# taz.de -- Scholz' Wolkenkratzer-Vermächtnis: Elbtower gefährdet Bahnverkehr
       
       > Die Bahn hat Bedenken gegen ein 245 Meter großes Hochhaus an den
       > Hamburger Elbbrücken angemeldet. Sie befürchtet eine Unterbrechung des
       > Verkehrs.
       
 (IMG) Bild: Könnte mit 245 Metern das drittgrößte Hochhaus Deutschlands werden: Elbtower in Hamburg
       
       HAMBURG taz | Der 245 Meter hohe Elbtower könnte einmal zum sichtbarsten
       Vermächtnis des heutigen Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD) an seine
       Heimatstadt werden, die er von 2010 bis 2018 regiert hat. Doch [1][der Bau
       des Hochhauskloppers direkt an den Elbbrücken] könnte sich zum Desaster für
       den Bahnverkehr auswachsen. Wie kürzlich bekannt wurde, hat die Bahn wegen
       dieses Risikos schon vor einem Jahr Widerspruch gegen die erste
       Teilbaugenehmigung des Projekts eingelegt.
       
       In ihrem Widerspruch kritisiert die Bahn, dass die Pläne nicht genügend
       Rücksicht auf die unmittelbar benachbarten Bahnanlagen nähmen. Über die
       Elbbrücken verlaufen die Gleise der S- und der Fernbahn; außerdem gibt es
       dort einen S-Bahnhof. Diese drohten beeinträchtigt zu werden.
       
       Schon Monate vor ihrem Widerspruch hatte die Bahn in einer „ersten
       Gesamtstellungnahme“ an die Hamburger Behörde für Stadtentwicklung und
       Wohnen (BSW) ihre Bedenken konkret dargelegt. Während die Baugrube
       ausgehoben wird und der Koloss in die Höhe wächst, wird sich der Boden in
       der Umgebung setzen. Diese „Mitnahmesetzungen“ könnten „die Nutzbarkeit der
       DB Bauwerke einschränken beziehungsweise einen sicheren Eisenbahnbetrieb
       unmöglich machen“, schreibt die Bahn.
       
       Das Unternehmen weist insbesondere darauf hin, dass „die vorhandene
       Längsneigung der Bahnsteige im absoluten Grenzbereich der Konformität“
       liege. Eine stärkere Neigung führe zu einem „unbeherrschten Zustand, was
       zum Entzug der Betriebserlaubnis durch das Eisenbahnbundesamt führen kann“.
       
       ## Nadelöhr Elbbrücken
       
       Verformungen infolge des Bauprojekts müssten deshalb durch geeignete
       Maßnahmen ausgeglichen werden. Es bestehe ein Risiko, denn der
       Toleranzbereich bei Mitnahmesetzungen an den Bahnsteigen der S-Bahn-Station
       liege bei null Promille. Weil das Projekt so heikel sei, müsse das
       Eisenbahnbundesamt sowohl in die Genehmigung als auch in den Bau
       eingebunden werden.
       
       [2][Michael Jung, Sprecher der Bürgerinitiative „Prellbock Altona“, die das
       Schreiben publik gemacht hat], fordert, den [3][Bau des Elbtowers „schon
       aus Klimaschutzgründen“ zu stoppen]. „In jedem Fall muss aber die
       Sicherheit und Zuverlässigkeit des Bahnverkehrs auf den Elbbrücken
       absoluten Vorrang haben“, sagt Jung.
       
       Was passiert, wenn der S-Bahn-Verkehr an den Elbbrücken unterbrochen wird,
       konnten die Hamburger erst vor wenigen Wochen erleben. Unter einer
       S-Bahn-Brücke hatte ein Lastwagen gebrannt. Bis das Schienenstück repariert
       war, dauerte es Wochen. [4][Die Pendler auf den ohnehin schon überlasteten
       Strecke mussten in Fern- und Regionalzüge, Shuttles und Busse umsteigen].
       
       Die Bahn wies darauf hin, dass sie sich seit der ersten Gesamtstellungnahme
       vielfach mit dem Investor, der Elbtower Immobilien GmbH, zu technischen
       Fragen ausgetauscht habe. Wegen der Bedeutung für den Bahnverkehr sei ein
       umfassendes Beweissicherungs- und Monitoring-Konzept erarbeitet worden.
       „Die Sicherheit der DB-Anlagen wird über alle Bauphasen hinweg
       gewährleistet sein“, sagte ein Bahnsprecher der taz.
       
       Das Eisenbahnbundesamt sei im Bauantragsverfahren um Stellungnahme gebeten
       worden. Während das Widerspruchsverfahren gegen die Teilgenehmigung noch
       laufe, habe die Bahn der Baugenehmigung vom März dieses Jahres nicht
       widersprochen.
       
       Wie kritisch ein Hochhausbau für die Bahninfrastruktur sein kann, zeigt ein
       Fall aus Berlin. Am Alexanderplatz wird dort gerade ein 130 Meter hohes
       Haus errichtet. Sensoren meldeten jetzt, dass das Gleis der benachbarten
       U-Bahn-Linie 2 mehrere Zentimeter abgesackt ist. Der Bau wurde vorläufig
       eingestellt.
       
       13 Oct 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Debatte-um-Hochhaus/!5531871
 (DIR) [2] http://prellbock-altona.de/
 (DIR) [3] /Baustart-fuer-neuen-Hamburger-Stadtteil/!5781164
 (DIR) [4] /Hamburger-Senat-verspricht-Verkehrswende/!5645806
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gernot Knödler
       
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