# taz.de -- Die Wahrheit: Türzwerge schlägt man nicht
       
       > Das Thema Kleinwüchsigkeit treibt seit einiger Zeit seltsame Blüten bei
       > den Briten.
       
 (IMG) Bild: Vorfreude mit rundem Babybauch: „Ich bin klein, der Mann ist mittel, das Kind irgendwie“
       
       Zwerge sind offenbar vielseitig verwendbar. Zum Beispiel als Türdrachen.
       Londons größtes Spielcasino, das Hippodrome, wo täglich eine Million Pfund
       verspielt werden, hat eine Annonce aufgegeben. Man suche „Türzwerge, um ein
       Team von Großbritanniens kleinsten Rausschmeißern“ zusammenzustellen. Die
       Bewerber dürfen nicht größer als vier Fuß und zehn Inches sein – also rund
       147 Zentimeter.
       
       Diskriminierend? Ach wo, meint Simon Thomas, Geschäftsführer des
       Hippodrome, das zum Casino des Jahres 2013 gewählt wurde. Es gehe um die
       Tradition, behauptet Thomas. Sein Laden öffnete im Jahr 1900 als Zirkus.
       „Damals trat Little Titch auf, ein Tänzer und Komiker, 137 Zentimeter groß
       mit Schuhen von 71 Zentimeter Länge“, sagt Thomas. Außerdem soll auch Tom
       Thumb dort gesehen worden sein. Der Däumling ist allerdings eine Figur aus
       der englischen Folklore.
       
       Die Probeläufe mit Kleinwüchsigen als Türdrachen seien fantastisch
       gelaufen, sagt Thomas: „Niemand legt sich mit einem Zwerg an, so etwas tun
       Machos nicht.“ Genauso gut könnte er kleine Mädchen in Rüschenkleidern an
       die Tür stellen, denn nur wenige Menschen neigen dazu, sie zu vermöbeln.
       Aber die Zwerge sollen den Leuten auch ein Lächeln auf die Lippen zaubern,
       hofft Thomas.
       
       Nicht alle Zwerge bringen Leute jedoch zum Lachen. Manche machen sie sich
       ihren Kleinwuchs für Verbrechen zunutze. Sie verstecken sich in einem
       Koffer und lassen sich von einem Komplizen in den Kofferraum von
       Langstreckenbussen stellen. Während der Fahrt durchsuchen sie dann die
       anderen Koffer nach Wertsachen. Am Ziel angekommen, macht sich der Komplize
       mit Koffer, Zwerg und Beute aus dem Staub. Das habe in Schweden angefangen
       und greife auch in Großbritannien immer mehr um sich, sagte ein Polizist.
       Man müsse aber sensibel mit dem Thema umgehen.
       
       Sensibilität ist Simon Burns, dem Staatsekretär im britischen
       Gesundheitsministerium, jedoch fremd. Er beschimpfte den kleinen
       Unterhaussprecher John Bercow als „dummen, scheinheiligen Zwerg“, weil der
       ihn ermahnt hatte, sich bei seiner Rede nicht zu den Hinterbänklern
       umzudrehen, sondern den Sprecher anzuschauen. Burns musste sich
       entschuldigen. Der Labour-Abgeordnete Chris Bryant gratulierte Bercow
       heuchlerisch: „Ich freue mich, dass sie kurzen Prozess mit
       Regierungsmitgliedern machen.“
       
       Burns muss aber noch üben, will er in die Geschichte der fantasievollsten
       Beleidiger des Londoner Unterhauses eingehen. Die Konkurrenz ist groß. Der
       Labour-Mann Tony Banks hatte zum Beispiel über den Tory Terry Dicks gesagt,
       er sei der lebende Beweis dafür, dass eine Schweineblase an einem Stock ins
       Parlament gewählt werden könne. Und Denis Healy vom linken Labour-Flügel
       sagte einmal, ein Angriff von Margaret Thatchers Stellvertreter Geoffrey
       Howe fühle sich an, „als ob ein totes Schaf über einen herfalle“. Howe kam
       danach nie wieder auf die Beine. Jedes Mal, wenn er zum Reden ansetzte,
       ertönte ein Mähen von den Hinterbänken.
       
       12 Jan 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Großbritannien
 (DIR) tazbehinderung
 (DIR) Irland
 (DIR) Queen Elizabeth II.
 (DIR) Großbritannien
 (DIR) Briten
 (DIR) Irland
 (DIR) Schottland
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Ratschläge in der Schwangerschaft: Hauptsache, es wird
       
       „War es gewollt? Wird es auch klein?“ sind die Fragen, die unsere Autorin
       am häufigsten hört. Weil sie schwanger ist – und kleinwüchsig.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Die obszöne Laura
       
       Nach 90 Jahren will die irische Regierung endlich die immer noch
       existierende Zensurbehörde abschaffen. Das allerdings ist gar nicht so
       einfach.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Die alte Lady in der Ruine
       
       Fast pleite ist die Queen - muss sie nun bald ihre geliebten Corgis
       einschläfern lassen, weil das Geld für Hundefutter alle ist?
       
 (DIR) Die Wahrheit: Englische Idiotien: Nicht hier – dort
       
       In Großbritannien ist auf die Behörden so gar kein Verlass, was zu allerlei
       Ungemach für Besucher und Einheimische führt.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Der Engländer und sein Pferd
       
       Wenn es um seine geliebten Hottehüs geht, hat der Brite eine schwere
       Schacke – besonders wenn er an einer Pferdeallergie leidet.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Regenschirm statt Rettungsschirm
       
       Endlich wird alles gut. Irland steht wieder auf eigenen Finanzfüßen und
       muss feststellen: Gar nichts ist gut.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Islam auf Keltisch
       
       Bizarr fundamentalistisch geht es im schottischen Fussball zu: Hier geraten
       vermeintlich muslimische Fans in absurde Shitstürme.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Zwölf Stationen ins Delirium
       
       Angefangen hatte es mit dem Lied „The Twelve Days Of Christmas“. Daraus
       wurde in Chicago ein „Dutzendsaufen“. Genau die richtige Tradition für die
       Iren...