# taz.de -- Falschaussage im Brechmittel-Prozess: Konsequenzen für Henning Scherf
       
       > Die Staatsanwaltschaft Bremen ermittelt wegen Falschaussage gegen Bremens
       > früheren Bürgermeister Henning Scherf (SPD) im Brechmittel-Prozess.
       
 (IMG) Bild: Kam zu spät, hat gepoltert und womöglich gelogen: Henning Scherf war Mitte September 2013 Zeuge im mittlerweile eingestellten Brechmittel-Prozess um den Tod von Laye Condé.
       
       BREMEN taz | Bremens ehemaliger Bürgermeister Henning Scherf (SPD) muss
       sich wegen seiner Zeugenaussage im Brechmittel-Prozess verantworten. Die
       Staatsanwaltschaft Bremen hat am Freitag ein Ermittlungsverfahren gegen ihn
       eingeleitet, wegen des Verdachts der uneidlichen Falschaussage.
       
       Am 16. September hatte Scherf sich als Zeuge im Prozess um den Tod von Laye
       Condé verspätet und über die Gründe offensichtlich gelogen: Der Richterin
       hatte er erklärt, von einer Vorverlegung des Termins nichts gewusste zu
       haben und bis kurz zuvor noch im Ausland gewesen zu sein. Wie Radio Bremen
       recherchierte, war Scherf allerdings bereits mehrere Tagen zuvor nach
       Deutschland zurückgekehrt. Wegen der Verspätung hatte die vorsitzende
       Richterin Scherf bereits zu einem Ordnungsgeld von 150 Euro verdonnert.
       
       Im Prozess angeklagt war der Polizeiarzt Igor V.. Er hatte im Dezember 2004
       dem des Drogenhandels verdächtigen Condé im Polizeigewahrsam Brechmittel
       und Wasser eingeflößt. Dadurch sollten verschluckte Kokainkügelchen als
       Beweise gesichert werden. Auch nachdem Condé einige Drogenkügelchen
       erbrach, wurde die Prozedur fortgesetzt. Er fiel dadurch ins Koma und
       verstarb am 7. Januar 2005. Der Prozess ist seit November eingestellt, weil
       der Polizeiarzt Igor V. zu krank war für weitere Verhandlungstage. V. hat
       die Auflage, der Mutter Condés Geld zu zahlen.
       
       Scherf schuf rechtliche Grundlage 
       
       Die Brechmittel-Zwangsprozedur wurde in Bremen jahrelang viele Male
       durchgeführt, hauptsächlich traf es Menschen schwarzer Hautfarbe. 1992
       schuf Henning Scherf als Justizsenator die rechtliche Grundlage dafür. 2006
       stufte der Europäische Gerichtshof diese Praxis als Folter ein.
       
       Vor Gericht hatte Scherf keine Reue gezeigt. Der Tod Condés sei 2005 „eine
       große Überraschung“ gewesen, sagte er da. Und: „Bis zu diesem
       katastrophalen Fall gab es überhaupt keine Schwierigkeit.“ Die
       Brechmittel-Vergabe sei „lange Jahre gelaufen, ohne dass es Komplikationen
       gegeben“ habe und „Beweissicherungs-Alltag“ gewesen. Sowohl die Richterin
       als auch der Verteidiger hatten Scherf daraufhin mit dem Verlauf der
       jahrelang öffentlich geführten Kontroverse um die Brechmittelvergabe
       konfrontiert. Auch wiesen sie Scherf darauf hin, dass Bremen eines der
       wenigen Bundesländer war, welches die Prozedur selbst nach dem Tod von
       Achidi John fortsetzte, der 2001 in Hamburg an den Folgen einer
       Brechmittelvergabe starb.
       
       Auch inhaltliche Aussagen werden geprüft 
       
       Während die Staatsanwaltschaft den Schwerpunkt auf Scherfs Falschangaben zu
       seiner Verspätung als Zeuge im Auge legt, zeigte die antirassistische
       „Initiative in Gedenken an Laye Condé“ Scherf nachträglich wegen seiner
       Aussagen an, von Problemen nichts gewusst zu haben. Auch diese inhaltlichen
       Angaben würden nun überprüft, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft,
       Frank Passade zur taz.
       
       Eine uneidliche Falschaussage vor Gericht wird mit einer Freiheitsstrafe
       von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
       
       6 Jan 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jean-Philipp Baeck
       
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