# taz.de -- Kolumne Besser: Mjam, lecker Golanwein!
       
       > Ist es okay, Produkte aus den von Israel besetzten Gebieten zu
       > boykottieren? Und welche sind das eigentlich? Ein Produkttest.
       
 (IMG) Bild: Katzen würden koscher kaufen.
       
       Stephen Hawking [1][schließt] sich der akademischen Ächtung Israels an,
       EU-Bürokraten [2][fordern] eine Kennzeichnungspflicht für Produkte aus
       israelischen Siedlungen im Westjordanland und auf den Golanhöhen oder
       gleich deren Boykott.
       
       Und auch die grüne Bundestagsfraktion will in einer kürzlich bekannt
       gewordenen [3][Kleinen Anfrage] wissen, wie hoch die Importe aus den
       besetzten Gebieten nach Deutschland sind wird und wie viel davon politisch
       bedenklich ist. Aber um welche Produkte geht es hier eigentlich? Der große
       und extrem objektive Besser-Produkttest:
       
       Rotwein Yarden, Mount Hermon, Golanhöhen, Jahrgang 2011: Hervorragender
       junger, kräftiger Rotwein, hybride Mischung aus Cabernet Sauvignon- und
       Merlot-Trauben. Passt prima zu Fleisch, Geflügel, Fisch, Käse und
       Nutellabrot. 0,75-Liter-Flasche ca. 10 Euro.
       
       Rotwein Gamla, Cabernet Sauvignon, Golanhöhen, 2009: Samtig-herb im
       Eingang, fruchtig-harmonisch im Durchgang, nussig-würzig im Abgang. Und
       kein Kater nach Untergang. Sehr rot, sehr gut, sehr koscher! Ca. 16 Euro.
       
       Weißwein Cremisan, Hamdany & Jandaly, Beit Dschala, Westjordanland, 2010:
       Kein israelischer, sondern ein palästinensischer Wein aus der
       palästinensischen Rebsorte Hamdany & Jandaly, von palästinensischen
       Kinderhänden in liebevoller Handarbeit geerntet und im katholischen
       Salesianer-Kloster Cremisan hergestellt (nicht koscher). Cremig-duftige
       Textur, intensives Bukett von frischen Zitrus-, Minz- und
       Stacheldrahtnoten, blumigen Pfirsich-, Zypressen- und Akazienblüten-Aromen
       sowie einem milden Hauch von Mandel, Banane und Multivitaminsaft. Ca. 10
       Euro.
       
       Weißwein Jerusalem Hills, Muscat d’Alexandrie, Hebron, Westjordanland, ohne
       Jahrgangsangabe: Viele fragen ja: Darf man Israel kritisieren, ohne sich
       gleich zum [4][Günter] zu machen? Die Antwort: Ja, man darf, aber – bitte
       merken! – nur an den richtigen Stellen. Also keine Kritik an der Regierung
       (macht nur ihren Job) oder an den [5][ESC-Beiträgen] (Israel würde noch mit
       Madonna im Vorentscheid rausfliegen), sehr wohl aber an der israelischen
       Fußballnationalmannschaft (zuletzt 3:1- Führung gegen Portugal vergeigt).
       Oder eben an diesem uringelben, übersüßen und übersauren Wein. Allenfalls
       für süß-saure Soßen brauchbar, in höherer Dosis vermutlich auch zum
       Brunnenvergiften. Ca. 14 Euro.
       
       Rotwein Zion Fine Wines, Old City Shalom, Judäisches Bergland,
       Westjordanland: Schwerer, zuckersüßer Rotwein. Laut Etikett nur für
       kultische Zwecke (Kiddusch-Wein) zugelassen, aber zum Mischen mit Wodka,
       Red Bull und Wodka-Red-Bull, Tapezieren oder Haarestylen (ultrastrong)
       ebenfalls geeignet. Ca. 7 Euro. (Alle Weine erhältlich bei
       [6][www.israelwein.de].)
       
       Halva mit Pistazien: Süßspeise aus Sesampaste, Honig und Pistazien. Sandig
       wie der Negev, geschmeidig wie Hummus und süß wie der Kuss eines
       sephardischen Jünglings. Obacht: Kann aus Israel, den territories oder dem
       Libanon stammen. 454-g-Packung ca. 4,50 Euro.
       
       Granatapfelsaft, Keshet Juice (nicht: Keshet Jews!), Golanhöhen: Bittersüß
       und wunderbar sommerlich (Fruchtgehalt 100 Prozent). 0,75-Liter-Flasche ca.
       6 Euro.
       
       Falafel-Mix, Scharon-Ebene (!), Grenze zum Westjordanland: Instantmischung
       mit Wasser verrühren, zu Bällchen rollen, in Öl braten – am besten in extra
       virgin Olivenöl der Marke „Toister“ aus der Golan-Siedlung Givat Yoav
       (0,5-Liter-Flasche ca. 9 Euro). Schmeckt wie beim Araber. 180-g-Tüte ca.
       2,50 Euro.
       
       Weizen-Snacks „Bissli“ und Erdnussflips „Bamba“, ebenfalls Scharon-Ebene:
       Rauchig-würzig und sehr lecker die Weizen-Snacks, schmecken mehr nach
       Schinken als nach Weizen. Vorsicht: Suchtgefahr! Fade und matschig hingegen
       die Flips. Ein Geschmack, als hätte man sie wochenlang unterm Sofa reifen
       lassen. Israelische Erdnusswirtschaft in der Krise? 70-g-Tüten jeweils ca.
       1,50 Euro.
       
       Datteln: Süß, saftig, lecker. Ein unbekannter Teil der israelischen
       Dattelexporte stammt aus den besetzten oder annektierten Gebieten. Experten
       gehen von einer höheren Dunkelziffer aus. 100-g-Beutel ca. 1,80 Euro.
       
       Speisesalz, Totes Meer, Westjordanland: Gesundes Bioprodukt voller
       lebenswichtiger Mineralien, Spurenelementen und Salzen. Geeignet zum
       Kochen, Naschen und Streuen in Wunden. 180-g-Packung ca. 3 Euro.
       
       Duschbad, Peeling, Zahnpasta, Handcreme u.v.m., Totes Meer: Weiche Haut,
       glattes Gesicht, weiße Zähne und filigranes Fingerspitzengefühl dank der
       Kosmetik aus der einzigen Demokratie des Nahen Ostens. Zwar bieten auch
       deutsche Hersteller Erzeugnisse mit Salz oder Schlamm aus dem Toten an,
       sicherer aber sind die Produkte der Firma Ahava mit Produktionstandort im
       Kibbuz Mitze Shalem (Westjordanland). Kost auch was.
       
       Olivenölseife mit Granatapfel, Industriezone Ben-Yehuda, Golanhöhen:
       Alternative für alle, die das Zeug vom Toten Meer zu salzig oder zu
       schlammig finden. Der liebliche Duft von Frieden, Freiheit und Sicherheit.
       (Alle genannten Produkte [7][hier] oder [8][da] oder [9][dort] erhältlich.)
       
       Produktwarnung:Die [10][Verbraucherkolumne Besser] warnt vor Olivenöl der
       Marke „Jordan“. Das stammt weder aus Cis- noch aus Transjordanien, sondern
       von der griechischen (nach anderer Lesart: griechisch besetzten) Insel
       Lesbos.
       
       ***
       
       Besser: Probieren als boykottieren.
       
       21 May 2013
       
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