# taz.de -- Sündenböcke und Corona: Regressive Reflexe
       
       > Natürlich darf man in der Kassenschlange auf Menschen ohne Maske sauer
       > sein. Pauschale Schuldzuweisungen werden aber der Krise nicht gerecht.
       
 (IMG) Bild: Hier ist ein Rüffel angebracht: AfD-Abgeordnete ohne Maske
       
       Zuerst waren es die Chinesen mit ihrer Vorliebe für Gürteltiere, dann
       SkitouristInnen in Ischgl, dann Jugendliche und ihre Raves und türkische
       Familien mit ihren Hochzeiten. Die Suche nach Schuldigen an der
       Coronapandemie sagt viel aus über eine Gesellschaft und ihre Stereotype.
       
       Klar, es gibt Gefühle, die man haben darf: Mitmenschen, die im Supermarkt
       hinter einem stehen und, die Maske unterm Kinn, ins Handy brüllen – die
       verdienen eine laute Zurechtweisung. Egal welcher Migrationshintergrund
       oder -nichthintergrund gegeben ist. Und derzeit ist es keine gute Idee,
       [1][eine Hochzeit mit 200 Leuten] aus 20 Hausständen zu feiern. Genauso wie
       man es rügen kann, wenn jemand zur privaten Rave-Party lädt.
       
       Ein unverantwortliches Verhalten mit bestimmten Gruppenidentitäten zu
       verknüpfen und diese zu geißeln gaukelt aber eine pauschale Täterschaft und
       eine Überschaubarkeit vor, die es so nicht gibt. Ein Sündenbock ist jemand,
       dem man eine Täterschaft an einem Unheil zuschiebt.
       
       Wie man an Diskussionen in [2][Großbritannien] und den [3][USA] aber sieht,
       wird dort die Tatsache, dass mehr Schwarze, Latinos und Asiaten an Corona
       erkranken und daran sterben, zu Recht auf ungünstige Lebensumstände
       zurückgeführt. People of Color dort und auch in Deutschland leben im
       Durchschnitt eher beengt und arbeiten eher in der schlecht bezahlten
       menschennahen Dienstleistung.
       
       Vielerorts hapert es mit den Kausalitäten. Ungeklärt in Berlin ist etwa die
       [4][Frage], warum die Infektionsraten in den östlichen Bezirken niedriger
       liegen als im Westen. Es gibt Meinungen, die das einer durch die
       DDR-Geschichte bedingten Diszipliniertheit der Ostdeutschen zuschreiben.
       Der Coronastress bringt offenbar Klischees zum Vorschein, die schon in
       Vergessenheit geraten waren.
       
       Aber selbst wenn man den Herrn im Supermarkt zu Recht anblafft, sollte man
       nicht so tief sinken, in pauschale Schuldzuweisungen an arabische Männer
       mit Masken unterm Kinn zu verfallen. Klischees haben etwas Regressives. Die
       Pandemie mit ihren Kausalitäten ist komplexer, unheimlicher. Genau das
       erzeugt ja den Druck.
       
       19 Oct 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Partys-in-Zeiten-von-Corona/!5721639
 (DIR) [2] https://www.theguardian.com/world/2020/may/07/black-people-four-times-more-likely-to-die-from-covid-19-ons-finds
 (DIR) [3] https://www.nytimes.com/interactive/2020/07/05/us/coronavirus-latinos-african-americans-cdc-data.html
 (DIR) [4] /Niedrige-Coronazahlen-in-Berlins-Osten/!5717596&s=Marina+Mai/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Barbara Dribbusch
       
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