# taz.de -- Staatliche Repression in Deutschland: Die Freiheit, die wir meinen
       
       > Es gibt in Deutschland tatsächlich Einschränkungen der Meinungsfreiheit:
       > Beim Gendern, bei linken Medien und bei Kurd*innen greift der Staat
       > ein.
       
 (IMG) Bild: Demo am 26.11.2022 in Berlin gegen das Bestätigungsverbot der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK)
       
       Klar kann man es kaum noch hören, wenn Rechte jeglicher Couleur über die
       Einschränkung der Meinungsfreiheit in Deutschland lamentieren. Das ist
       schließlich die Masche der AfD, die auf allen Kanälen ihren Rassismus und
       ihre Ablehnung Andersdenkender verbreitet und trotzdem ständig von der
       eingeschränkten Meinungsfreiheit raunt.
       
       In etwas moderaterer Form wird auch in der neuen Formation von [1][Sahra
       Wagenknecht] über die einschränkte Meinungsfreiheit in Deutschland geklagt.
       Für die Frontfrau und versierte Talk-Show-Teilnehmerin trifft das gewiss
       nicht zu. Und diejenigen, die über die angebliche Diktatur durch die
       Gendersprache raunen, haben wohl vergessen, dass in mehreren Bundesländern
       das Gendern in Schulen und Universitäten verboten ist.
       
       Ist das nicht eine Einschränkung der Meinungsfreiheit derjenigen, die auch
       sprachlich die unterschiedlichen Geschlechter abbilden wollen? Steht es
       also gar nicht so gut um die Meinungsfreiheit in Deutschland, [2][wie man
       nach der Lektüre des Beitrags von Simone Schmollack in der taz vom 22.
       Dezember denken könnte?]
       
       Schmollack hat alles Notwendige über die Rechten gesagt, die mit ihrer
       Klage über ihre angeblich eingeschränkte Meinungsfreiheit nur erreichen
       wollen, dass niemand mehr ihrem Rassismus, Antisemitismus und ihrem
       Antifeminismus widersprechen darf. Doch es sollte eben nicht vergessen
       werden, dass es die Einschränkung der Meinungsfreiheit auch in Deutschland
       tatsächlich gibt. Betroffen sind meist genau die Personen und Gruppen,
       gegen die auch die Rechten mobil machen.
       
       Beispielsweise Migrant*innen, deren Rechte immer wieder eingeschränkt
       werden. Besonders hervorzuheben sind dabei die Repressalien, denen in
       Deutschland lebende [3][kurdische Aktivist*innen] und türkische
       Oppositionelle seit Jahren ausgesetzt sind. Immer wieder landen sie wegen
       eigentlich ganz legaler politischer Aktivitäten wie dem Anmelden einer
       Demonstration oder dem Organisieren eines Konzertes vor Gericht und werden
       sogar zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.
       
       ## Massive Einschränkung
       
       Möglich macht das der [4][Paragraf 129 b], der die angebliche Unterstützung
       einer ausländischen terroristischen Vereinigung sanktioniert. Nur selten
       wird über die massive Einschränkung der Grundrechte für diese Menschen in
       Deutschland in den Medien berichtet. So ist auch wenig bekannt, welche
       individuellen Folgen diese Kriminalisierung hat. So musste die
       deutsch-kurdische Familie G., die in Oberhausen lebt, monatelang gegen die
       drohende Aberkennung des Sorgerechts für ihre noch nicht volljährige
       Töchter kämpfen. Das Familiengericht sah das Kindeswohl gefährdet, weil
       sich die beiden Jugendlichen an Veranstaltungen und Demonstrationen für die
       Rechte der Kurd*innen in Deutschland beteiligten. Für den Staatsschutz
       wurden diese Aktivitäten als Unterstützung der Kurdischen
       Arbeiter*innenpartei (PKK) gewertet.
       
       Auch Klimaaktivist*innen wurden in der letzten Zeit massiv in ihrer
       Meinungsfreiheit eingeschränkt. Es gab mehrere Razzien und auch erste
       Haftstrafen ohne Bewährung für völlig gewaltfreie Aktionen.
       
       Erinnert sei auch daran, dass das linke Onlineportal Indymedia Linksunten
       2017 durch eine Verbotsverfügung des Bundesinnenministeriums abgeschaltet
       wurde. Obwohl alle Verfahren gegen die angeblichen Betreiber*innen des
       Portals eingestellt werden mussten, wird weiter von der Justiz ermittelt,
       so gegen Redakteure von Radio Dreyeckland, weil sie unter einem Artikel das
       Archiv des staatlich abgeschalteten Portals verlinkten.
       
       Darüber gab es auch in der taz immer wieder Artikel und das ist auch gut
       so. Schließlich ist die Zeitung 1978 gegründet worden, weil die
       Staatsapparate im Zuge des Deutschen Herbsts die Meinungsfreiheit und die
       Grundrechte der damals starken außerparlamentarischen Opposition massiv
       eingeschränkt hatten. Auch heute gilt, Meinungsfreiheit für Linke und
       Minderheiten muss [5][täglich neu verteidigt] werden, gerade publizistisch.
       
       28 Dec 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Peter Nowak
       
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