# taz.de -- Kommentar Syrien-Krieg: Die Hölle ist nicht nur in Jarmuk
       
       > Die IS-Präsenz lenkt den Blick auf Jarmuk. Dabei terrorisiert das
       > Assad-Regime den Stadtteil schon seit vielen Jahren.
       
 (IMG) Bild: 12. März 2014: Suppenküche in Jarmuk.
       
       Sollten wir den IS-Terroristen dankbar sein? Schließlich blickt die Welt
       nur ihretwegen ab und zu nach Syrien. Kaum ist der „Islamische Staat“ da,
       gehen die Scheinwerfer an. Ob in Kobani oder jetzt in Jarmuk, dem
       Palästinenserviertel in Damaskus. Vom „Todeslager“ ist die Rede, 16.000
       Zivilisten sind dort eingesperrt ohne Wasser, Essen, Medikamente. Assads
       Fassbomben von oben, der IS vor der Tür. Schrecklich.
       
       Noch schrecklicher aber ist, dass Jarmuk schon seit mehr als zwei Jahren
       abgeriegelt ist und uns das Schicksal der ursprünglich mehr als 100.000
       Bewohner nicht interessiert hat. 160 Zivilisten sind dort bereits
       verhungert. Ein langsamer, unendlich grausamer Tod, weil man vor ihm nicht
       in den Keller flüchten kann.
       
       Und es kommt noch schlimmer, denn nicht nur in Jarmuk hungern Menschen,
       auch im östlichen Umland von Damaskus, in Homs, Deir al-Sur, Aleppo und
       andernorts. Laut UN leiden 212.000 Zivilisten in elf Gebieten unter
       Hungerblockaden, die syrisch-amerikanische Medizinervereinigung Syrian
       Medical Society spricht von 640.200 Syrern unter Belagerung.
       
       Längst ist Aushungern eine Kriegsstrategie geworden. Einstimmig forderte
       der Weltsicherheitsrat im Februar 2014 freien Zugang für humanitäre Hilfe
       überall im Land, passiert ist nichts. Assad riegelt ab, wie und wo und
       solange er will. Die Menschen bohren Brunnen und schöpfen Wasser aus
       Schlaglöchern, um ihren Durst zu stillen. Sie essen Hunde, Katzen, Vögel,
       Gras und Blätter, bis nichts mehr da ist. 560 Syrer sind wegen der
       Blockaden bisher gestorben, die meisten von ihnen in Damaskus und Homs –
       also in Städten, in denen andere Syrer ein paar Kilometer weiter im
       Restaurant Grillfleisch mit Salat essen.
       
       Doch Aushungern ist nur eine von Assads Methoden, oppositionelle Gebiete in
       die Knie zu zwingen. Die andere ist Bombardieren. Seit Assad Ende März die
       Provinzhauptstadt Idlib im Norden an Rebellen verlor, schlugen dort mehr
       als 150 Fassbomben und Raketen ein; unter den Toten sind 57 Kinder und 39
       Frauen. Das Krankenhaus, eine Schule und eine Bäckerei wurden zerstört.
       Auch in Aleppo wurde am Sonntag eine Schule von einer Bombe getroffen. Fünf
       Kinder und drei Lehrerinnen starben. Hat das irgendjemand mitbekommen? Ach
       so, war ja nur Assad. Warten wir also auf die nächste Gruseltat des IS.
       
       13 Apr 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kristin Helberg
       
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