# taz.de -- Gesetzentwurf nach Edathy-Affäre: Bloß nicht mehr bloßstellen
       
       > Der Plan von Justizminister Maas, „bloßstellende Bilder“ unter Strafe zu
       > stellen, reicht weit. Die Folgen für private Spaßfotos wie für
       > Journalisten sind ungeklärt.
       
 (IMG) Bild: Ist das schon bloßstellend? Merkel transpiriert 2005 in Bayreuth.
       
       BERLIN taz | Es ist eine weitreichende Strafvorschrift, die Justizminister
       Heiko Maas (SPD) zur Bekämpfung von Kinderpornografie und sexuellem
       Missbrauch vorlegt. Die Begründung zu dem Gesetzentwurf, die der taz
       vorliegt, nennt Beispiele wie die Aufnahmen von „betrunkenen Personen auf
       dem Heimweg“ oder „Opfer einer Gewalttat, die verletzt und blutend auf dem
       Boden liegen“. Das Abbilden solcher Situationen soll künftig nicht mehr
       straffrei sein, da es sich dabei aus Sicht des Justizministeriums um
       „bloßstellende Bildaufnahmen“ handelt.
       
       Künftig soll daher bestraft werden, wer „unbefugt eine bloßstellende
       Bildaufnahme von einer anderen Person“ herstellt oder überträgt. In der
       Begründung heißt es: „Unter bloßstellenden Bildaufnahmen versteht man
       solche, die die abgebildete Person in peinlichen oder entwürdigenden
       Situationen oder in einem solchen Zustand zeigen.“
       
       Das Herstellen solcher Fotos soll laut Begründung immer strafbar sein, wenn
       „angenommen werden kann, dass üblicherweise ein Interesse daran besteht,
       dass sie nicht hergestellt, übertragen oder Dritten zugänglich gemacht
       werden.“ Es kommt also nicht darauf an, dass die Fotos heimlich oder gegen
       den ausdrücklichen Willen der Betroffenen aufgenommen werden. Umgekehrt
       könne die Strafbarkeit aber entfallen, wenn eine ausdrückliche Einwilligung
       vorliege.
       
       Als Strafe für ein derartiges Foto wird Gefängnis bis zu einem Jahr oder
       Geldstrafe angedroht. Wer das Foto auch noch „verbreitet oder der
       Öffentlichkeit zugänglich macht“, muss mit Freiheitsstrafe bis zu drei
       Jahren oder Geldstrafe rechnen.
       
       Ausnahmen für schadenfrohe Spaßfotos im Freundes- und Familienkreis sind
       nicht vorgesehen. Auch auf mögliche Folgen für Journalisten geht der
       Gesetzentwurf mit keinem Wort ein. Bisher konnte gegen solche Fotos
       allenfalls zivilrechtlich mit Unterlassungs- und Löschungsansprüchen
       vorgegangen werden.
       
       ## „Höchstpersönliche Lebensbereiche“ des Menschen
       
       Strafbar war es zwar schon bisher, Fotos gegen den Willen der Abgebildeten
       zu verbreiten, solange sie nicht Personen der Zeitgeschichte sind. Das
       Kunsturhebergesetz droht hierfür Strafen bis zu einem Jahr oder Geldstrafe
       an. Neu wäre aber, dass schon das Anfertigen des Fotos strafbar sein soll.
       Außerdem wäre die Strafdrohung für das Verbreiten bloßstellender Fotos
       deutlich höher.
       
       Die neue Strafvorschrift soll in Paragraf 201a des Strafgesetzbuchs
       eingefügt werden. Dort sind unbefugte Fotos einer Person verboten, „die
       sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum
       befindet“. Damit soll der „höchstpersönliche Lebensbereich“ des Menschen
       geschützt werden. Die 2004 eingeführte Strafvorschrift zielte vor allem auf
       Paparazzi. Schon damals gab es heftige Kritik von Medienverbänden.
       
       Begründet wird die Strafbarkeit „bloßstellender Fotos“ mit dem Aufkommen
       von Handy-Kameras und der abgesenkten Hemmschwelle, solche Fotos im
       Internet anonym weiterzuverbreiten.
       
       ## Auftrag im Koalitionsvertrag umsetzen
       
       „Damit wird auch ein Auftrag des Koalitionsvertrags umgesetzt“, sagte ein
       Sprecher des Justizministerium der taz. Dort heißt es: „Wir verbessern den
       strafrechtlichen Schutz vor Beleidigungen in sozialen Netzwerken und
       Internetforen (Cybermobbing).“ Ursprünglich sollte der Gesetzentwurf nur
       auf die Edathy-Affäre reagieren. Der Ex-SPD-Abgeordnete hatte Fotos nackter
       spielender Kinder bestellt, die derzeit nicht unter Strafe steht.
       Justizminister Maas kündigte im Februar bei Bekanntwerden des Falls sofort
       an, das „gewerbsmäßige Handeln mit Nacktbildern von Kindern und
       Jugendlichen unter Strafe stellen“. Darüber geht der SPD-Politiker nun weit
       hinaus. Neben bloßstellenden Fotos sollen auch alle unbefugten
       „Bildaufnahmen von einer anderen unbekleideten Person“ strafbar sein. Damit
       sind nicht nur Kinder, sondern auch nackte Erwachsene gemeint. Auf
       gewerbsmäßigen Handel soll es nicht ankommen, damit auch das Tauschen der
       Bilder in Internet-Foren strafbar ist.
       
       Ausnahmen für Eltern, die ihre Kinder im Planschbecken fotografieren, sieht
       das Gesetz nicht ausdrücklich vor. In der Begründung heißt es aber, solche
       Fotos seien in der Regel nicht unbefugt und damit nicht strafbar, weil die
       Eltern im Namen ihrer Kinder in die Aufnahme einwilligen. Die Einwilligung
       der Eltern soll allerdings „sittenwidrig und damit unwirksam“ sein, wenn
       die Bilder „auf einschlägigen Wegen neben kinder- und jugendpornografischen
       Schriften zu vorwiegend sexuellen Zwecken weitergegeben oder verbreitet
       werden.“*
       
       Fotografien von Kindern in aufreizenden Posen galten bisher schon als
       strafbare Kinderpornografie, weil das Posieren als „sexuelle Handlung“
       gewertet wurde. Künftig sollen aber generell Bilder von Kindern in
       „unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung“ als Kinderpornografie
       bestraft werden, also auch, wenn das fotografierte Kind schläft.
       
       13 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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