# taz.de -- Hamburg vs. Berlin III: Wo Menschen Zuflucht suchen
       
       > Bei der Behandlung von Flüchtlingen hat sich Hamburg oft besonders
       > rücksichtslos gezeigt. Berlin zeigte sich in dieser Hinsicht erstaunlich
       > moderat.
       
 (IMG) Bild: Solidemo für die Lampedusas in Hamburg.
       
       Besonders rücksichtslose Strategien, Flüchtlinge loszuwerden, kamen in der
       Vergangenheit meist aus Hamburg. Egal ob in der Hand des stramm rechten
       SPD-Landesverbands oder unter dem Duo von Beust / Schill: In Sachen
       Schikanen stellte die Ausländerbehörde der Hansestadt bisweilen selbst
       Bayern in den Schatten. Zu besichtigen ist deren Innenleben („Wir buchen –
       sie fluchen“) in der grandiosen NDR–Dokumentation „Abschiebung im
       Morgengrauen“.
       
       Hamburg stellte eigene Amtsärzte an, die ausschließlich für Abschiebungen
       zuständig waren, ließ diese einen eigenen Begriff von „Reisefähigkeit“
       erfinden; die Stadt exterritorialisierte ihr Flüchtlingsheim in die
       mecklenburgische Pampa und ersann die mittlerweile von Frontex übernommenen
       Charter-Abschiebeflüge, gegen die kein Protestkraut mehr gewachsen war.
       
       Bis auf wenige Ausnahmen regte dies kaum jemanden auf – bis letztes Jahr
       die „Lampedusas“ auf den Straßen von St. Pauli auftauchten. Seither ist
       Flüchtlingssolidarität zu einer Lieblingsbeschäftigung der Hamburger
       geworden. Von der autonomen Roten Flora bis hin zu Kirchen und Schulen
       fanden sich tausende Unterstützer; die Demos für die rund 300 Flüchtlinge
       aus dem Libyen-Krieg brachen alle einschlägigen Rekorde. Die Gruppe, die
       ein Aufenthaltsrecht verlangt, wuchs sich zu einem echten politischen
       Problem für Bürgermeister Olaf Scholz aus. Ausgang bis heute: ungewiss.
       
       Berlin hingegen verfolgte in Sachen Asylpolitik lange eine eher moderate
       Linie. Schon sehr früh erlaubte das Land Flüchtlingen, in Wohnungen zu
       leben – was aber meist an der Lage auf dem Wohnungsmarkt scheitert. Also
       werden neue Flüchtlingsheime eröffnet. Das führte letztes Jahr nicht nur im
       Stadtteil Hellersdorf zu einem unheiligen Schulterschluss von Neonazis und
       Aktivbürgern – inklusive NPD-Wahlerfolg.
       
       Was den Hamburgern die Lampedusas, ist Berlin der Oranienplatz mit seinem
       Flüchtlingscamp. Ähnlich wie Hamburg lehnte der Senat ein Aufenthaltsrecht
       für alle Besetzer ab, bot stattdessen eine „wohlwollende“ individuelle
       Prüfung an. Doch anders als in Hamburg ließ sich ein größerer Teil der
       Flüchtlinge auf das Angebot ein – und räumte vergangene Woche den Platz
       gegen den Willen ihrer Mitstreiter dafür eigenhändig ab. Was sie am Ende
       davon haben: ungewiss.
       
       Dieser Text ist Teil der gemeinsamen Wochenendausgabe der taz.nord und der
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       12 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Jakob
       
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