, ob Handlungsbedarf
       besteht.“
       
       Racial Profiling bedeutet, dass Menschen ohne konkreten Anlass nur aufgrund
       äußerer Merkmale von der Polizei kontrolliert werden – etwa wegen ihrer
       Hautfarbe. Zuletzt sorgte etwa der [2][Fall eines Hamburger Altenpflegers]
       für Empörung, der von der Polizei von seinem Fahrrad gerissen, auf dem
       Boden fixiert und kontrolliert wurde, als er Hausbesuche machte – die
       Zivilfahnder hielten ihn für einen Drogendealer.
       
       Racial Profiling ist in Deutschland verboten. Im Frühjahr hatte jedoch die
       Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) Indizien dafür
       festgestellt, dass die Praxis hierzulande dennoch „ausgeprägt“ sei, und die
       [3][Durchführung einer Studie zum Thema empfohlen]. Denn empirische
       Untersuchungen fehlen bislang.
       
       ## „Mit oder ohne den Bund“
       
       Mitten in der Debatte über den Tod des Afroamerikaners George Floyd hieß es
       dann im Juni, das Bundesinnenministerium plane mit dem
       Bundesjustizministerium die [4][Durchführung einer solchen Studie]. Wenige
       Wochen später erklärte das Ministerium von Bundesinnenminister Seehofer
       (CSU), dieser sehe für eine solche Studie keinen Bedarf – schließlich sei
       die Praxis ja verboten. Dabei hatten sich selbst Polizeigewerkschaften
       offen für eine solche Studie gezeigt.
       
       Einige Bundesländer erwägen nun Alleingänge. Er wolle die Studie anpacken,
       „mit oder ohne den Bund“, hatte [5][Niedersachsens Innenminister Boris
       Pistorius (SPD) erklärt], von dem diese Initiative ausging. Die in Berlin
       mitregierenden Grünen nannten eine solche Studie [6][„überfällig und
       dringend geboten“].
       
       Auch die SPD-Bundestagsfraktion mache sich für eine solche Studie stark –
       „schon vor dieser Petition“, sagte der Innenpolitiker Lars Castellucci. Es
       nutze auch der Polizei, „wenn wir die Diskussion auf Basis von Fakten und
       nicht auf der Basis von Unterstellungen führen. Herr Seehofer erweist den
       Polizistinnen und Polizisten einen Bärendienst, wenn er sich weiterhin
       gegen eine solche Studie wehrt.“
       
       ## „Völlig unverständlich“
       
       „Wenn die Polizei ein Spiegelbild der Gesellschaft ist, dann gibt es auch
       in der Polizei rassistisches Fehlverhalten, auch wenn es verboten ist“,
       sagte auch die Migrationspolitikerin Filiz Polat (Grüne). Die Absage der
       Studie durch Seehofer sei „bis heute völlig unverständlich“. Um dem Racial
       Profiling gezielt entgegenwirken zu können, brauche es „dringend eine
       umfassende Datengrundlage“.
       
       Das [7][Petitionsrecht ist in Deutschland im Grundgesetz] verankert.
       Grundsätzlich wird jedes eingereichte Anliegen vom Petitionsausschuss des
       Bundestags geprüft. Wird das Quorum von 50.000 Unterschriften innerhalb von
       vier Wochen erreicht, geschieht dies in der Regel in einer öffentlichen
       Sitzung. Der oder die Petent*in hat dann persönlich die Möglichkeit, dem
       Anliegen vor den Abgeordneten noch einmal Nachdruck zu verleihen.
       
       17 Aug 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2020/_07/_06/Petition_113349.$$$.a.u.html
 (DIR) [2] /Polizeigewalt-in-Hamburg/!5691337
 (DIR) [3] /Expertin-ueber-Racial-Profiling/!5698568
 (DIR) [4] /Forschung-zu-Rassismus-in-Polizei/!5687952
 (DIR) [5] /Studie-zu-Racial-Profiling/!5695298
 (DIR) [6] /Untersuchung-zu-Rassismus/!5695615
 (DIR) [7] https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_17.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dinah Riese
       
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