# taz.de -- Investitionen gegen Wirtschaftskrise: Wundersame Geldvermehrung
       
       > Mit einem Hebeltrick will EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker dringend
       > benötigte Investitionen in Europa anstoßen. Doch wie geht das?
       
 (IMG) Bild: Öffentliche Investitionen: hier ein Bild „Flughafens“ BER.
       
       BRÜSSEL taz | Aus 21 mach 315: Dieses Kunststück hat
       EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Mittwoch in Straßburg
       vorgeführt. Juncker jonglierte nicht mit Bällen, sondern mit Zahlen. Mit 21
       Milliarden Euro aus EU-Mitteln will er in drei Jahren Investitionen in Höhe
       von 315 Milliarden Euro anstoßen – und so sein Versprechen einlösen, Europa
       aus der Krise zu holen.
       
       Wie das gehen soll, blieb jedoch unklar. Aus dem Parlament kam deshalb
       scharfe Kritik. „Dieses Paket besteht nur aus leeren Worten“, sagte
       Dimitrios Papadimoulis von der Vereinten Europäischen Linken.
       
       Dabei gab sich Juncker alle Mühe, für seinen Hebeltrick zu werben. „Seit
       der Finanzkrise 2007 hat sich in Europa eine riesige Investitionslücke
       aufgetan“, sagte er. Sie belaufe sich auf mindestens 430 Milliarden Euro.
       Um die Lücke zu schließen, hatte sich Juncker zunächst nach frischem Geld
       oder freien Mitteln umgesehen – etwa beim Eurorettungsfonds (ESM), der
       riesige Reserven hat. Doch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte
       Nein.
       
       Mehr Erfolg hatte der Kommissionschef bei der Europäische Investitionsbank
       (EIB): 5 Milliarden Euro will die Bank für einen „Fonds für strategische
       Investitionen“ abzwacken, 16 Milliarden die EU als Bürgschaften
       bereitstellen. Dafür will Juncker das EU-Budget anzapfen; offenbar werden
       bereits verplante Mittel für Forschung und Infrastruktur umgewidmet.
       
       ## Funktionsweise unklar
       
       Juncker stellte dies jedoch anders dar: Es gehe darum, die Mittel effektiv
       einzusetzen und zögernde Anleger zu Investitionen zu bewegen. Dazu solle
       auch eine unabhängige „Projektpipeline“ gegründet und sollten
       „bürokratische Hindernisse“ für Investoren beseitigt werden.
       
       Ähnliches hatte auch schon Junckers neoliberaler Amtsvorgänger José Manuel
       Barroso versprochen. Nur auf den genialen Hebeltrick war er nicht gekommen:
       Mit dem Faktor 15 soll die Summe von 21 Milliarden Euro multipliziert
       werden – eine ungewöhnlich hohe Zahl. Weder Juncker noch EIB-Chef Werner
       Hoyer, der bei dem Plan eine Schlüsselrolle spielt, konnte erklären wie der
       Trick funktionieren soll.
       
       Ebenso wenig konnten sie die Sorge ausräumen, dass am Ende auch hier die
       Steuerzahler für privates Missmanagement geradestehen müssen. „Wir werden
       keinen Fonds unterstützen, der Privatinvestoren Gewinne garantiert und die
       Risiken der Allgemeinheit aufbindet“, warnte der grüne Finanzexperte Sven
       Giegold.
       
       EU-Kommissar Jyrki Katainen soll nun auf eine „Roadshow“ gehen und Projekte
       einwerben. Sie sollen aus den Bereichen Energie, Verkehr, Bildung und
       digitale Wirtschaft kommen. Erste Ideen will Brüssel beim EU-Gipfel im
       Dezember vorstellen.
       
       Juncker betonte, dass sein Plan die bisherige Wirtschaftspolitik lediglich
       ergänze. Neben Strukturreformen und Haushaltsdisziplin sei der
       Investitionsplan „das fehlende Stück im Puzzle“. Ähnlich äußerte sich
       Kanzlerin Merkel: Investitionen seien wichtig, es müsse aber „vor allem
       klar sein, wo die Projekte der Zukunft liegen“, sagte sie.
       
       Ein Schwerpunkt müsse sein, „die Chancen der Digitalisierung zu ergreifen“.
       Das trifft sich gut: Merkels CDU-Parteifreund Günther Oettinger ist im
       Juncker-Team für Digitalisierung zuständig. Ein Teil der Gelder aus dem
       Investitionsplan dürfte daher nach Deutschland zurückfließen.
       
       26 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eric Bonse
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Jean-Claude Juncker
 (DIR) EU-Kommission
 (DIR) Investitionen
 (DIR) Schwerpunkt Angela Merkel
 (DIR) José Manuel Barroso
 (DIR) fossile Energien
 (DIR) EU-Kommission
 (DIR) Bundestag
 (DIR) Frankreich
 (DIR) EU-Kommission
 (DIR) Konjunktur
 (DIR) Steuern
 (DIR) EU-Parlament
 (DIR) EU
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Neuer Kurs der EU-Investitionsbank: Europa steigt aus Gas aus
       
       Aktivisten und NGOs feiern einen „Klimaerfolg“. Lange war Deutschland gegen
       einen Ausstieg der EU-Förderbank EIB aus fossilen Energieträgern.
       
 (DIR) Steuerpraktiken in der EU: Schluss mit günstig
       
       Multinationalen Unternehmen werden in mehreren EU-Staaten Steuervorteile
       eingeräumt. Nun will die EU-Kommission alle Mitgliedsländer daraufhin
       untersuchen.
       
 (DIR) Bundestag beschließt Haushalt für 2015: Ohne Schulden
       
       Profitiert Schwarz-Rot von niedrigen Zinsen und hohen Steuereinnahmen? So
       sieht es die Opposition. Der erste ausgeglichene Haushalt seit 1969 ist nun
       verabschiedet.
       
 (DIR) EU über Etats der Mitgliedsländer: Konsequenzen frühestens im März
       
       Brüssel bewertet heute die Etats der EU-Länder. Frankreich und Italien
       bekommen aber noch eine Verschnaufpause, erklärt Jean-Claude Juncker.
       
 (DIR) Rechtspopulisten gegen Juncker: Misstrauensantrag gescheitert
       
       Der wegen Steuerdeals in die Kritik geratene EU-Kommissionspräsident
       Jean-Claude Juncker hat ein Misstrauensvotum im EU-Parlament überstanden.
       
 (DIR) Zoff um EU-Investitionsprogramm: Päckchen statt Paket
       
       Mit 300 Milliarden Euro will EU-Kommissionschef Juncker die Wirtschaft
       ankurbeln. Doch das Investitionsprogramm könnte schrumpfen – auf ein
       Fünfzehntel.
       
 (DIR) Steueroase Luxemburg: Das Geld der anderen
       
       Luxemburg kompensiert die Misere seiner Stahlindustrie durch den
       Finanzsektor. Aber was würde das Land ohne Steuertrickserei machen?
       
 (DIR) EU-Kommissionschef in der Kritik: Gelassen ins Misstrauensvotum
       
       Rechtspopulisten wollen Juncker stürzen. Doch die große Koalition in
       Brüssel stützt ihn. Sogar die Grünen halten an dem Luxemburger fest.
       
 (DIR) EU-Haushalt für 2015 scheitert: Sparkurs stürzt Brüssel in die Krise
       
       Einigen sich die Unterhändler nicht bis Weihnachten, droht ein Notbudget.
       Vor allem Arbeitslose, Forscher und Landwirte dürften leiden.