# taz.de -- taz-Talk zur Berlin-Wahl (2): Lederer legt Giffey Rücktritt nahe
       
       > Der Spitzenkandidat der Linken hält sich mit Angriffen auf die
       > politischen Gegner zurück. Doch bei der Enteignungs-Frage wird Klaus
       > Lederer deutlich
       
 (IMG) Bild: Linkspartei-Spitzenkandidat Klaus Lederer war Freitagabend Gast beim taz-Talk zur Wahlwiederholung
       
       BERLIN taz | Nicht haltbare Versprechungen? Plumpe Gegnerschelte?
       Ideologische Floskeln? Nicht mit Klaus Lederer. Da können die
       taz-Interviewer Anna Klöpper und Bert Schulz, Co-Chefs der
       Berlin-Redaktion, am Freitabend beim zweiten taz-Wahltalk zur
       Wiederholungswahl am 12 Februar noch so versiert fragen und nachhaken: Der
       Kultursenator und Spitzenkandidat der Berliner Linkspartei wird sich auch
       in der Schlussphase des Wahlkampfs nicht untreu. Selbst bei den eigenen
       Leuten, [1][beim Landesparteitag vor einer Woche,] waren die markigen,
       nicht immer ganz an der Sache orientierten Sprüche eingangs von der
       Parteichefin gekommen, nicht aber danach in Lederers Auftritt, dem
       eigentlichen Haupt-Act des Abend.
       
       Egal, ob beim Thema Enteignung, beim Sozialticket für 9-Euro oder bei
       schnellerem Schulbau: Beim taz-Talk via Stream am Freitagabend lässt sich
       Lederer weder provozieren noch zu Ausfälligkeiten verleiten. Ein typischer
       Satz von ihm ist wie folgt aufgebaut: Werde die Linkspartei gewählt, werde
       man sich bemühen/dafür einsetzen/dafür kämpfen, dass etwas passiert. „Ich
       sage nicht, Schnipp, wählt uns, und alles wird gut.“ Als schlechtes
       Beispiel gilt ihm der Umgang seines Koalitionspartners SPD mit dem
       Lehrermangel: die [2][Verbeamtung von Lehrern] als Lösung aller Probleme
       darzustellen, „das war Augenwischerei“.
       
       Auf die Bitte, einen Satz zu vervollständigen, der nach der größten Stärke
       des bei der Linkspartei nicht sonderlich beliebten Bausenators Andreas
       Geisel (SPD) fragt, bleibt Lederer ganz einfach: stumm. Das sagt weit mehr
       als jede abfällige Bemerkung, die auch unter dem Niveau eines Mannes wäre,
       der en passant Max Weber zitiert, und auch Mark Twain. Letzteren nicht etwa
       mit einer Tom-Sawyer-Anekdote, sondern mit dem Satz: „Prognosen sind
       schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen.“ Vor diesem Wahl-Talk
       indes noch nicht gehört: Der Begriff „Dilemma-Management“, bei Lederer eine
       Variante der Krisenbewältigung.
       
       Das Maximum an Klassenkampf, das in der einen Stunde des taz-talks von ihm
       kommt, ist die Zuschreibung an die FDP, sie tue im Bundestag alles dafür,
       dass die Reichen noch reicher würden. Ansonsten behandelt Lederer selbst
       ein Top-Thema seiner Partei, die Enteignung großer Wohnungsunternehmen,
       gemäß dem im September 2021 erfolgreichen Volksentscheid: sachlich
       nüchtern.
       
       Während Regierungschefin Franziska Giffey, zugleich SPD-Landesvorsitzende,
       [3][Gewissensgründe gegen die Enteignung] anführt und Senator Geisel
       [4][Enteignung „wirtschaftlich verrückt“ n]ennt, verweist Lederer auf das
       klare Ergebnis des Volksentscheids mit 57,6 Prozent Ja-Stimmen. Er führt
       die Studie einer – allerdings sehr Linkspartei-nahen – Stiftung an und die
       Möglichkeit, nötigenfalls einen neuen Volksentscheid zu starten. Bei dem
       würde dann seiner Meinung nach am besten gleich das für Enteignungen nötige
       Gesetz beschlossen.
       
       Angesprochen auf Giffeys ablehnende Haltung zu Enteignungen verweist
       Lederer auf einen anders lautenden SPD-Parteitagsbeschluss von 2022. Und
       baut darauf ganz ruhig und ohne jeglichen Schaum vor dem Mund seine weit
       reichendste Forderung des Abend aufs, nämlich die indirekte Empfehlung an
       Giffey, zurück zu treten. Er sei ja wie Giffey Spitzenkandidat einer
       Partei, sagt Lederer: „Wenn ein Landesparteitag etwas beschließen würde,
       das ich nicht mit meinem Gewissen vereinbaren kann, dann wüsste ich, was
       ich tue.“
       
       20 Jan 2023
       
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