# taz.de -- Urteil im Mordfall George Floyd: 22,5 Jahre Haft
       
       > Derek Chauvin muss lange ins Gefängnis. Vielen ist das Urteil noch zu
       > mild, auch wenn Chauvin sich erstmals direkt an Floyds Familie wendet.
       
 (IMG) Bild: Nach dem Urteil: Demonstration für Gerechtigkeit für die Opfer rassistischer Polizeigewalt
       
       WASHINGTON taz | Mit Spannung erwarteten Millionen von Menschen in den USA
       und in der ganzen Welt die Urteilsverkündung [1][im Mordfall des
       Afroamerikaners George Floyd]. Am Ende war keine Seite wirklich zufrieden.
       Und das trotz eines Richterspruchs, welches so in Amerika nur äußerst
       selten vorkommt.
       
       [2][Bereits im April war der ehemalige Polizist Derek Chauvin von einer
       Jury in allen drei Anklagepunkten für schuldig befunden worden]. Nun
       verkündete Richter Peter Cahill am Freitagnachmittag (Ortszeit) das
       Strafmaß: 22,5 Jahre Gefängnis. Eigentlich sehen bundesstaatliche
       Richtlinien eine Haftstrafe von 12,5 Jahren vor. Cahill begründete seine
       Entscheidung für ein verschärftes Strafmaß mit der verübten Grausamkeit
       sowie dem Missbrauch der Vertrauensposition. Noch vor der Verkündung wies
       Richter Cahill ein Gesuch von Chauvin für eine Neuaufnahme des
       Gerichtsverfahrens ab.
       
       Bevor der 45-jährige Chauvin aus dem Gerichtssaal abgeführt und wieder ins
       Gefängnis gebracht wurde, wandte er sich zum ersten Mal seit dem Mord
       direkt an die Angehörigen von George Floyd: „Ich will der Familie mein
       Beileid aussprechen.“
       
       ## Ein seltenes Ende
       
       Das Urteil selbst ist eine Rarität, da Fälle von Polizeigewalt gegenüber
       Schwarzen nur äußerst selten zur Anklage gebracht werden. Und in den
       wenigen Fällen, die tatsächlich vor Gericht landen, kommt es
       überproportional zu Freisprüchen und Fehlprozessen.
       
       Für Familienangehörige, Rechtsanwälte und Bürgerrechtler spielt dies keine
       Rolle. Sie waren darüber empört, dass Chauvin „nur“ 22,5 Jahre hinter
       Gittern absitzen muss. Bei guter Führung könnte er sogar schon nach 15
       Jahren wieder auf freiem Fuß sein.
       
       „Echte Gerechtigkeit in Amerika gibt es erst, wenn schwarze Männer,
       schwarze Frauen und farbige Menschen sich nicht mehr davor fürchten müssen,
       nur wegen ihrer Hautfarbe von der Polizei getötet zu werden. Das wäre echte
       Gerechtigkeit“, sagte Ben Crump, einer von mehreren Rechtsanwälten, die
       Floyds Familie vertreten.
       
       Brandon Williams, ein Neffe des Verstorbenen, sah ebenfalls keine
       Gerechtigkeit im Urteil. „Welche Nachricht senden wir damit an unser Land“,
       fragte er. „Welche Nachricht senden wir an unsere kleinen Kinder, wie
       (Floyds Tochter) Gianna, dass man einen Menschen kaltblütig töten kann und
       mit einem blauen Auge davonkommt?“
       
       Floyds Schwester Bridgett Floyd konnte dem Strafmaß zumindest etwas Gutes
       abgewinnen: „Das heute verhängte Urteil gegen einen Polizisten in
       Minneapolis, der meinen Bruder George Floyd getötet hat, zeigt, dass
       Angelegenheiten rund um Polizeigewalt endlich ernst genommen werden.“ Sie
       fügte allerdings hinzu, dass dem Land noch ein langer Weg bevorstehe und es
       viele Veränderungen brauche. US-Präsident Joe Biden bezeichnete das Urteil
       als „angemessen“.
       
       Der Mord an George Floyd im Mai 2020 sorgte weltweit für Aufsehen und
       rückte das Problem von [3][Polizeigewalt gegenüber Minderheiten] in den USA
       ins Rampenlicht. Wie schon beim brutalen Angriff auf Rodney King 1993 war
       es auch bei Floyd ein Video, das die Welt schockierte. Die Filmaufnahme
       zeigte, wie ein Polizist mehr als neun Minuten sein Knie auf den Hals eines
       am Boden liegenden schwarzen Mannes drückt. Dieser bittet vergeblich um
       Hilfe, sagt, dass er nicht atmen kann. Schließlich erliegt er seinen
       Verletzungen. Der Polizist war Derek Chauvin und das Opfer George Floyd.
       Der Grund für Floyds Festnahme war eine angeblich gefälschte
       20-Dollar-Note.
       
       Chauvin ist der erste weiße Polizist im US-Bundesstaat Minnesota, der für
       die Tötung eines Afroamerikaners verurteilt wurde.
       
       26 Jun 2021
       
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 (DIR) Hansjürgen Mai
       
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