# taz.de -- Kommentar NSA-Abhöraffäre: Keine Einladung ohne Mehrwert
       
       > Dass die Bundesregierung es ablehnt, Edward Snowden in Deutschland zu
       > vernehmen, ist kühle Realpolitik. Hier geht Staatsinteresse vor Moral.
       
 (IMG) Bild: Nicht ganz auf Augenhöhe, die beiden. Damit wäre alles gesagt.
       
       Erstmals seit Bekanntwerden der NSA-Abhöraffäre redet die Bundesregierung
       Klartext. Es ist keine Überraschung, [1][dass sie es ablehnt, den
       Whistleblower Edward Snowden in Deutschland zu vernehmen]. Aber die
       Begründung ist interessant, weil ehrlich: Die Partnerschaft mit den USA sei
       zu wichtig, um sie durch eine Einladung an Snowden zu gefährden,
       argumentiert die Regierung. Ist das nun „Feigheit vor dem Freund USA“, wie
       die Grünen schimpfen?
       
       Nein, das ist kühle Realpolitik. Mit ihrer Weigerung, Snowden einreisen zu
       lassen, stellt die Regierung das deutsche Staatsinteresse über das Wohl
       eines Menschen, der sich um die Demokratie verdient gemacht hat. Diese
       Entscheidung kann man moralisch verurteilen, aber sie ist vernünftig.
       Staaten kümmern sich wenig um Moral, aber umso mehr um ihre Interessen.
       
       Für den Erkenntnisgewinn der Parlamentarier ist es irrelevant, wo sie
       Snowden befragen. Er würde in Moskau dasselbe erzählen wie in Berlin.
       Deshalb ist es richtig, auf eine Einladung ohne Mehrwert zu verzichten.
       Snowden hat amerikanisches Recht gebrochen, US-Behörden fahnden weltweit
       nach ihm.
       
       Ein Auftritt in Berlin, von medialem Getöse begleitet, würde das
       deutsch-amerikanische Verhältnis schwer belasten. Vielleicht ist es nötig,
       kurz an Selbstverständlichkeiten zu erinnern: Die Amerikaner sind die
       wichtigsten Partner Deutschlands in der Welt. Beide Staaten sind wegen
       ihrer Geschichte und wegen politischer und ökonomischer Interessen eng
       miteinander verbunden.
       
       Warum dies leichtfertig beschädigen? Das Schulhofargument, der
       US-Geheimdienst habe mit der Spitzelei schließlich angefangen, taugt wenig.
       Einen Affront mit einem Affront zu vergelten, ist keine kluge Politik.
       
       Angela Merkel ist in der NSA-Affäre von Anfang an zahm aufgetreten, ihre
       Empörung klang hilflos angesichts des Machtgefälles zwischen Washington und
       Berlin. Oft wünscht man sich von ihr mehr Selbstbewusstsein, zum Beispiel,
       wenn es um das Freihandelsabkommen geht. Doch wegen des Snowden-Besuchs
       einen Eklat zu riskieren, bliebe ein rein symbolischer Akt.
       
       Die Regierung hat lange argumentiert, Snowden aus juristischen Gründen
       nicht aufnehmen zu können. Diese Lüge hat sie selbst entlarvt. Sie könnte
       wohl, aber sie will nicht. Und Snowden? Für ihn bleibt die bittere
       Erkenntnis, den westlichen Demokratien einen großen Gefallen getan zu
       haben, aber dafür keinen Lohn erwarten zu dürfen.
       
       1 May 2014
       
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