# taz.de -- Schlafforschung: Von Lerchen, Tauben und Eulen
       
       > Am 15. März, dem „World Sleep Day“, wird zum dritten Mal der Deutsche
       > Schlafpreis verliehen. Unser Autor verspricht sich etwas davon.
       
 (IMG) Bild: „Absolute Dunkelheit.“
       
       Dass mit meinem Schlaf irgendwas nicht stimmt, hätte mir schon als
       Jugendlicher auffallen müssen. Da legte ich meine Füße vor dem Zubettgehen
       minutenlang in eiskaltes Wasser, weil ich das Gefühl nicht mochte, unter
       der warmen Decke zu schwitzen, und weil das Schwitzen mich vom Schlafen
       abhielt. Im Laufe der Jahre kamen immer mehr Verhaltensregeln dazu, von
       denen ich mir eine gute Nacht versprach: zwei bis drei Bananen vor dem
       Einschlafen. Absolute Dunkelheit. Die Vorstellung, ich sei ein
       Tennisspieler und würde Bälle aus unmöglichen Positionen annehmen und
       zurückschlagen. Oft klappen die Tricks, aber manchmal liege ich trotzdem
       stundenlang wach, höre Radio und träume davon, einfach nur einen Knopf
       drücken zu müssen, um einzuschlafen.
       
       Vielleicht ist es an der Zeit, zu anderen Mitteln zu greifen. Nein,
       Schlafmittel will ich nicht nehmen, zu groß ist die Sorge, abhängig zu
       werden. Einmal habe ich Baldriantropfen probiert und schon da war ich so
       aufgeregt, dass ich überhaupt nicht einschlafen konnte. Ich brauche auch
       nicht den hundertsten Rat, dass ich mir beim Einschlafen nur keinen Druck
       machen soll. Was ich brauche, sind gute Ideen von Leuten, die sich wirklich
       damit auskennen: den Schlafforschern.
       
       Die versammeln sich dieses Jahr am 15. März in Berlin, um zum dritten Mal
       den Gewinner des [1][Deutschen Schlafpreises] zu küren. Am selben Tag ist
       auch der „World Sleep Day“. Clever gewählt, denn gerade leiden viele unter
       Frühjahrsmüdigkeit und wollen wissen, wie sie besser durch die Nacht
       kommen.
       
       Auf der Shortlist des mit 1.500 Euro dotierten Preises stehen drei
       Forscher: Erstens Salome Kurth, die in Zürich das [2][„Baby Sleep
       Laboratory“] leitet. Sie hat herausgefunden, wie wichtig die Darmflora für
       den Schlaf von Babys ist. Ist diese nicht vielfältig, schlafen die Babys
       tagsüber zu viel und nachts zu wenig. Kurth empfiehlt regelmäßige
       Essenszeiten. Von drei Bananen vor dem Schlafengehen ist in ihren Aufsätzen
       leider nichts zu lesen.
       
       Der zweite Kandidat heißt Achim Kramer und war früher Klavierlehrer, bevor
       ihn die Schlafforschung packte. Er hat einen Test entwickelt, bei dem ein
       paar Haare ausreichen, um den eigenen biologischen Rhythmus zu bestimmen.
       Die Idee: [3][Zehn Prozent unserer Gene sind je nach Tageszeit
       unterschiedlich aktiv, so gibt es unter anderem Nacht- und Morgengene.]
       
       Doch bis wann die Nacht geht und wann der Morgen beginnt, ist individuell
       und hängt von unserer inneren Uhr ab. Wenn bei einer Person morgens um 9
       Uhr die Nachtgene noch sehr aktiv sind, die Morgengene aber kaum, fühlt sie
       sich schläfrig, das ist der bekannte Typ „Eule“. Bei einer anderen Person
       sind um 9 Uhr die Mittagsgene schon sehr aktiv, sie ist eine
       Frühaufsteherin, „Lerche“ genannt. Mithilfe des 179 Euro teuren Tests
       können Kunden herausfinden, welcher Vogel sie sind. Ich vermute, dass ich
       zu den Eulen gehöre. Es stresst mich sehr, wenn ich weiß, dass ich am
       nächsten Morgen einen Termin habe. Vor dem Einschlafen rechne ich mir aus,
       wie viele Stunden mir noch zum Schlafen bleiben, und liege dann so lange
       wach, bis es nicht mehr genug sind.
       
       Der dritte Anwärter auf den Schlafpreis 2024 geht mit einem eigenen
       Bettenmodell ins Rennen: dem Somnomaten. Diese Schweizer Maßarbeit von
       Robert Riener schaukelt einen durch sanfte Bewegungen in den Schlaf. Riener
       hat einen Algorithmus entwickelt, um die [4][perfekte Schaukelrichtung und
       Geschwindigkeit] einzustellen. Eine schöne Vorstellung, dieses
       Schaukelbett, in dem man hin und her gewogen wird, so wie früher als Baby.
       Vielleicht ist es das, was ich brauche: einen Neustart für meinen Schlaf.
       Ohne seltsame Regeln.
       
       14 Mar 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://schlafstiftung.de/resources/20240222_Deutsche_Stiftung_Schlaf_Shortlist.pdf
 (DIR) [2] https://baby-sleep.ch/de/home-de/
 (DIR) [3] https://www.spektrum.de/news/fuer-den-spaeten-chronotyp-ist-um-9-uhr-morgens-noch-tiefe-nacht/1972093
 (DIR) [4] https://ieeexplore.ieee.org/document/10304729
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Benjamin Fischer
       
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