# taz.de -- Vietnams Präsident tritt zurück: Schon wieder Korruptionsvorwürfe
       
       > Er galt als Hoffnungsträger, jetzt kosten ihn Korruptionsvorwürfe das
       > Amt. Es ist nicht der erste Fall dieser Art in Vietnam.
       
 (IMG) Bild: Vo Van Thuong tritt zurück
       
       BERLIN taz | Regierungskrise in Vietnam: [1][Staatspräsident Vo Van Thuong]
       ist am Mittwoch von seinen Parteiämtern zurückgetreten. An diesem
       Donnerstag kommt in Hanoi das Parlament zu einer Sondersitzung zusammen. Es
       wird erwartet, dass Thuong auch als Staatsoberhaupt zurücktritt. Den
       Rücktritt hatte er bereits angeboten. Thuong ist seit einem Jahr als
       Staatspräsident im Amt.
       
       [2][Sein Vorgänger hatte wegen Korruptionsvorwürfen das Amt niedergelegt.]
       Auch Thuong selbst wird ein Korruptionsdelikt zur Last gelegt. Dies liegt
       allerdings mehr als zehn Jahre zurück und fällt in die Zeit, als er noch
       Provinzfunktionär war. Die vietnamesische Nachrichtenagentur VNA schrieb
       schwammig, die Zentrale Parteikontrollkommission und die zuständige Behörde
       – gemeint ist das allmächtige Sicherheitsministerium – hätten aufgedeckt,
       dass Thuong gegen Vorschriften verstoßen habe. „Die Verstöße haben den Ruf
       der Partei, des Staates und des Genossen persönlich beeinträchtigt.“
       
       Aufgrund dieser Lage hatte Vietnam bereits letzte Woche einen Staatsbesuch
       des niederländischen Königshauses abgesagt. Die Staatskrise ist umso
       dramatischer, als Nguyen Phu Trong, der 79-jährige Chef der Kommunistischen
       Partei und damit der wichtigste Politiker in Vietnam, im Sterben liegt.
       Ende letzten Jahres war bereits in sozialen Medien über seinen Tod
       spekuliert worden. Dann tauchte er in einer Parlamentssitzung wieder auf.
       Ohne fremde Hilfe konnte er nicht laufen, sein Gesichtsausdruck wirkte
       abwesend. Der Staatspräsident, mit 53 Jahren der Jüngste in Vietnams
       engster Führungsriege, war eigentlich als sein Nachfolger gehandelt worden.
       
       ## Quotenfrau gilt als Nachfolgerin, aber ohne Einfluss
       
       Nachfolgerin als Staatspräsidentin wird wohl die einflusslose
       Vizepräsidentin Vo Thi Anh Xuan werden, die als Quotenfrau gilt. Sie hatte
       bereits Anfang 2023 knapp zwei Monate das Amt des Staatsoberhaupts inne,
       bis sich die Führungsriege auf einen Nachfolger geeinigt hatte.
       Strippenzieher hinter den Kulissen ist Vietnams Sicherheitsminister To Lam.
       Trotz erheblicher krimineller Energie inszeniert sich dieser als Kämpfer
       gegen Korruption und Bauherr neuer Gefängnisse, in denen harte
       Haftbedingungen herrschen.
       
       Seit Langem werden ihm Ambitionen auf höchste Ämter in Staat und Partei
       nachgesagt. 2023 hatte er sich offiziell als Staatspräsident beworben, fand
       aber im Parlament nach einer heftigen Debatte, bei der selbst die
       staatlichen Medien ausgeschlossen waren, keine Mehrheit. Kritik gab es,
       weil er die Antikorruptionskampagne der Kommunistischen Partei ausweiten
       würde, sodass auch Unschuldige ins Visier gerieten und in Haft landen
       würden.
       
       Laut zweier Urteile des Berliner Kammergerichts gilt To Lam als
       Auftraggeber der Entführung [3][des abtrünnigen Funktionärs Trinh Xuan
       Thanh] 2017 von Berlin über Bratislava nach Hanoi. Möglicherweise sind ein
       deutscher und ein slowakischer Haftbefehl gegen ihn ausgeschrieben.
       
       20 Mar 2024
       
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