# taz.de -- Nahostgespräche abgesagt: Schweigen in Jericho
       
       > Die Erschießung dreier Palästinenser durch israelische Soldaten empört
       > selbst die Verhandlungswilligen. Die neue Gesprächsrunde steht unter
       > keinem guten Stern.
       
 (IMG) Bild: Militante Palästinenser bei der Beerdigung der drei getöteten Flüchtlinge.
       
       JERUSALEM taz | Eine für Montag vereinbarte neue Runde der
       Nahostfriedensgespräche ist wegen der [1][Erschießung dreier Palästinenser]
       durch die israelischen Streitkräfte kurzfristig abgesagt worden. Wie ein
       Sprecher der Palästinenserführung mitteilte, wurde das für den Nachmittag
       in Jericho vereinbarte Treffen „aufgrund des israelischen Verbrechens in
       Kalandia“ annulliert.
       
       Im Flüchtlingslager Kalandia starben drei zwischen 19 und 30 Jahre alte
       Demonstranten, als Grenzpolizisten das Feuer auf sie eröffneten, 15 weitere
       Palästinenser wurden zum Teil schwer verletzt. Die größte Organisation der
       PLO, die Fatah, rief eine dreitägige Trauerzeit aus. Vor fast genau 20
       Jahren hatten sich Israel und die PLO im Oslo-Abkommen auf die
       Zweistaatenlösung geeinigt.
       
       Die von US-Außenminister John Kerry vorangetriebene neue Verhandlungsrunde
       steht mithin unter keinem guten Stern. Beide Seiten ließen sich nur
       schwerfällig zu den Gesprächen treiben. Es scheint, als suchten Israelis
       und Palästinenser nur nach einem Vorwand, dem ungeliebten Partner
       schleunigst wieder den Rücken zuzukehren.
       
       ## Internationale Hilfe zur Klärung der Umstände?
       
       Gleich zum Verhandlungsauftakt kam aus Jerusalem die Nachricht vom
       geplanten Bau Hunderter neuer Wohnungen für Siedler im Westjordanland.
       PLO-Funktionärin Hannan Aschrawi signalisierte, dass die Palästinenser
       wieder vor die UN ziehen werden, sollte der Siedlungsbau nicht gestoppt
       werden.
       
       Auch zur Klärung der Umstände, die am Montag zum Tod der drei Demonstranten
       führten, will sich die Palästinensische Autonomiebehörde um internationale
       Hilfe und ein unabhängiges Untersuchungskomitee bemühen, so berichtet die
       palästinensische Nachrichtenagentur Maan in Bethlehem.
       
       Die Unruhen hatten am frühen Morgen im Flüchtlingslager Kalandia am
       israelischen Checkpoint nach Jerusalem, unweit von Ramallah, begonnen. Eine
       israelische Einheit hatte den Auftrag, einen Mann zu verhaften, was mehrere
       hundert Palästinenser offenbar zu verhindern versuchten. Die Grenzschützer
       setzten sich nach eigenen Angaben zunächst mit gummiumhüllten
       Metallgeschossen zur Wehr und später mit scharfer Munition. Alle drei
       Todesopfer weisen, palästinensischen Informationen zufolge, Schusswunden in
       Brust und Kopf auf.
       
       ## Abbas: Über Grenzziehung kann man verhandeln
       
       Wenn große Menschenmengen die Soldaten bedrohten, so kommentierte ein
       Armeesprecher, „dann besteht keine andere Möglichkeit, als in
       Selbstverteidigung auf scharfe Munition zurückzugreifen“. Die Demonstranten
       hätten die Sicherheitskräfte zuvor mit Steinen und Molotowcocktails
       beworfen. Die PLO verurteilte den Beschuss. Israels Einsatz von „scharfer
       Munition in eng bevölkerten Wohngegenden stellt eine eklatante Verletzung
       von internationalem und humanem Recht dar“, kommentierte Hannan Aschrawi.
       
       Obschon die bisherigen drei Gesprächsrunden ohne Fortschritte blieben,
       zeigte sich der palästinensische Präsident Mahmud Abbas zuversichtlich,
       dass eine Einigung möglich ist. Bei einem Treffen mit israelischen
       Oppositionspolitikern der Meretz erklärte Abbas letzte Woche, dass die
       Palästinenser im Anschluss an einen Vertrag keine weiteren Ansprüche mehr
       stellen würden. „Die Unterzeichnung eines Abkommens wird das Ende des
       Konflikts signalisieren.“ Auch die von Israel geforderten demilitarisierten
       Zonen seien kein Problem.
       
       „Wir brauchen weder Flugzeuge noch Raketen, sondern nur eine starke
       Polizei.“ Über Veränderungen des Grenzverlaufs könne man ebenso verhandeln
       wie darüber, dass einige jüdische Siedlungen im Rahmen der Endstatuslösung
       unter palästinensischer Souveränität bleiben. Aschraf Khatib, ein Sprecher
       des PLO-Verhandlungskomitees, erklärte, dass noch unklar ist, wann die
       Gespräche mit den Israelis fortgesetzt werden. Der Termin müsse „in
       Absprache mit dem Präsidenten“ vereinbart werden.
       
       26 Aug 2013
       
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