# taz.de -- Sexuelle Gewalt im Bistum Osnabrück: Frauen sollen es richten
       
       > Das Bistum Osnabrück hat sich im Februar 2019 ein „Konzept gegen
       > sexualisierte Gewalt“ verordnet – und seit dem Leitungsposten mit Frauen
       > besetzt.
       
 (IMG) Bild: Ein Reformer unter den katholischen Bischöfen Deutschlands: Franz-Josef Bode vom Bistum Osnabrück
       
       OSNABRÜCK taz | „Schutz“. Ein Bischof, der ein solches Wort ausspricht, –
       in der Missbrauchsdebatte der katholischen Kirche, die uns seit Jahren in
       Abgründe von Gewalt und Vertuschung blicken lässt – braucht Mut.
       Franz-Josef Bode, Bischof des Bistums Osnabrück, hat diesen Mut am Mittwoch
       aufgebracht, als er Zwischenbilanz zog für sein Ende Februar 2019
       initiiertes „Konzept gegen sexualisierte Gewalt und geistlichen
       Missbrauch“. „Schutzprozess“, sagt er heute dazu, um zu zeigen, „dass wir
       damit noch längst nicht fertig sind“, sagt Bistumssprecher Hermann
       Haarmann, „dass es da noch viel zu tun gibt“.
       
       Bode, ein Reformer unter den katholischen Bischöfen Deutschlands, zielt auf
       Prävention und Intervention, auf die Begleitung Betroffener, die
       Professionalisierung des Umgangs mit Beschuldigten, auf die Sanktionierung
       von Tätern, auf die Klärung „systemischer Grundsatzfragen“, von der
       kirchlichen Sexualmoral bis zum Umgang mit Macht und Hierarchie.
       
       Arbeitsgruppen wurden dazu gebildet, 60 Köpfe stark. Kirchenexterne wurden
       einbezogen, wie Thomas Veen, Präsident des Landgerichts Osnabrück. Auch
       „Menschen, denen Unrecht widerfahren ist“, so Haarmann, beteiligen sich.
       Und es wurde nicht nur geredet. Es wurde gehandelt. Tiefgreifend.
       
       Einige Gemeinden des Bistums werden heute nicht mehr von Pfarrern geleitet,
       sondern von Laien – [1][Gesmold und Wellingholzhausen] etwa, Bad Iburg und
       Glane. Auch [2][Frauen leiten jetzt im Bistum Gemeinden], Priestern
       übergeordnet – ein Novum, deutschlandweit. „Da geht es darum, Macht
       abzugeben, Macht zu teilen“, sagt Haarmann.
       
       ## Nächster Neuzugang: die Finanzdirektorin
       
       Auch im Osnabrücker Generalvikariat mit seinen 300 Mitarbeitern hält diese
       neue, programmatische Offenheit deutlich sichtbar Einzug: Ab Mai werden
       vier von zehn Abteilungen des Vikariats von Frauen geführt. Nächster
       Neuzugang: die Finanzdirektorin. „Auch in der Seelsorge wünscht sich das
       Bistum mehr Frauen“, betont Haarmann, „und im Predigtdienst.“
       
       Eine Offenheit, die nicht zuletzt bewirkt hat, dass weitere Betroffene den
       Mut fanden, ihr teils langjähriges Schweigen zu überwinden. „2019 haben
       sich verstärkt Menschen an uns gewandt“, sagt Haarmann, „die sich
       spirituell missbraucht fühlen, und dem gehen wir natürlich nach.“
       
       Und auch neue Fälle sexuellen Missbrauchs sind gemeldet worden. Die
       Gesamtzahl der Beschuldigten im Bistum Osnabrück wuchs dadurch auf 45, die
       der Betroffenen auf 110, von 1946 bis heute. „Bei allen 19 Beschuldigten,
       die noch am Leben sind, sind strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet
       worden“, sagt Haarmann. Dass 17 davon eingestellt wurden, hat auch damit zu
       tun, dass das Geschehen teils Jahrzehnte zurückliegt. Haarmann: „Da greift
       dann oft die Verjährung. Oder der Tatverdacht ist nicht hinreichend zu
       begründen.“
       
       Ein Schutzprozess, dessen Ein-Jahres-Bilanz „wirklich positiv“ ist, sagt
       Haarmann. Übrigens: Bode bietet jedem Betroffenen ein persönliches Gespräch
       an. Auch das ist ein Zeichen von Mut.
       
       27 Feb 2020
       
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