# taz.de -- Pirat über Vorratsdatenspeicherung: „Natürlich werden wir klagen“
       
       > Der „AK Vorrat“ will die anlasslose Speicherung von Telefon- und
       > Internetdaten stoppen: mit Demos, der SPD-Basis und notfalls über
       > Richter.
       
 (IMG) Bild: „Seit Snowdens Enthüllungen ist allgemein anerkannt, dass Daten nicht sicher gespeichert werden können.“
       
       taz: Herr Breyer, Sie haben 2010 mit dem AK Vorrat schon einmal die
       Vorratsdatenspeicherung gekippt. Wie wird die Auseinandersetzung dieses Mal
       ausgehen? 
       
       Patrick Breyer: Ich gehe davon aus, dass die Vorratsdatenspeicherung auch
       diesmal vor Gericht keinen Bestand haben wird – jedenfalls nicht dauerhaft.
       
       Sie hoffen also vor allem auf die Gerichte? 
       
       Nein. Zunächst konzentrieren wir uns auf den politischen Widerstand. In
       diesem Jahr werden in Deutschland mehr als 30 Demos [1][unter dem Motto
       „Freiheit statt Angst“] stattfinden, die nächsten am kommenden Samstag in
       Frankfurt am Main und in Berlin.
       
       Letzten Samstag haben in Hamburg tausend Leute gegen Überwachung
       demonstriert. Reicht das, um die Politik zu beeindrucken? 
       
       Wir stehen ja erst am Anfang. Wer hat denn damit gerechnet, dass die SPD
       die Vorratsdatenspeicherung nochmal von der Müllhalde der Geschichte holt?
       Wir wollen von Demo zu Demo mehr Menschen aktivieren.
       
       So wie Pegida Ende letzten Jahres? 
       
       Den Vergleich weise ich zurück.
       
       Pardon. Aber was nützt aller Wirbel auf der Straße, wenn die große
       Koalition die große Mehrheit hat? 
       
       Eine Mehrheit gibt es nur, wenn die SPD mitmacht. Am 20. Juni aber findet
       der SPD-Konvent in Berlin statt, bei dem die SPD-Basis die Regierungspläne
       ablehnen kann. Und wir werden vor dem Veranstaltungsort für eine Ablehnung
       demonstrieren...
       
       Die SPD wird doch ihrem Vorsitzenden Sigmar Gabriel nicht in den Rücken
       fallen... 
       
       Gabriel selbst ist großen Teilen seiner Partei in den Rücken gefallen. Im
       Europawahlkampf 2014 hat die SPD eine Vorratsdatenspeicherung noch strikt
       abgelehnt. Und zum Konvent liegen immerhin bereits über 100 Anträge gegen
       die Vorratsdatenspeicherung vor, unter anderem von den Landesverbänden
       Sachsen und Berlin und vom besonders einflussreichen Unterbezirk Dortmund.
       Das wird in der SPD noch richtig spannend.
       
       Und wie sieht der Plan B aus, wenn der Bundestag die
       Vorratsdatenspeicherung doch beschließt? Wird der AK Vorrat wieder das
       Bundesverfassungsgericht anrufen? 
       
       Wir werden technische Möglichkeiten zum Selbstschutz aufzeigen - und
       natürlich werden wir klagen.
       
       Bei seinem Urteil 2010 hatte Karlsruhe aber keine grundsätzlichen Einwände
       gegen die Vorratsdatenspeicherung... 
       
       Seitdem hat sich die Welt geändert. Seit Snowdens Enthüllungen ist
       allgemein anerkannt, dass Daten nicht sicher gespeichert werden können.
       Außerdem hat sich der Europäische Gerichtshof 2014, als er die
       EU-Richtlinie für nichtig erklärte, ganz klar gegen die
       Vorratsdatenspeicherung positioniert. Dahinter wird das
       Bundesverfassungsgericht nicht zurückbleiben wollen.
       
       Warum setzen Sie nicht gleich auf den EuGH? 
       
       Eine direkte Bürgerklage ist in Luxemburg ja nicht möglich. Erst müssen wir
       ein deutsches Gericht finden, das den Fall beim EuGH vorlegt. Schon jetzt
       ist dort allerdings ein Verfahren zur schwedischen Vorratsdatenspeicherung
       anhängig. Ich rechne damit, dass der EuGH in rund einem Jahr feststellen
       wird, dass auch nationale Vorratsdatenspeicherungen unverhältnismäßig sind
       und gegen die e-Privacy-Richtlinie der EU verstoßen.
       
       Selbst wenn diese Prognose eintrifft: In Schweden gilt eine sechsmonatige
       Vorratsdatenspeicherung, bei uns soll sie nur zehn Wochen betragen... 
       
       Das ist ein quantitativer, aber kein qualitativer Unterschied. Der EuGH ist
       – wie wir – dagegen, dass anlasslos Daten über die gesamte Bevölkerung
       gesammelt werden. Das gilt unabhängig von der Löschungsfrist.
       
       Nach dieser Logik kann es gar keine rechtmäßige Vorratsdatenspeicherung
       geben... 
       
       Ja, das ist unsere feste rechtsstaatliche Überzeugung. Jede verdachtslose
       und flächendeckende Vorratsdatenspeicherung ist ein Dammbruch. Wenn erst
       unsere Telefon-, Internet- und Bewegungsdaten anlasslos gespeichert werden
       dürfen, dann können auch viele andere Daten über unser Leben wie etwa
       Zahlungsdaten anlasslos festgehalten werden. Es besteht ja immer die
       Möglichkeit, dass sie einmal für die Polizei nützlich sein könnten. Diese
       Vorratslogik kennt keine Grenzen und führt zur schrittweisen Abschaffung
       privater und selbstbestimmter Räume in unserem Leben.
       
       28 May 2015
       
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