# taz.de -- Steinbrück gibt Müntefering Recht: „Hätte, hätte, Fahrradkette“
       
       > SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück teilt die Kritik des früheren
       > Parteichefs Franz Müntefering am missratenen Start der SPD-Wahlkampagne.
       
 (IMG) Bild: Allein beim Wahlkampfstart: Steinbrück kann die Kritik Münteferings nachvollziehen
       
       BERLIN afp | Peer Steinbrück wusste, was auf ihn zukommt, als sich am
       Donnerstag in der Berliner SPD-Zentrale eine ungewöhnlich große Zahl von
       Journalisten zu einem Routinetermin zur Energiepolitik versammelte.
       
       Mit demonstrativer Gelassenheit versuchte der Kanzlerkandidat, der
       Aufregung über die harsche Kritik von Ex-Parteichef Franz Müntefering am
       Wahlkampfstart der Sozialdemokraten zu begegnen.
       
       „Das entspricht doch weitgehend dem allgemeinen Urteil“, Müntefering habe
       schließlich nichts anderes getan, als ein weiteres Mal auf die
       unglücklichen Umstände seiner etwas überstürzten Ausrufung zum
       Kanzlerkandidaten hinzuweisen, beschwichtigte Steinbrück. Das aber sei
       lange her. „Hätte, hätte, Fahrradkette“, wiederholte er seine Absage an
       fruchtlose „Was wäre, wenn“-Diskussionen.
       
       Tatsächlich hatte Müntefering seine Vorwürfe in einem Beitrag für die
       Wochenzeitung „Die Zeit“ auf das Geschehen im Herbst 2012 bezogen. „Für
       Steinbrück gab es keine Kampagne, keine Bühne, keine Mitarbeiter, da gab es
       nichts“, äußerte er sich „entsetzt“ über das damalige Vorgehen.
       
       Den Kandidaten nahm Müntefering sogar ausdrücklich in Schutz: Steinbrück
       sei zum Start der Kampagne „allein gelassen worden“, kämpfe aber jetzt in
       bemerkenswerter Weise. „Ich bin bei ihm“, hob der Ex-Parteichef noch
       hervor.
       
       ## Kämpfen bis zur letzten Minute
       
       In seiner Partei wurde der Auftritt des 73-jährigen Altpolitikers
       gleichwohl mit Verärgerung aufgenommen. „Dass der Spielanfang nicht der
       Höhepunkt der Spielkunst war, hat jeder mitgekriegt“, sagte der Parteilinke
       und schleswig-holsteinische SPD-Landeschef Ralf Stegner. Jetzt aber „muss
       gekämpft werden bis zur letzten Minute. Da helfen solche Rückbetrachtungen
       nichts“, sagte er der Frankfurter Rundschau.
       
       Über solche Themen „sollten wir nach dem 22. September um 18.00 Uhr reden“,
       ging auch Johannes Kahrs vom Seeheimer Kreis der Parteirechten auf Distanz
       zu Müntefering. Bis dahin sei eine solche Diskussion „völlig überflüssig“.
       
       In der SPD wird allerdings für unwahrscheinlich gehalten, dass einem
       erfahrenen Wahlkämpfer wie Müntefering ein solch schwerer Lapsus
       versehentlich passiert sein könnte. Als mögliche Ziele seiner Kritik wurden
       hinter vorgehaltener Hand denn auch Parteichef Sigmar Gabriel und
       Generalsekretärin Andrea Nahles ausgemacht, deren Verhältnis zu Müntefering
       als jeweils nicht ganz unbelastet gilt.
       
       Außerdem hat auch Gabriel diese Woche bereits mit einem ungewöhnlichen
       Vorstoß für Stirnrunzeln gesorgt. Eher beiläufig informierte er den
       Parteivorstand am Montag über seine Absicht, nur wenige Tage nach der Wahl
       einen Parteikonvent einzuberufen, den kleinen Parteitag der SPD.
       
       Interpretiert wurde dies teilweise so, dass Gabriel das Wahlziel einer
       rot-grünen Koalition bereits aufgegeben habe. Schließlich würde ein solcher
       Parteikonvent doch vor allem Sinn machen, um über Koalitionsalternativen zu
       beraten - oder um nach einem Erfolg von Schwarz-Gelb gemeinsam die Scherben
       zusammenzukehren, argwöhnten auch SPD-Politiker.
       
       ## Die Nerven liegen blank
       
       Steinbrück will von solcher Kaffeesatzleserei nichts wissen. „Ganz
       selbstverständlich“ sei es, nach wenn nach dem Wahltag zügig über das
       weitere Vorgehen beraten werde, egal ob es für Rot-Grün reiche oder die SPD
       gar „die absolute Mehrheit erzielt“. Für „die Beteiligung der
       Parteigremien“ daran könne nun erstmals auch der 2011 neu geschaffene
       Parteikonvent genutzt werden. Dagegen habe er „keine Einwände“.
       
       Deutlich macht die ganze Aufregung allerdings, wie sehr bei der SPD
       entgegen dem offiziell zur Schau getragenen Optimismus die Nerven blank
       liegen. „Es geht jetzt nicht darum, über den Wahlkampf zu diskutieren,
       sondern den Wahlkampf zu führen“, konnte sich auch Steinbrück einen
       deutlichen Seitenhieb auf Müntefering nicht verkneifen. Der Wahlkampf der
       SPD aber „läuft gut“, versicherte der Kanzlerkandidat.
       
       15 Aug 2013
       
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