# taz.de -- Zahl der Schwangerschaftsabbrüche 2018: Mehr medikamentöse Abbrüche
       
       > 2018 gab es geringfügig weniger Schwangerschaftssabbrüche als 2017. Die
       > Zahl der Abbrüche mit Mifegyne steigt.
       
 (IMG) Bild: Der medikamentöse Abbruch gilt als risikoarm – und Deutschland hinkt trotzdem damit hinterher
       
       BERLIN taz | 100.986 Schwangerschaften wurden im Jahr 2018 in Deutschland
       abgebrochen. Das sind 223, also 0,2 Prozent weniger als im Vorjahr. Von
       2014 bis 2016 lag die absolute Zahl der Schwangerschaftsabbrüche immer
       unter 100.000-Marke. Als diese dann [1][im Jahr 2017 wieder überschritten
       wurde], spekulierten verschiedene Akteure über die Gründe des Anstiegs und
       verbreiteten ohne fundierte Hinweise Alarmstimmung.
       
       Ein weiterer Anstieg innerhalb der Gesamtstatistik ist erkenntbar: Immer
       mehr Schwangerschaften – 23 Prozent in 2018 – werden medikamentös
       abgebrochen, also mit dem Medikament Mifegyne. [2][Gynäkologin Nora Szász]
       sieht diese Entwicklung sehr positiv. Sie macht seit Jahren sehr gute
       Erfahrungen mit der Methode und wünscht sich, dass noch mehr Ärzt*innen
       diese anbieten.
       
       Denn Deutschland hinkt im Ländervergleich stark hinterher, obwohl der
       medikamentöse Abbruch als sicher und risikoarm gilt: In anderen
       europäischen Ländern werden 50 bis 80 Prozent der Abbrüche, in der Schweiz
       beispielsweise 65 Prozent, auf diese Art durchgeführt. In Deutschland waren
       es im Jahr 2014 noch 17,6 Prozent, die 20 Prozent wurden erstmals im Jahr
       2016 erreicht.
       
       In ihrem Alltag sieht Szász, dass Patientinnen eher den medikamentösen
       Abbruch bevorzugen. Deshalb ist sie über die jüngsten Entwicklungen
       innerhalb der Berufsgruppe auch selbst sehr glücklich: Noch bis vor kurzem
       wurde auf Kongressen und anderen Veranstaltungen für Gynäkolog*innen kaum
       über Schwangerschaftsabbrüche geredet, Weiter- und
       Fortbildungsmöglichkeiten gab es kaum.
       
       ## Kostenübernahme für Verhütungsmittel
       
       Das ist gerade im Umbruch: [3][Auf Eigeninitiative der Gynäkologinnen]
       Christiane Tennhardt und Jana Maeffert hin gibt es jetzt einen Leitfaden
       und eine App, die Ärzt*innen und Patientinnen zum medikamentösen
       Schwangerschaftsabbruch mit Informationen versorgen. Zum ersten Mal gab es
       am Freitag bei einer offiziellen Veranstaltungen der Frauenärztlichen
       Bundesakademie einen Vortrag dazu von Gynäkologin Christiane Tennhardt.
       Frauenärztin Gabriele Halder arbeitet oft mit Tennhardt zusammen und hofft,
       mit dem Thema jetzt den Fuß in die Tür bekommen zu haben. Der leichte
       Anstieg der medikamentösen Abbrüche zeigt für sie noch keine richtige
       Veränderung. Nach wie vor bieten zu wenig Ärzt*innen die Methode und
       generell Schwangerschaftsabbrüche an.
       
       Das wird auch deutlich, wenn man noch eine Zahl [4][der neuesten Statistik
       beachtet]: Acht Prozent, das sind 8.080 Frauen, haben für ihren
       Schwangerschaftsabbruch das Bundesland, in dem sie wohnen, verlassen. Auch
       das ist darauf zurückzuführen, dass noch zu wenig Ärzt*innen die
       medikamentöse Methode anbieten. Gleichzeitig bieten immer weniger
       gynäkologische Praxen operative Eingriffe im Allgemeinen – und somit auch
       den operativen Abbruch im Speziellen – an.
       
       Was in der Statistik außerdem auffällig ist: Die meisten
       Schwangerschaftsabbrüche lassen Frauen im Alter zwischen 25 und 35 Jahren
       durchführen. Genaue Studien zu den Gründen gibt es hierfür nicht, gemutmaßt
       wird allerdings, dass der Trend „weg von hormonellen Verhütungsmethoden“
       mit dafür verantwortlich ist.
       
       Nora Szász sieht hier noch andere Gründe: Zum einen gibt es für Zyklus-Apps
       keine gute Qualitätskontrolle. Und auf diese Zyklus-Apps steigen viele
       junge Frauen um, die nicht mehr die Pille nehmen wollen. Zum anderen ist
       die Beratung zu nicht-hormonellen Verhütungsmethoden und der Pille danach
       nicht immer kompetent. Darüber hinaus gibt es keine generelle
       Kostenübernahme für Verhütungsmittel durch die Krankenkassen. Das bringe
       vor allem junge Frauen mit begrenzten finanziellen Mitteln in die Situation
       einer ungewollten Schwangerschaft, erzählt Szász aus ihren Erfahrungen.
       
       27 Feb 2019
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [2] /Gynaekologin-zu-219a-Entwurf/!5565834
 (DIR) [3] https://dgpfg.de/wissenschaft/projekte-aktuell/
 (DIR) [4] https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2019/02/PD19_070_233.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Juliane Fiegler
       
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