# taz.de -- Verkauf an US-Hegdefonds: Höllenhund soll Nordbank fressen
       
       > Das Unternehmen soll nun schrumpfen und viele MitarbeiterInnen müssen
       > gehen. Der Chef Stefan Ermisch aber will bleiben.
       
 (IMG) Bild: „Unser Kapitalismus kann sehr hart sein“, sagte Schleswig-Holsteins Finanzministerin Monika Heinold
       
       HAMBURG taz | Geht’s in die Binsen oder vor die Hunde? Beides. Die
       US-Investoren Flowers und Cerberus, benannt nach dem mythologischen
       Höllenhund, haben erwartungsgemäß den Zuschlag für die HSH Nordbank
       erhalten. Die beiden Hegdefonds führen ein Konsortium aus fünf Investoren,
       zu denen auch die Golden Tree Asset aus England, die privatisierte
       österreichische BAWAG Postsparkasse und die britische
       Investmentgesellschaft Centaurus Capital zählen. Das verkündeten Hamburgs
       Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident
       Daniel Günther (CDU) am Mittwoch in Kiel.
       
       Als Erfolg bewerten die Regierungschefs, dass die Bank komplett übernommen
       wird, und dass der Verkaufspreis von gut einer Milliarde Euro höher sei,
       als zu erwarten war. Hätte sich bis Ende Februar kein Käufer gefunden, wäre
       das Kreditinstitut laut EU-Vorgabe abgewickelt worden.
       
       „Unser Kapitalismus kann sehr hart sein“, sagte Schleswig-Holsteins
       Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) auf die Frage, ob sie es mit ihrem
       Gewissen vereinbaren könne, an Hegdefonds zu verkaufen, die für
       Rüstungsdeals und weitere Geschäfte, „die ich politisch nicht teile“,
       stehen. Ja, das könne sie, so Heinold: „Auch bei einer Abwicklung hätten
       große Investoren den Zuschlag bekommen, da ist mir der geordnete Prozess
       lieber.“
       
       Erleichterung, dass das Finanzabenteuer HSH nun vorbei ist, herrsche nicht,
       so die Politikerrunde. In den nächsten Monaten müssen die Landesparlamente,
       deutsche und EU-Behörden dem Verkauf noch zustimmen. Erst dann sind Hamburg
       und Kiel endgültig aus dem Schneider. Der Verlust von mindestens fünf
       Milliarden Euro für jedes der beiden Länder sei „sehr viel Geld“, räumt
       Scholz ein. Eigenes politisches Versagen sieht er nicht: Die heutigen
       Regierungen müssten „die Schulden der Vorgänger zahlen“. Aber es hätte noch
       weit schlimmer kommen können, erinnerte Scholz. Auf dem Höhepunkt der Krise
       stand eine Schuld von 60 Milliarden Euro im Raum, die die Länder hätten
       zahlen müssen, wäre die Bank pleite gegangen. „Das Gespenst ist noch da,
       aber es ist eingesperrt“, sagte Scholz.
       
       ## Umfangreicher Personalabbau
       
       Doch das Gespenst schwebt nun über den rund 2.200 Arbeitsplätzen, davon
       rund 1.000 Köpfe auf 750 vollen Stellen in Kiel, der Rest in Hamburg. „Es
       gibt keine Zusicherung für den Standort Kiel“, sagte Günther. Der Verkauf
       sei nicht an Arbeitsplatzgarantien geknüpft, um einen Totalverlust zu
       verhindern. Nordbank-Vorstandschef Stefan Ermisch, der noch einen Vertrag
       bis November besitzt und gerne auch unter dem neuen Eigentümerkonsortium
       Chefsanierer bleiben würde, hat bereits einen umfangreichen Personalabbau
       angekündigt. Von der Reduzierung von 1.900 auf 1.300 Vollzeitstellen ist
       die Rede, durch Entlassungen, aber auch durch das Outsourcing bestimmter
       Bereiche.
       
       Was die neuen Herren mit der Bank genau vorhaben, ist unklar. „Es ist ein
       neuer Eigentümer, der das Geschäftsmodell prägt“, prognostiziert Hamburgs
       Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD). Aber die Käufer hätten
       „dokumentiert, dass sie eine glaubwürdige Fortführungsprognose“ haben.
       Ermischs erklärtes Ziel bis 2022 lautet, die Bank zu schrumpfen, ihre
       Bilanzsumme von 74 auf 55 Milliarden Euro zu senken. Gleichzeitig aber soll
       der Vorsteuergewinn um 50 Prozent erhöht werden: von 300 Millionen Euro
       (2017) auf knapp 450 Millionen.
       
       Keine konkreten Informationen gab es am Mittwoch darüber, welche genauen
       Risiken Hamburg und Kiel noch aus bei ihnen verbliebenen
       Gewährträgerhaftungen drohen. „Der Einsatz von weiterem Steuergeld und neue
       Risiken für die Landeshaushalte müssen unter allen Umständen vermieden
       werden“, fordert der Hamburger FDP-Fraktionschef Michael Kruse.
       
       ## Und wie viel hat's gekostet?
       
       Nicht genau bezifferbar ist auch, was das Nordbank-Desaster den
       Steuerzahler insgesamt gekostet hat. Günther geht von „zehn bis höchstens
       15 Milliarden Euro“ aus, die Hamburger Finanzbehörde von „höchstens 14
       Milliarden Euro Gesamtschaden“. Knapp 3,5 Milliarden frisches Eigenkapital
       und zehn Milliarden Garantien, zum Ausgleich der aufgelaufenen Verluste,
       schossen beide Länder zusammen in die Nordbank. Dazu kommen noch einmal 2,4
       Milliarden für faule Kredite, die der Nordbank abgekauft wurden.
       
       Diesen knapp 16 Milliarden Euro stehen gut drei Milliarden Euro „Prämien“
       gegenüber, die die Länder dafür kassierten, dass sie die Verlustgarantien
       zur Verfügung stellten, sowie der nun erzielte Verkaufspreis von einer
       Milliarde.
       
       Nicht enthalten in dieser Zwölf-Milliarden- Summe – genug um 14
       Elbphilharmonien zu bauen – ist der Wertverlust der Bank durch ihren Crash.
       Dieser findet sich zwar in den Bilanzen wieder, löst aber keinen Geldfluss
       aus.
       
       28 Feb 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Esther Geißlinger
 (DIR) Marco Carini
       
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