# taz.de -- Wegen Corona-Pandemie: Einreisestopp für Erntehelfer
       
       > Damit sich weniger Menschen infizieren, dürfen 300.000 Saisonarbeiter in
       > der Landwirtschaft nicht mehr einreisen. Spargel dürfte teurer werden.
       
 (IMG) Bild: Schlecht bezahlte Knochenarbeit: Erntehelfer stechen den ersten Spargel in Brandenburg
       
       BERLIN taz | Wegen [1][der Coronapandemie] dürfen osteuropäische
       Erntehelfer und andere Saisonarbeitskräfte der Landwirtschaft nicht mehr
       nach Deutschland einreisen. „Die neuen Einreisebeschränkungen für
       Saisonarbeiter gelten ab Mittwoch 17 Uhr und gelten bis auf weiteres“,
       teilte das Bundesinnenministerium der taz mit. Es begründete die Maßnahme
       mit der großen Zahl Personen, die andernfalls kommen würden, obwohl soziale
       Kontakte reduziert werden sollten, um die Ausbreitung des Virus zu bremsen.
       Wegen der Maßnahme könnte das Angebot beispielsweise von Spargel sinken,
       die Preise steigen.
       
       Zwar waren laut Statistischem Bundesamt 2016 [2][nur 286.000 der 940.000
       Arbeitskräfte] in der deutschen Landwirtschaft saisonweise – also bis 6
       Monate – beschäftigt. Doch gerade „Sonderkulturen“ wie Spargel oder
       Erdbeeren werden größtenteils von Saisonkräften aus Rumänien oder Polen
       geerntet. Bei dem Job werden für vergleichsweise geringe Löhne körperlich
       anstrengende Tätigkeiten erledigt. Meist wird nur der Branchenmindestlohn
       in Höhe von 9,35 Euro brutto gezahlt, von dem oft auch noch etwas für die
       Unterkunft abgezogen wird.
       
       „Die Grundversorgung mit Lebensmitteln ist auch ohne Saisonarbeitskräfte
       weitgehend gesichert“, sagte Sebastian Lakner, Professor für Agrarökonomie
       an der Universität Rostock, der taz. Rund 55 Prozent der Kulturen auf
       Ackerflächen in Deutschland seien bereits im Herbst ausgesät worden.
       „Grundnahrungsmittel wie Getreide, Kartoffeln werden vor allem maschinell
       geerntet“, ergänzte das Bundesagrarministerium. „Der Selbstversorgungsgrad
       in Deutschland liegt hier bei über 100 Prozent, genauso wie etwa bei
       Schweinefleisch, Käse und weiteren wichtigen Erzeugnissen.“
       
       Engpässe könnte es Lakner zufolge vor allem bei der Spargel- und danach der
       Erdbeerente sowie im Gemüse- und Obstanbau geben. Da die Produktion auch in
       Südeuropa wegen Corona unter Druck gerät, könnten die Importe
       beispielsweise aus Spanien sinken.
       
       ## Bauernverband für lockerere Regeln
       
       „Das Einreiseverbot für unsere Saisonarbeitskräfte trifft unsere Betriebe
       in der jetzigen Phase sehr hart“, sagte der Präsident des Deutschen
       Bauernverbandes, Joachim Rukwied. „Dieser Einreisestopp muss [3][so kurz
       wie möglich] gehalten werden. Unsere Betriebe sind bereit, jegliche
       Maßnahmen zum Infektionsschutz umzusetzen.“
       
       Rukwied forderte Erleichterungen, „um Menschen in und aus Deutschland
       beschäftigen zu können“. Die bisherigen Lockerungen der
       Hinzuverdienstmöglichkeiten unter anderem für Bezieher von Kurzarbeitergeld
       reichten nun nicht mehr aus. Er verlangte, auch die Höchstbeträge für
       geringfügige Beschäftigungsverhältnisse zu erhöhen, für die weniger
       Sozialabgaben fällig werden.
       
       ## Gewerkschaft: Bauern müssen mehr zahlen
       
       „Das hilft ja jetzt auch nicht, alle möglichen Leute in eine geringfügige
       Beschäftigung zu treiben“, antwortete Harald Schaum, Vize-Vorsitzender der
       Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt. Stattdessen sollten die
       Arbeitgeber die Löhne erhöhen. „Würden die Löhne für Saisonarbeit über dem
       gesetzlichen Mindestlohn sein, würde man mehr Beschäftigte aus dem Inland
       bekommen“, sagte Schaum der taz. Betriebe, die bereits bessere Bedingungen
       anbieten, bewiesen das. Etwas höhere Löhne würden die Preise nur wenig
       steigern.
       
       Das Agrarministerium will nun branchenfremde Arbeitskräfte im Inland
       gewinnen. Bis Dienstagabend hätten 15.000 Menschen auf der vom Ministerium
       unterstützten Job-Vermittlungsplattform [4][daslandhilft.de] ihre
       Unterstützung angeboten. Man spreche zudem derzeit mit dem Innenministerium
       darüber, Asylbewerbern ohne Arbeitserlaubnis eine Saisontätigkeit in der
       Landwirtschaft zu ermöglichen.
       
       Die migrationspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Filiz
       Polat, bezeichnete den Einreisestopp für Saisonarbeitskräfte als „nicht
       nachvollziehbar“. Eine Einreisesperre, die nur ausländische Erntehelfer
       treffe, während andere Berufsgruppen weiterhin einreisen dürften, sei zudem
       „europarechtlich fragwürdig“. Es sei nun „unerlässlich, dass der Bund sich
       mit den betroffenen Bundesländern auf ein abgestimmtes weiteres Vorgehen
       einigt“. (mit afp)
       
       25 Mar 2020
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [2] https://www.destatis.de/DE/Themen/Branchen-Unternehmen/Landwirtschaft-Forstwirtschaft-Fischerei/Landwirtschaftliche-Betriebe/Tabellen/arbeitskraefte-bundeslaender.html
 (DIR) [3] https://www.bauernverband.de/presse-medien/pressemitteilungen/pressemitteilung/einreisestopp-fuer-saisonarbeiter-aus-osteuropa
 (DIR) [4] https://www.daslandhilft.de/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jost Maurin
       
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