# taz.de -- Wärmewende aus der Tiefe: Der Clou von Schwerin
       
       > Am Heizkraftwerk in Schwerin entsteht die Wärmeversorgung der Zukunft:
       > eine klimaneutrale Anlage für Erdwärme. Die hohen Gaspreise sorgen für
       > einen Aufschwung der Technik.
       
       Ein weißer Lkw mit Anhänger wartet vor dem Werkstor des Heizkraftwerks in
       Schwerin-Lankow. Der Tankwagen mit dem grün-orangefarbenen Logo eines
       Öllieferanten hat Öl geladen, 35.000 Liter, und ist einer von vier Wagen,
       die derzeit täglich vorfahren. Hinter dem Laster führt ein provisorischer
       Weg zu einer Baustelle. Schweißgeräte kreischen, Bagger röhren und Pfützen
       glitzern im Matsch in der Herbstsonne.
       
       Tanklaster und Baustelle – die Szene verdichtet sich zu einem Symbolbild
       der Energiekrise. Und ihrer Lösung: Öl statt Gas – die Preise erfordern,
       die Technik des Heizkraftwerks ermöglicht das in Schwerin. Dadurch ist die
       Lage der Stadtwerke der mecklenburg-vorpommerschen Landeshauptstadt nicht
       ganz so prekär wie andernorts, wo man um die Versorgungssicherheit bangt
       oder Gas für Fantasiepreise einkaufen muss. Die Baustelle aber weist über
       die aktuelle Krise hinaus. Hier entsteht eine Tiefen-Geothermieanlage
       [1][für die Wärmeversorgung der Zukunft] – autark und klimaneutral.
       
       Seit 1994 produzieren die Schweriner Stadtwerke mit ihrem Heizkraftwerk in
       Lankow rund 6,5 Megawatt Strom und 31 Megawatt Wärme, die ins Fernwärmenetz
       eingespeist werden. Derzeit sind rund 60 Prozent der Schweriner Haushalte
       an das Fernwärmenetz angebunden und heizen ihre Wohnungen mit Wärme aus
       Erdgas. Zumindest war das bislang so. Seit Russland die Gaslieferungen nach
       Deutschland eingestellt hat, dient auch Erdöl als Energieträger. Im Winter,
       bei vollem Betrieb, werden es täglich bis zu zehn Lkw an beiden Standorten
       der Stadtwerke sein. Das sei „nicht schön“, sagt René Tilsen,
       Geschäftsführer der Bioenergie Schwerin, einem Tochterunternehmen der
       Stadtwerke Schwerin, „aber immerhin können wir umstellen“.
       
       Ihr eigenes, bestelltes Erdgas verkaufen die Schweriner zurzeit zu
       Marktpreisen an solche Firmen, die keine Alternative zum Gas haben. Tilsen
       druckst etwas herum, er will nicht als Krisengewinnler dastehen. Denn Krise
       haben sie selbst, in Schwerin. „Es geht von einer in die nächste“, stöhnt
       der 43-Jährige. Erst Corona, dann, im vergangenen Jahr, eine großangelegte
       Cyberattacke. Und jetzt der Krieg und die Energiekrise. Womit wir beim
       Thema wären. „Lassen Sie uns mal weitergehen“, sagt Tilsen und führt
       hinüber zur Baustelle.
       
       Direkt auf dem Gelände des alten Heizkraftwerks bauen die Stadtwerke eine
       neue Tiefen-Geothermieanlage. Mit weißem Bauhelm und orangefarbener
       Sicherheitsjacke bleibt er auf einem großen Gitter stehen, das in die
       matschige Fläche eingelassen ist. Er guckt nach unten, ins Dunkle. Zu sehen
       ist, mit viel gutem Willen, ein Loch mit etwas Wasser darin. Heraus ragt
       ein verschlossenes Rohr. „Sieht leider etwas unspektakulär aus“, sagt
       Tilsen, „es blinkt nichts, und den Bohrturm haben wir auch schon abgebaut.“
       
       Und doch ist das Rohr das Herzstück der Anlage: Mit 60 Zentimetern
       Durchmesser am Anfang und 20 am Ende der Bohrung führt es 1.296 Meter in
       die Tiefe. Eine private Geothermieanlage für ein Einfamilienhaus holt
       Erdwärme aus den Tiefen von etwa 400 Metern, im Schnitt sind
       Tiefen-Geothermieanlagen 2.500 Meter tief. Schwerin liegt also in der
       Mitte. Bei 1,2 Kilometern stieß der Bohrmeißel auf eine Schicht porösen
       Sandsteins, durch die 56 Grad warmes Thermalwasser fließt. „Wir stehen hier
       über einem 250 Millionen Jahre alten Flussbett“, sagt Tilsen. Dieser Fluss
       hat jede Menge Geröll und Sand abgelagert. Diese inzwischen durch die
       Zeitläufte überlagerte Schicht bietet jetzt ideale Voraussetzungen für eine
       klimaneutrale Wärmeversorgung. Weil das Gestein porös ist, gibt es das
       warme Thermalwasser – die Sole – leicht ab und nimmt es auch unkompliziert
       wieder auf. Das ist wichtig, um das System effektiv zu betreiben.
       
       Denn die Anlage muss die Sole nun über einen Kilometer nach oben bringen.
       400 Meter sprudelt sie durch den Druck im Gestein von selbst, den Rest des
       Weges wird sie gepumpt und landet per Rohrleitung im ersten Raum des neuen
       Geothermie-Kraftwerks.
       
       Hier, in der Wellblechhalle, herrscht noch Durcheinander, aber drei
       schrankgroße, blaue Wärmetauscher sind schon da. Von außen unscheinbare
       Kästen, bietet ihr Inneres eine bienenwabenförmige Struktur mit
       Edelstahlleitungen in millimetergenauem Abstand. Hier wird einmal die warme
       Sole hinein und an 18 Grad Celsius kaltem Wasser vorbeigeführt werden.
       Dabei wird das kalte Wasser auf 53 Grad Celsius erwärmt. Das ist schon
       mollig, aber lange nicht genug, um per Fernwärme Wohnungen zu heizen. Darum
       geht es jetzt weiter, in den zweiten Raum. Der ist der Clou von Schwerin.
       
       Noch machen sich hier Arbeiter breit und schweißen Rohre. Es zischt,
       kreischt und stinkt. In einem halben Jahr werden an gleicher Stelle
       Hochleistungswärmepumpen stehen, die das Wasser mit der Energie aus einer
       Kraft-Wärme-Kopplungsanlage auf bis zu 82 Grad erhitzen. Damit ist es warm
       genug für das Fernwärmenetz im Standardbetrieb. Im Winter wird die
       Temperatur mit konventionellen Wärmeerzeugern weiter angehoben. Die Sole
       fließt, abgekühlt, durch eine zweite Leitung zurück ins Erdreich, einen
       Kilometer vom ersten Bohrloch entfernt. So entsteht ein Kreislauf, der
       jahrzehntelang bestehen kann. 20 Millionen Euro werden Planung, Bohrung und
       Technik die Stadtwerke am Ende kosten, eine hohe Summe für das kommunale
       Unternehmen, das 2019 einen Umsatzerlös von 160 Millionen Euro erzielte.
       
       ## Klimaneutrale Wärmeversorgung
       
       Die Hochtemperaturwärmepumpen, die hier zum Einsatz kommen – „das sind die
       Game-Changer“, sagt Matthias Franz, Geologe am Geowissenschaftlichen
       Zentrum der Universität Göttingen. Er forscht seit über zehn Jahren zu
       geothermischen Reservoiren und hat das Projekt in Schwerin von Beginn an
       begleitet. „Vor zehn Jahren hätten wir die 56 Grad warme Thermalsole nicht
       wirtschaftlich nutzen können“, sagt er. Man hätte in viel tiefere
       Gesteinsschichten bohren müssen, was wesentlich teurer ist. Die neuen,
       leistungsstarken und im Vergleich günstigeren Pumpen können die Thermalsole
       auf die nötige Temperatur bringen – werden sie mit erneuerbaren Energien
       betrieben, ist das klimaneutral.
       
       Im Grunde funktionierten die Pumpen wie ein Kühlschrank, nur umgedreht und
       so wie die Wärmepumpen, die sich Hausbesitzer:innen zunehmend in ihre
       Keller stellen. „Die Nutzung für die Fernwärmeversorgung ist jedoch
       komplexer“, sagt Franz, „aber jetzt können wir das, und darum können wir
       kostenmäßig mit Gaskraftwerken mithalten.“ Das erschließe die
       klimafreundliche Technologie für noch mehr Regionen. Wünschenswert wäre
       das, weil Erdwärme effizient ist: Wird eine Kilowattstunde Windstrom in
       Wasserstoff umgewandelt, lassen sich daraus 0,5 Kilowattstunden Wärme
       produzieren. Bei oberflächennaher Geothermie wird eine Kilowattstunde Strom
       eingesetzt, um 4 bis 5 Kilowattstunden Wärme zu erzeugen – bei
       Tiefengeothermie ist das Verhältnis 1 zu 30.
       
       Um Erdwärme aus der Tiefe nutzen zu können, benötigen Kommunen zwei Dinge:
       Die geologischen Voraussetzungen im Untergrund und ein Fernwärmenetz.
       Geologisch gut geeignet sind die Norddeutsche Tiefebene, das Mollassebecken
       in Bayern – also die Voralpenregion – und der Oberrheingraben in
       Südwestdeutschland. Über Fernwärmenetze verfügen nicht viele Kommunen: Nur
       14 Prozent aller Haushalte erhalten ihre Wärme aus einem zentralen Netz.
       
       Dabei sei es sinnvoll, die Wärmeversorgung dort, wo das möglich sei,
       zentral zu organisieren, sagt ein Sprecher vom Verband Kommunaler
       Unternehmen (VKU), es müsse nicht jeder in seinem Garten nach Erdwärme
       bohren. „Wärmenetze sind das Mittel der Wahl“, so der Sprecher. Zurzeit
       beruhen noch über 80 Prozent der Fernwärme auf fossilen Energieträgern wie
       Kohle und Gas. „Der zukünftige Erzeugungs- und Brennstoffmix wird
       vielfältiger, fossile Brennstoffe werden sukzessive ersetzt. Wir werden
       ganz unterschiedliche Energiequellen erschließen und in die Netze
       einbinden: Abwärme aus Industrieanlagen und thermischen
       Abfallbehandlungsanlagen, Solarthermie- oder Geothermieanlagen.“ Solar- und
       Geothermie tragen bislang im Fernwärmebereich nur zu einem Prozent am
       Wärmeverbrauch bei. Kurz gesagt: In Deutschland wird die Stube heute noch
       mit Gas oder Kohle geheizt; wenn erneuerbare Energien zum Zuge kommen,
       handelt es sich überwiegend um Biomasse wie Mais, Holz oder Abfall.
       
       Das Interesse der Stadtwerke an der Wärmewende – also mehr erneuerbare
       Energien in der Leitung – war lange Zeit eher gering, sagt Peter Seibt, „es
       war ja immer ausreichend kostengünstiges Erdgas vorhanden.“ Seibt ist
       Ingenieur und hat vor 30 Jahren in dem mecklenburgischen Städtchen
       Neubrandenburg das Ingenieurbüro Geothermie Neubrandenburg, GTN,
       mitgegründet. Inzwischen beschäftigt er 25 Ingenieure, Geologen und andere
       Mitarbeiter. Sein Büro plant, realisiert und betreut Geothermieprojekte für
       Stadtwerke, private Investoren und energieintensive Betriebe weltweit. Auch
       das Schweriner Projekt setzt GTN gemeinsam mit den Stadtwerken um.
       „Jahrelang habe ich um Termine angefragt, um die Technik vorzustellen“,
       sagt Seibt, „inzwischen ist es anders herum.“ Der hohe Gaspreis sorgt
       dafür, dass Tiefengeothermie-Projekte wettbewerbsfähig werden. Die
       Nachfrage aus den Kommunen sei riesig.
       
       Bislang liege Deutschland in der Nutzung „im Mittelfeld“, sagt Seibt, „wir
       sind kein typisches Geothermie-Land wie Island, Chile oder die Türkei.“ In
       vulkanischen Gebieten müsse man nicht so tief bohren und erreiche schneller
       höhere Temperaturen. Das ist effizienter und daher billiger. In Island mit
       seinen Geysiren etwa fließe heißes Wasser direkt unter dem Boden, „ganz
       Reykjavík wird mit Erdwärme geheizt“, sagt Seibt.
       
       Aber auch in Deutschland hat sein Büro Leuchtturmprojekte umgesetzt: Das
       neue Humboldt Forum in Berlin wird durch 115 jeweils 99 Meter tiefe
       Bohrlöcher gewärmt, der Reichstag ist in den „Technikverbund
       Parlamentsbauten“ in ein geothermisches System eingebettet. Reykjavík,
       Berlin – aber warum entsteht ein wegweisendes Modellprojekt für effiziente
       Tiefen-Geothermie gerade in Schwerin, wo die Ministerpräsidentin residiert,
       die am längsten an russischem Gas und Öl klebte?
       
       Neben den guten geologischen Voraussetzungen gibt es in der Gegend eine
       lange Tradition für Erdwärme. Anfang der 1980er Jahre begann sich die ewig
       klamme DDR nach Alternativen zu teuren, fossilen Rohstoffen umzusehen und
       entdeckte die Energie in der Tiefe. Deshalb läuft seit 1987 in Waren an der
       Müritz eine Geothermieanlage, ebenso im nahen Neustadt-Glewe. „Das ist der
       Charme der Geothermie“, sagt Seibt, „am Anfang sind die Kosten hoch, aber
       damit kaufen Sie sich quasi die Brennstoffe für die nächsten 30 Jahre.“ Das
       klingt – natürlich – leichter, als es ist.
       
       Das komplizierte Verfahren ist eine echte Hürde: Nehmen Stadtwerke ein
       Tiefen-Geothermie-Projekt in Angriff, benötigen sie zunächst ein
       geologisches Gutachten. Fällt es positiv aus, folgen bergrechtliche
       Genehmigungsverfahren, denn die Erdwärme ist ein sogenannter bergfreier
       Bodenschatz, wie Kupfer oder Erdgas, für dessen Abbau eine staatliche
       Erlaubnis erteilt wird. Sind die Genehmigungen eingeholt, werden
       Voruntersuchungen angestellt und schließlich eine Probebohrung
       durchgeführt. Liefert diese die erwarteten Ergebnisse, kann mit der zweiten
       Bohrung, der Planung und dem Bau der Anlagen sowie ihrer Integration ins
       Fernwärmenetz begonnen werden.
       
       In Schwerin hat dieser Prozess, trotz Erfahrung in der Region, mehr als
       acht Jahre gedauert. „Mit dem Wissen, das wir dabei gesammelt haben,
       bekommen wir das nächste Projekt in vier Jahren hin“, sagt René Tilsen. Mit
       der Anlage in Lankow soll nämlich noch lange nicht Schluss sein. Tilsen hat
       noch viel vor: Insgesamt zehn Anlagen könnten es am Ende werden, sagt der
       Vater dreier Kinder, „2035 will Schwerin klimaneutral heizen, das ist das
       Ziel“. Das ist ambitionierter als die Ziele der Bundesrepublik – 2030
       insgesamt 65 Prozent weniger Treibhausgase als 1990. Aber auch die sind
       happig.
       
       [2][Viele Brancheninsider bezweifeln, dass die Klimaziele im Wärmebereich
       erreichbar sind]. Aber sie sehen, andererseits, auch viel Dynamik:
       „Unternehmen wie Wintershall, die zu Öl- und Gasbohrungen Alternativen
       suchen, drängen in die Geothermie“, sagt Norman Gerhardt vom
       Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesysteme (IEE) in
       Kassel. „Die Öl- und Erdgasbranche verfügt über ein großes Know-how in der
       Bohrtechnik, das ist vielversprechend.“ Andererseits bleibe die Geothermie
       gegenüber anderer grüner Wärme eine teurere und aufwändige Technik. Am Ende
       müsse jede Kommune aufgrund ihrer lokalen Voraussetzungen und Bedingungen
       entscheiden, welche Mischung verschiedener Energiequellen sich bei ihr
       anbiete.
       
       Gibt es energieintensive Industriebetriebe mit großen Mengen an Abwärme?
       Liegt die Kommune an einem breiten Strom wie dem Rhein, der als
       kostengünstige Wärmequelle dienen kann? Die Kommunen müssten entscheiden,
       ob sie in den Ausbau der Fernwärmenetze investierten oder lieber in
       Nahwärmenetze, sagt Gerhardt. Diese entstehen, wenn Gebäudeeigentümer im
       Quartier gemeinsam Oberflächen-Geothermieprojekte angehen, mit Bohrtiefen
       unter 400 Metern. „Die Lösungen werden komplex und vielschichtig sein“,
       sagt Gerhardt, „Tiefengeothermie ist hier ein wichtiger Baustein, aber die
       eine Lösung für alle gibt es nicht.“
       
       ## Ein Booster der Bundesregierung
       
       Für die Stadtwerke ist das eine riesige Herausforderung. Um sie zu
       meistern, braucht es einen ordentlichen Schub. Das findet auch das
       Bundeswirtschaftsministerium und nennt seine vor wenigen Tagen gestartete
       „Bundesförderung für effiziente Wärmenetze“ – BEW – einen Booster für die
       grüne Fernwärme. Bis 2026 will sie die erneuerbare Wärmeerzeugung etwa aus
       Geo- oder Solarthermie mit rund drei Milliarden Euro fördern.„Die Idee des
       Förderprogramms ist gut“, sagt André Deinhardt, Geschäftsführer des
       Bundesverbandes Geothermie, „das Programm selber nicht.“ Erstens sei es zu
       bürokratisch. Die Stadtwerke müssten für eine Förderung nachweisen, welchen
       wirtschaftlichen Vorteil sie erzielen, wenn sie statt eines Gaskraftwerks
       eine Geothermieanlage bauten. „Wie wollen Sie das berechnen?“, fragt
       Deinhardt, „wie hoch wollen Sie die Gaspreise oder die Inflation in zehn
       Jahren veranschlagen?“
       
       Außerdem gibt es ein weiteres Problem: Wenn die Stadtwerke bei einer
       Probebohrung am Ende feststellten, dass Tiefen-Geothermie bei ihnen doch
       nicht möglich oder wirtschaftlich nutzbar wäre, bleiben sie bislang auf den
       Kosten dafür sitzen. Das kommt zwar selten vor, kann aber Beträge zwischen
       einer und zehn Millionen Euro erreichen – der Albtraum jedes Kämmerers.
       „Einer kleinen Gemeinde können Sie das nicht zumuten“, sagt Deinhardt, „die
       kann ein solches Risiko nicht eingehen.“ Darum müsse eine sogenannte
       Fündigkeitsversicherung in das Förderprogramm herein und die
       Wirtschaftlichkeitsprüfung heraus.
       
       Das Wirtschaftsministerium habe viel vor und gute Ideen, sagt Deinhardt.
       Aber seit Beginn des Ukraine-Krieges im Februar gehe es mehr um
       kurzfristige Lösungen, „und strategische Dinge wie die Förderung in
       effiziente Netze kommen zu kurz“. Investitionen in Geothermie seien auch
       eine soziale Frage, sagt Deinhardt: „Lebe ich in einer Gemeinde wie zum
       Beispiel München, die so reich ist, dass sie sich Erdwärme schon leisten
       konnte? Oder musste die Gemeinde beim Gas bleiben und schickt mir als
       Kunden jetzt hohe Rechnungen?“ Und wirklich: Die Vorreiter für
       Tiefen-Geothermie sitzen vor allem im reichen Süden und Südwesten. Aber
       eben nicht nur. Denn neben den geologischen Voraussetzungen und Geld, da
       sind sich Experten einig, ist noch etwas nötig, damit sich vor Ort etwas
       bewegt: „Sie brauchen engagierte Leute, die das wollen, die sich Themen wie
       das Bergrecht oder Geologie erschließen“, sagt Seibt. „Damit hatten
       Stadtwerke ja bislang nichts zu tun“.
       
       Es braucht Leute wie René Tilsen. „Wir sind doch sowieso schon viel zu
       spät“, sagt der, als er von der Baustellenbesichtigung in Lankow zurück zum
       alten Heizkraftwerk geht. Der Tankwagen ist inzwischen weg. „Wir haben die
       Technik und das Wissen, das wir brauchen“, sagt Tilsen, „wir müssen jetzt
       einfach loslegen.“
       
       27 Sep 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Physiker-ueber-Heizen-mit-Wasserstoff/!5868793
 (DIR) [2] /Daten-des-Umweltbundesamts/!5838378
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Heike Holdinghausen
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Energiekrise 
 (DIR) Schwerpunkt klimaland
 (DIR) Energiewende
 (DIR) GNS
 (DIR) Lesestück Recherche und Reportage
 (DIR) Energiewende
 (DIR) Erneuerbare Energien
 (DIR) Erneuerbare Energien
 (DIR) Energiewende
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Lesestück Recherche und Reportage
 (DIR) Energiekrise 
 (DIR) Grünes Wachstum
 (DIR) Lesestück Recherche und Reportage
 (DIR) Klima
 (DIR) Energiespeicher
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Geothermie in Bayern: Das Risikokraftwerk
       
       Eine kanadische Firma will bei München ein neuartiges Erdwärmeprojekt
       realisieren. Wissenschaftler äußern Bedenken gegen die Technik.
       
 (DIR) Bundeskanzler in Afrika: Scholz beim „Klimachampion“
       
       In Kenia besucht der Kanzler Afrikas größtes Erdwärmekraftwerk. Von dort
       könnte in Zukunft grüner Wasserstoff für Deutschland kommen.
       
 (DIR) Wärme- statt Erdgasförderung: Gasbohren hatte doch einen Sinn
       
       Aus einen ehemaligen Erdgasbohrloch will die niedersächsische Gemeinde
       Munster künftig Erdwärme fördern. Das könnte ein Modell fürs ganze Land
       sein.
       
 (DIR) Förderung von grüner Fernwärme: Der „Booster“ blockiert
       
       Eine neue Förderung des Bundes soll „grüne“ Wärmenetze voranbringen. Doch
       die verantwortliche Behörde kommt bei den Anträgen nicht hinterher.
       
 (DIR) Energiequelle mit Potenzial: Abwärme oft ungenutzt
       
       Die gestiegenen Energiepreise rücken Abwärme als Energiequelle ins
       Blickfeld. Für die effiziente Nutzung fehlen jedoch Daten und Wärmenetze.
       
 (DIR) Stendal und sein Biomassekraftwerk: Es stinkt, aber das Kraftwerk läuft
       
       Industrieanlagen nutzen viel zu wenig grünen Strom. Außer in Stendal. Wo
       einst ein AKW geplant war, steht nun Deutschlands größtes
       Biomassekraftwerk.
       
 (DIR) Vermeintliche Flyer von Wintershall Dea: „Abkehr vom Gasgeschäft“
       
       Fake-Flyer mit Logos von Wintershall Dea suggerierten, der Konzern wolle
       Gewinne aus dem Russland-Geschäft an die Bevölkerung abgeben. Was ist dran?
       
 (DIR) Streit um Energiewende: Wissen und Wärmepumpen
       
       Im Streit um schleppende Transformationen taugen Detailaufnahmen besser zum
       Verständnis als große Theorien. Eine Zeitungsschau zur Zeitenwende.
       
 (DIR) Embargo gegen Russland: Auf Öl gebaut
       
       Die Raffinerie in Schwedt wird in großen Teilen mit russischem Öl versorgt.
       Es gibt Pläne für den Öko-Umbau der Region. Aber das dauert.
       
 (DIR) Umweltexperte zu Nordstream2: „Entweder Pipeline oder Klimaziele“
       
       Als Brücken-Rohstoff für den Kohle- und Ölausstieg ist Erdgas nicht
       geeignet, sagt DUH-Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner.
       
 (DIR) Erdwärme-Bohrungen in Hamburg: So tief wie nie zuvor
       
       Erstmals in Norddeutschland soll Tiefengeothermie zum Heizen von Wohnungen
       genutzt werden. Das Projekt ist Teil der Hamburger Energiewende.