# taz.de -- Vom Retter zum Nazi-Kollaborateur: Er galt als Italiens Schindler > Zahlreiche Straßen und Plätze in Italien sind nach Giovanni Palatucci > benannt. Das Centro Primo Levi in New York spricht ihm nun die > Heldentaten ab. (IMG) Bild: Auch in Israels Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem wurde Palatucci geehrt. NEW YORK afp | Der Italiener [1][Giovanni Palatucci], der wegen seiner Rolle bei der Rettung tausender Juden während des Holocaust vielfach geehrt wurde, war laut neuen Recherchen in Wahrheit ein Kollaborateur der Nazis. Palatucci sei niemals Polizeichef von Fiume gewesen und habe keineswegs tausende Juden vor der Deportation in die Konzentrationslager gerettet, erklärte das [2][Centro Primo Levi] in New York am Donnerstag. Palatucci, der im Februar 1945 im Alter von 36 Jahren im Konzentrationslager Dachau starb, wird in Italien bis heute als Held verehrt. Zahlreiche Straßen und Plätze in Italien sind nach Palatucci benannt, Papst Johannes Paul II. würdigte ihn als Märtyrer und auch in Israels Holocaust-[3][Gedenkstätte Yad Vashem] wurde er geehrt. Nach bisheriger Darstellung rettete Palatucci als Polizeichef von Fiume, heute die kroatische Hafenstadt Rijeka, rund 5000 Juden das Leben, indem er ihre Dokumente zerstörte oder falsche Ausweise und Visa ausstellte. Demnach schickte er sie in ein Internierungslager in Campagna im Süden Italiens, wo sein Onkel damals ein einflussreicher katholischer Bischof war. Das Centro Primo Levi widersprach nun dieser Darstellung. Demnach gab es in Fiume lediglich 500 Juden, von denen 80 Prozent im Konzentrationslager Auschwitz starben. Die Direktorin des Zentrums, Natalia Indrimi, sagte zudem, in Campagna seien nur 40 Juden interniert worden und das nicht auf Anweisung Palatuccis. Außerdem habe Palatucci keine Dokumente zu Juden zerstört. Vielmehr habe er den Deutschen weiter Informationen zu Juden geliefert und als „williger Vollstrecker“ der Verfolgungsmaschinerie gearbeitet. In Reaktion auf einen Brief Indrimis vom 7. Juni begann das [4][Holocaust Memorial Museum in Washington], Verweise auf Palatucci aus ihrer aktuellen Sonderausstellung zu entfernen. Sie nahm auch einen Artikel zu ihm von ihrer Webseite. Palatucci hatte bisher als der italienische Oskar Schindler gegolten, dem deutschen Industriellen, der tausende Juden vor der Deportation rettete. Die [5][Raoul Wallenberg Stiftung] hatte Palatucci als „italienischen Helden im Holocaust“ gewürdigt, der von der Gestapo festgenommen und unter dem Vorwurf der Verschwörung nach Dachau geschickt wurde. Erst vergangene Woche wurde im italienischen Polino ein Platz nach ihm benannt. 21 Jun 2013 ## LINKS (DIR) [1] http://de.wikipedia.org/wiki/Giovanni_Palatucci (DIR) [2] http://www.primolevicenter.org/Home.html (DIR) [3] /!95094/ (DIR) [4] http://www.ushmm.org/ (DIR) [5] http://www.raoulwallenberg.net/ ## TAGS (DIR) Nazis (DIR) Judenverfolgung (DIR) europäische Juden (DIR) Italien (DIR) Yad Vashem (DIR) Osnabrück (DIR) Holocaust (DIR) SS (DIR) Hannah Arendt (DIR) NS-Geschichte ## ARTIKEL ZUM THEMA (DIR) NS-„Rassereferent“ rettete Tausende Juden: Calmeyers Tricks Ein neues Buch zeigt, wie der Osnabrücker Hans Calmeyer Tausende Juden vor der Deportation bewahrte. Idealisert wird er dabei nicht. (DIR) Geplanter Berlin-Besuch von David Irving: Die Freiheit, die er meint Der Holocaustleugner David Irving will nach 20 Jahren Einreiseverbot wieder in Berlin auftreten. Der Hotel-Verband will ihm keinen Raum bieten. (DIR) Ex-SS-Mann in den USA identifiziert: Das geheime Leben des Herrn Karkoc Ein ehemaliger SS-Offizier lebt offenbar seit mehr als 60 Jahren im US-Staat Minnesota. Seine Einheit war im Zweiten Weltkrieg in der Ukraine an Gräueltaten beteiligt. (DIR) 50 Jahre „Eichmann in Jerusalem“: Der Verwaltungsmassenmörder Bei der Konferenz „Judgement in Extremis“ wurde in Berlin über Hannah Arendt und ihren Begriff der „Banalität des Bösen“ diskutiert. (DIR) Wiener Philharmoniker in der NS-Zeit: Nazis machen Pop Musiker mit Parteibuch, Orchester ohne Juden: „Schatten der Vergangenheit“ auf 3sat zeigt die Geschichte der Wiener Philharmoniker in der NS-Zeit.