# taz.de -- Einkaufsführer des WWF: Finger weg vom Billig-Fleisch
       
       > Zum ersten Mal fordert der Umweltverband WWF deutlich, auf
       > konventionelles Fleisch zu verzichten. Bio sei erste Wahl. Dem
       > Bauernverband passt das nicht.
       
 (IMG) Bild: Augen auf beim Hähnchenschenkel-Kauf!
       
       BERLIN taz | Die Umweltorganisation WWF rät erstmals klar von konventionell
       produziertem Fleisch ab. Auch herkömmliche Ware mit dem QS-Siegel stuft der
       Verband in seinem am Dienstag veröffentlichten Einkaufsführer „[1][Fleisch
       und Wurst]“ (pdf) in die Kategorie „Lieber nicht“ ein. Demnach „verfehlen
       über 90 Prozent der in Deutschland angebotenen Fleisch- und Wurstwaren die
       Mindestanforderungen an ökologische Nachhaltigkeit“.
       
       Rinder, Schweine und Geflügel würden meist mit gentechnisch verändertem
       Soja aus Monokulturen in Südamerika gefüttert, erklärten die Umweltschützer
       zur Begründung. Für den Anbau würden oft wertvolle Wälder abgeholzt, sodass
       Tier- und Pflanzenarten aussterben und Treibhausgas entweicht. In
       Deutschland belaste die Gülle aus den Ställen Gewässer und Artenvielfalt.
       Außerdem hätten die Tiere nicht genug Platz und Möglichkeiten, „ihre
       natürlichen Verhaltensweisen auszuleben“.
       
       Deshalb fordert der WWF dazu auf, „weniger und dafür besseres Fleisch“ zu
       essen. Statt wie bislang bis zu 600 Gramm pro Woche empfiehlt die
       Organisation nun nur die Hälfte, nachdem mehrere aktuelle Studien das
       Ausmaß der Umweltschäden durch die Fleischproduktion gezeigt hätten.
       
       Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung rät aus gesundheitlichen Gründen,
       maximal 300 bis 600 Gramm Fleisch zu essen. „Ich freue ich mich auch über
       jeden Veganer, der den Gesamtkonsum senkt“, sagte WWF-Agrarexperte Markus
       Wolter der taz.
       
       ## Neuland nur zweite Wahl
       
       Als „Gute Wahl“ bezeichnet der WWF nur Ware mit dem EU-Biosiegel und
       europäisches Wildfleisch aus nachhaltiger, regulierter Jagd. Laut
       Ökoverordnung müssen Biotiere zum Beispiel meist doppelt so viel Platz wie
       konventionelle Artgenossen haben, überwiegend in kleineren Gruppen gehalten
       werden und Auslauf bekommen. Das Futter muss ohne chemisch-synthetische
       Pestizide und Kunstdünger erzeugt werden.
       
       Das „Neuland“-Siegel ist für die Umweltschützer anders als in früheren
       Stellungnahmen lediglich noch „zweite Wahl“. Zwar verlangt es
       beispielsweise Auslauf und Stroh-Einstreu. Aber: „Der Einsatz von
       Pestiziden und Kunstdünger im Ackerbau ist nach wie vor erlaubt.“ Deutsches
       Weidefleisch ist laut WWF ebenfalls nur zweite Wahl, weil ein einheitliches
       Siegel fehle, das die Produktionsbedingungen garantieren könnte.
       
       „Es gibt sehr gute ökologische Gründe, Fleisch in Maßen zu essen“, ergänzte
       WWF-Fachmann Wolter. So sei zum Beispiel in Teilen der Sahelzone, Botswanas
       oder der Mongolei Ackerbau unmöglich. „Da sind Wiederkäuer die Möglichkeit,
       hochwertige Protein-Lebensmittel zu produzieren.“ Im Alpenvorland, dem Harz
       oder der Röhn etwa sei die Tierhaltung „die für die Artenvielfalt beste Art
       und Weise, Lebensmittel zu produzieren“.
       
       In diesem Punkt war sich Wolter mit dem Deutschen Bauernverband einig.
       Ansonsten kritisierte die Agrarorganisation in einer Stellungnahme für die
       taz die WWF-Empfehlungen scharf. Alle tierischen Produkte würden die
       Gesetze zum Tier-, Natur- und Umweltschutz erfüllen. Zudem liefere
       einheimisches Futter und nicht Import-Soja 70 Prozent des Eiweißbedarfs der
       Nutztiere in Deutschland.
       
       12 May 2015
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/WWF-Einkaufsratgeber_Fleisch_und_Wurst.pdf
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jost Maurin
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Neuland
 (DIR) WWF
 (DIR) Bio-Lebensmittel
 (DIR) Fleischkonsum
 (DIR) Betrug
 (DIR) Geflügel
 (DIR) Landwirtschaft
 (DIR) Landwirtschaft
 (DIR) Klima
 (DIR) Fleischindustrie
 (DIR) Hinduismus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Reform nach „Neuland“-Fleisch-Skandal: Siegel soll glaubwürdiger werden
       
       Die Organisation für tiergerechtere Haltung verschärft ihre Richtlinien.
       Damit schließt sie endlich ein Schlupfloch für Betrüger.
       
 (DIR) Charta der Geflügelwirtschaft: Putenparadies Deutschland
       
       Mit einer selbstverpflichtenden Charta wollen deutsche Züchter „das beste
       Geflügelland der Welt“ werden. Kritiker halten das Papier für ein
       Werbeprospekt.
       
 (DIR) Grünen-Politiker über Tierhaltung: „600 Kühe sind viel zuviel“
       
       Nicht alle großen Bauernhöfe sind schlecht, sagt Grünen-Agrarexperte
       Ostendorff. Doch für Vieh und Anwohner sei es besser, die Zahl der Tiere zu
       begrenzen.
       
 (DIR) Agrarbetriebe im Vergleich: Klein und trotzdem gemein
       
       Das Kriterium Betriebsgröße taugt nicht, um einen Bauernhof zu beurteilen.
       Viele kleine Höfe quälen ihre Tiere, auch Große sind bio.
       
 (DIR) Probleme der UN-Nachhaltigkeitsziele: Ein Erdball zu wenig
       
       Umweltexperten warnen davor, dass der Bedarf an Boden die neuen
       Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen gefährdet. Das Land wird knapp.
       
 (DIR) Lohndrückerei in der Fleischindustrie: Zerleger werden ausgebeutet
       
       In Niedersachsens Schlachthöfen herrschen mit Nettolöhnen von weniger als
       vier Euro und 70-Stunden-Wochen frühkapitalistische Arbeitsbedingungen. SPD
       und Grüne wollen gegensteuern.
       
 (DIR) Konflikt um Indiens Rindfleischproduktion: Kein Steak von Ihrer Heiligkeit
       
       Rindfleisch vom Subkontinent ist weltweit beliebt, auch weil es von
       freilebenden Tieren stammt. Radikale Hindus wollen den Handel nun stoppen.