# taz.de -- Zivile Luftbrücke nach Afghanistan: Rettung per Charterflug
       
       > NGOs und Flüchtlingsorganisationen wollen eine zivile Luftbrücke nach
       > Afghanistan aufbauen, gechartertes Flugzeug inklusive. Details sind noch
       > unklar.
       
 (IMG) Bild: 40.000 Menschen sollen vergangene Woche für die Aufnahme afghanischer Flüchtlinge protestiert haben
       
       BERLIN taz | Flüchtlingspolitische Organisationen wollen eine zivile
       Luftbrücke nach Afghanistan aufbauen. „Wir haben einen Charterflug nach
       Kabul, um die Evakuierung zu unterstützen“, erklärte Erik Marquardt, der
       für die Grünen im Europaparlament sitzt und sich seit Jahren in der
       Flüchtlingspolitik engagiert. In einem [1][Videostatement] am Montagabend,
       das sich rasant über Twitter verbreitete, ruft Marquardt zu Spenden für die
       „Kabul Luftbrücke“ auf. Zahlreiche Nutzer*innen schrieben, dass sie
       bereits gespendet hätten.
       
       „Es wird eine Zeit geben, da muss man das Versagen dieser Bundesregierung
       aufarbeiten, aber jetzt ist erst mal die Zeit der Rettung, der
       Evakuierung“, sagt Marquardt in dem Video. Es verweist auf die [2][Website
       „kabulluftbruecke.de“] von Marquardts Verein Civil Fleet, den er eigentlich
       für Seenothilfe im Mittelmeer gegründet hat.
       
       Die Rettungsaktion für Afghanistan haben Initiativen und Bündnisse wie
       Leave no one behind, Seebrücke, Sea Watch und weitere humanitäre NGOs ins
       Leben gerufen – „auch in Absprache mit der Bundesregierung“, wie Marquardt
       sagt. Mit den Spenden wolle man weitere Charterflüge finanzieren. „Je mehr
       gespendet wird, desto mehr Menschen haben die Chancen auf Evakuierung.“
       
       Auf dem Telegram-Kanal der Initiative Leave no one behind heißt es, dass
       der erste Flug bereits durch Spenden finanziert sei und am Mittwoch abheben
       soll. Dies sei jedoch nur der Anfang: Man habe „Listen von Personen, die
       gerettet werden müssen“ – und das Zeitfenster für Evakuierungen könne sich
       jederzeit schließen. Gleichzeitig warnte die Initiative Betroffene davor,
       einfach so zum Flughafen zu kommen. Jeder, der mitgenommen werden könne,
       werde persönlich informiert. Es sei „sehr gefährlich, einfach zum Flughafen
       zu kommen, ohne dazu aufgefordert worden zu sein“, heißt es.
       
       ## Kritik an „deutscher Bürokratie“
       
       Wie genau die zivile Luftbrücke funktionieren soll, ist derzeit allerdings
       noch unklar: Also etwa, in welchem Bereich des Kabuler Flughafens ein
       ziviler Charterflieger landen soll. Ebenso ist offen, wie Menschen der
       sichere Zugang zum Flughafen ermöglicht werden soll, welche Personengruppen
       durch Charterflieger gerettet werden könnten oder wohin genau diese
       ausgeflogen werden sollen. Auf taz-Anfragen hieß es am Dienstag, dass noch
       keine Pressearbeit dazu stattfinde, weil derzeit „operative Fragen im
       Vordergrund“ stünden. Angesichts der komplexen Lage sei es schwierig,
       Details herauszugeben.
       
       Aus Kreisen des Auswärtigen Amts war zu hören, dass die Bundesregierung
       tatsächlich im Austausch mit der Initiative Luftbrücke Kabul steht. Ziel
       sei es, so viele schutzbedürftige Personen wie möglich zu evakuieren, wobei
       man auch private Anstrengungen unterstütze. Die Entscheidung, ob private
       Maschinen eine Landeerlaubnis in Kabul erhalten können, liege allerdings
       nicht bei der Bundesregierung. Die US-Regierung habe die Kontrolle über die
       Flugbewegungen und werde eine Entscheidung mit Blick auf die
       Sicherheitslage treffen.
       
       Die Luftbrücke Kabul hat sich wohl auch deswegen aufgestellt, weil es viel
       Kritik an bürokratischen Hürden beim Evakuierungseinsatz der Bundeswehr
       gibt. In einem FAQ auf der Website der Kabuler Luftbrücke heißt es auf die
       Frage „Warum macht das nicht die Regierung?“: „Das fragen wir uns auch.“
       Man arbeite zwar eng mit dem Lagezentrum und dem Einsatzführungskommando
       zusammen. Aber: „Die bürokratischen Abläufe der deutschen Bürokratie
       verhindern jedoch an vielen Stellen Flexibilität, die wir sicherstellen
       können.“
       
       Weiter heißt es, dass Formalia bereits geklärt seien und man mit Hunderten
       Menschen in Kontakt stehe. Zudem erwarte man, dass sich die Möglichkeiten
       zum Flughafen zu kommen in den nächsten Tagen verbessern würden – „sei es
       auf dem Land oder auf dem Luftweg“. Sollte der Flughafen dichtgemacht
       werden und es keine Möglichkeiten mehr für eine Luftbrücke geben, wollen
       die Organisationen das Geld „für die humanitäre Hilfe und Menschen auf der
       Flucht einsetzen“.
       
       Angesichts der dramatischen Situation in Afghanistan gab es in der
       vergangenen Woche nach Angaben des Bündnisses Seebrücke bundesweit über 100
       Aktionen und Kundgebungen von insgesamt 40.000 Personen für die Aufnahme
       Geflüchteter aus Kabul. Konkrete Forderungen finden sich auch auf der
       Website der Luftbrücke: unbürokratische Hilfe, Evakuierung für alle von den
       Taliban gefährdeten Personen, so viele Flüge wie möglich und keine
       Kriminalisierung von Flucht.
       
       24 Aug 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://twitter.com/ErikMarquardt/status/1429894600471289861
 (DIR) [2] https://www.kabulluftbruecke.de/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gareth Joswig
       
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