# taz.de -- Reform der Briefzustellung: Die Post wirft Klassenfragen auf
       
       > Mit einer langsamen und einer schnellen Briefzustellung will die Deutsche
       > Post zuverlässiger werden. Derweil stimmt Verdi über den Arbeitskampf ab.
       
 (IMG) Bild: Kund:innen sollen wählen können, wie schnell Briefträger:innen die Post ans Ziel bringen
       
       BERLIN taz | Unzuverlässig zugestellte Briefe, Rekordzahlen der
       Beschwerden, historisch hohe Konzerngewinne, gescheiterte
       Tarifverhandlungen: Die Schlagzeilen über die Deutsche Post waren zuletzt
       vielfältig. Nun machte sich der Konzern für ein Zweiklassensystem bei
       Briefen stark. Besonders dringende Sendungen sollen sicher am nächsten
       Werktag ankommen, aber auch mehr kosten. Für weniger zeitkritische Briefe
       könnten Verbraucher:innen einen langsameren, günstigeren Versand
       wählen.
       
       Das derzeit gültige Postgesetz von 1998 verpflichtet die Post als
       sogenannten Universaldienstleister dazu, mindestens 80 Prozent aller Briefe
       am folgenden Werktag auszuliefern. Diese Verpflichtung müsste gestrichen
       werden, wenn es künftig langsame und schnelle Briefe geben soll.
       
       Aktuell arbeitet das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) an der Reform des
       veralteten Postgesetzes, ein erstes Eckpunktepapier ist seit Ende Januar
       öffentlich. Im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung unterstützte die
       [1][zuständige Staatssekretärin Franziska Brantner (Grüne)] den Vorschlag
       der Zweiklassenzustellung.
       
       Eine Sprecherin des BMWK bestätigte der taz: „Es gibt Briefe, die müssen
       schnell, aber nicht zwingend am nächsten Trag beim Empfänger sein. Hier
       kann man die Zeitvorgaben lockern und vor allem dem Klimaschutz besser
       Rechnung tragen“ – etwa weil ein größerer Teil der Sendungen mit der Bahn
       statt mit schnellen Frachtfliegern transportiert werden könnte.
       
       ## Post droht mit Fremdvergabe der Standorte
       
       Außerdem ziele die Reform darauf ab, die Arbeitsbedingungen der
       Beschäftigten zu sichern. Intransparente Subsubunternehmerverhältnisse und
       Verstöße gegen arbeits- und sozialrechtliche Vorgaben sollen „mit
       erheblichen Sanktionen“ bekämpft werden, so das BMWK.
       
       „Wir haben als Post über viele Jahrzehnte ein Betriebsmodell aufgebaut, das
       ausschließlich mit eigenen Kräften operiert“, schrieb eine Sprecherin der
       Deutschen Post auf Anfrage der taz. Im Rahmen der Tarifverhandlungen mit
       der Gewerkschaft Verdi drohte der Konzern jedoch an, Geschäftsbereiche
       künftig seltener selbst zu betreiben.
       
       Währenddessen gelten die [2][Tarifverhandlungen als gescheitert]: Verdi
       hatte eine Erhöhung der Tariflöhne um 15 Prozent bei einer Vertragslaufzeit
       von 12 Monaten gefordert. Das Angebot der Post in der dritten
       Verhandlungsrunde am 8. Februar war davon „weit entfernt“, sagte Verdi. Am
       Montag startete die Gewerkschaft daher eine Urabstimmung: Wenn mindestens
       75 Prozent der Befragten das Tarifangebot ihres Arbeitgebers bis zum 8.
       März ausschlagen, könnte Verdi flächendeckende und unbefristete Streiks
       einleiten.
       
       Die Drohung der Post, Standorte nicht mehr selbst zu betreiben, wies Verdi
       als „untaugliche Einschüchterung der Beschäftigten vor der Urabstimmung“
       zurück. Andrea Kocsis, stellvertretende Verdi-Vorsitzende und
       Verhandlungsführerin, sagte: „Die Absicht hinter der angedrohten
       Ausgliederung ist klar: Eine gute tarifliche Bezahlung soll durch
       Fremdvergabe umgangen werden.“
       
       20 Feb 2023
       
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 (DIR) Nanja Boenisch
       
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