# taz.de -- Diskussion im Bundestag: Religion vs. Kinderrechte
       
       > Der Bundestag streitet darüber, ab welchem Alter Jungen beschnitten
       > werden dürfen. Zwei Gesetzentwürfe konkurrieren miteinander.
       
 (IMG) Bild: Sie wird es weiter geben: Beschneidungsutensilien.
       
       BERLIN taz | Es ist ein Brauch, der vielen in der Mehrheitsgesellschaft
       fremd ist: die religiöse Beschneidung des männlichen Kindes. Das betonten
       mehrere RednerInnen bei der Bundestagsdebatte zur Beschneidung am
       Donnerstag. Aber dennoch stritten die meisten dafür, dass Juden und Muslime
       diesen Brauch fortführen dürfen.
       
       Das Landgericht Köln hatte die Beschneidung eines Jungen im Sommer als
       „Körperverletzung“ gewertet und damit den Gesetzgeber auf den Plan gerufen.
       „Jüdisches und muslimisches Leben muss in Deutschland möglich sein“,
       postulierte Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP).
       
       Sie stellte einen Gesetzentwurf vor, der Beschneidungen erlaubt, in einem
       gewissen Alter auch von nichtärztlichen religiösen Beschneidern. Burkhardt
       Lischka von der SPD pflichtete ihr bei: Man könne nicht Juden und Muslime
       kollektiv zu Rechtsbrechern erklären, meinte er.
       
       Dagegen sprachen sich schon im Vorfeld der Debatte Kinderärzte aus, der
       Kinderschutzbund und auch das Bundesforum Männer, der Interessenverband für
       Männer. Der Regierungsentwurf lasse auch eine Beschneidung ohne Narkose zu,
       kritisieren die Männer. „Das Kindeswohl, die betroffenen Jungen und ihre
       Interessen werden in skandalöser Weise ignoriert,“ so Verbandschef Martin
       Rosowski.
       
       ## Nicht teilbare Menschenrechte
       
       Mittlerweile kam ein zweiter Gesetzentwurf hinzu: Kinderpolitikerinnen von
       Linkspartei, SPD und Grünen war der Kinderschutz im Koalitionsentwurf zu
       sehr in den Hintergrund gerückt. Beschneidung sei ein „derart
       schwerwiegender Eingriff in die körperliche Unversehrtheit eines Kindes“,
       dass sie nicht ohne die Zustimmung des Kindes durchgeführt werden dürfe,
       erklärt die kinderpolitische Sprecherin der Grünen, Katja Dörner, zum
       Entwurf.
       
       Die Voraussetzung: Das Kind muss 14 Jahre alt und „einsichts- und
       urteilsfähig“ sein. Zudem soll die Beschneidung von einer Fachärztin oder
       einem Facharzt durchgeführt werden.
       
       Für diesen Entwurf sprach sich etwa Raju Sharma aus, der
       religionspolitische Sprecher der Linksfraktion. Man könne keine Ausnahme
       von den Menschenrechten für bestimmte Religionen machen. „Sie sind nicht
       teilbar.“ Er verwies unter anderem auf die Kinderrechtskonvention der UNO,
       die auch Kanzlerin Merkel unterzeichnet habe: „Ich frage mich, was ist Ihre
       Unterschrift wert?“, so Sharma.
       
       In der UN-Kinderrechtskonvention, die Deutschland unterzeichnet hat, heißt
       es in Artikel 24: „Die Vertragsstaaten treffen alle wirksamen und
       geeigneten Maßnahmen, um überlieferte Bräuche, die für die Gesundheit der
       Kinder schädlich sind, abzuschaffen.“
       
       22 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Heide Oestreich
       
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