# taz.de -- Regionalwahlen in Italien: Posterboy Renzi ist angeschlagen
       
       > Der Regierungschef muss erstmals Stimmenverluste hinnehmen. Sie sind
       > Ergebnis innerer Zerwürfnisse. Die Rechte profitiert davon aber nicht.
       
 (IMG) Bild: Das hätte auch besser laufen können für Matteo Renzi und seine Partito Democratico
       
       ROM taz | Einen vergifteten Sieg hat Italiens Ministerpräsident Matteo
       Renzi bei den Regionalwahlen am Sonntag errungen. Von Ligurien und dem
       Veneto im Norden bis zu Kampanien und Apulien im Süden waren insgesamt
       sieben Regionen mit knapp 22 Millionen Menschen zur Wahl aufgerufen.
       
       Fast die Hälfte der stimmberechtigten Italiener also wählte; damit wurde
       diese Runde zum ersten wirklichen Test für den Regierungschef, seitdem er
       vor genau einem Jahr die Europawahlen mit gut 40 Prozent für seine Partito
       Democratico (PD) klar für sich entschieden hatte.
       
       Auch diesmal ist der Erfolg auf den ersten Blick klar auf der Seite der PD.
       Ihre Kandidaten für das Amt des Regionalpräsidenten setzten sich in fünf
       der sieben Regionen durch, während ein Vertreter von Silvio Berlusconis
       Forza Italia in Ligurien sowie ein Politiker der rechtspopulistischen Lega
       Nord im Veneto siegten. Fünf Regionen hatte die PD auch bisher schon
       regiert – dennoch kann Renzi sich nicht zurücklehnen.
       
       Schmerzen dürfte den Regierungs- und Parteichef nicht nur, dass seine PD
       gegenüber der EP-Wahl von 2014 überall deutliche Verluste verbuchen musste
       und nur in den „roten“ Regionen Toskana, Umbrien und Marken Resultate
       zwischen 35 und 46 Prozent erzielen konnte. Am bittersten für Renzi ist der
       Verlust der linken Hochburg Ligurien an den Forza-Italia-Kandidaten
       Giovanni Toti, der mit 34,5 Prozent die Frontfrau der PD klar abhängte.
       
       ## Weiteres Linksbündnis
       
       In Ligurien waren die Spannungen in der PD zwischen der Renzi-Mehrheit und
       den linken Minderheitsflügeln im Vorfeld der Wahl offen ausgebrochen. Bei
       den Vorwahlen der PD hatte sich die Renzi-Kandidatin durchgesetzt, die
       Minderheit aber erkannte das Ergebnis nicht an, weil auch Politiker der
       Rechten ihre Anhänger zugunsten des Renzi-Flügels für die Primaries
       mobilisiert hatten. In Ligurien entstand so ein weiteres Linksbündnis um
       einen aus der PD ausgetretenen Kandidaten, der knapp 10 Prozent holte und
       so die PD um den Sieg brachte.
       
       Die Spaltungstendenzen in der PD dürften sich nun weiter verschärfen;
       trösten dürfte Renzi nur, dass die Berlusconi-Rechte noch weit größere
       Probleme hat. In den wenigsten Regionen trat der Rechtsblock geeint unter
       einem gemeinsamen Kandidaten an. Schlimmer noch für Berlusconi: Seine Forza
       Italia erzielte in vier der sieben Regionen nur noch einstellige Ergebnisse
       und musste sich im Veneto gar mit nur noch knapp 6 Prozent zufrieden geben.
       
       ## Junge, unbekannte Spitzenkandidaten
       
       Die neue dominierende Kraft auf der Rechten wurde am Sonntag dagegen die
       Lega Nord, die unter ihrem Chef Matteo Salvini einen an den französischen
       Front National angelehnten Kurs fährt. In Ligurien holte sie 20 Prozent,
       aber auch in den mittelitalienischen Regionen – Toskana, Umbrien, Marken –,
       in denen sie bisher so gut wie nicht präsent war, durfte sie sich über 13
       und 16 Prozent freuen und lag mit ihren Listen überall vor Forza Italia.
       
       Rundum positiv war der Wahlausgang auch für Beppe Grillos Movimento5Stelle
       (M5S). Obwohl die Bewegung, die gegen die „Kaste“ der eingesessenen
       italienischen Politiker ebenso wie gegen den Euro mobil macht, durchweg
       junge, unbekannte Spitzenkandidaten ins Rennen schickte, obwohl das
       Zugpferd Grillo im Wahlkampf kaum präsent war, gab es in den Marken fast
       22, in Ligurien 25 Prozent für die M5S-Kandidaten. Flächendeckend von Nord
       bis Süd addieren sich die Resultate der beiden Anti-Euro-Parteien M5S und
       Lega Nord auf 30 bis 40 Prozent.
       
       Ihren völligen Untergang musste dagegen die radikale Linke erleben. Selbst
       in Apulien, wo sie mit Nichi Vendola den Präsidenten der Regionalregierung
       gestellt hatte, erreichte sie nur noch gut 6 Prozent; mit Ausnahme der
       Toskana blieb sie in allen anderen Regionen unter 4 Prozent hängen.
       
       1 Jun 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Braun
       
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