# taz.de -- Geschichte des „Nein“ in Griechenland: Ochi ist mehr als nur ein Wort
       
       > Stolz, Würde und Kampf gegen faschistische Besatzung: Was das griechische
       > Referendum mit der Geschichte des Landes zu tun hat.
       
 (IMG) Bild: Ein stolzes „Nein“.
       
       BERLIN taz | In diesen Tagen ist in Griechenland viel von „Ehre“, „Würde“
       und „Stolz“ der Nation die Rede – als Widerpart werden gerne die Worte
       „Demütigung“ oder „Frembestimmung“ genannt. Verteidigungsminister Panos
       Kammenos von der rechtsradikalen Anel sprach gar von einem „Krieg“, in dem
       sich Griechenland befinde.
       
       Das Referendum vom Sonntag wird bei dieser Wortwahl in den Kanon der
       historischen Erinnerung eingefügt – und die ist im modernen Griechenland
       tatsächlich sehr häufig eine Geschichte der Fremdbestimmuung gewesen,
       beginnend mit der Installierung des bayerischen Königs Otto im Jahre 1832
       auf Wunsch der europäischen Großmächte. Vor allem aber erinnern diese Worte
       an die Besetzung Griechenlands durch Nazi-Deutschland von 1941 bis 1944.
       
       Ein „stolzes Nein“ hat Ministerpräsident Alexis Tsipras von seinen
       Landsleuten erbeten. Auch er verweist damit auf ein historisches Ereignis,
       das bis heute alljährlich in Griechenland als gesetzlicher Feiertag am 28.
       Oktober begangen wird: den Ochi-Tag – übersetzt Nein-Tag. Es ist ein Tag
       des Stolzes der griechischen Nation und beruht nicht auf einer Legende,
       sondern auf nackten Tatsachen.
       
       Am 28. Oktober 1940 war es, dass das faschistische Italien ein Ultimatum an
       das neutrale Griechenland stellte: Mussolinis Truppen sollte erlaubt
       werden, in Hellas einzumarschieren. Die Lage schien für die Griechen
       hoffnungslos, denn ihre Armee galt als deutlich unterlegen. General
       Ionannis Metaxas, der damals Griechenland mit diktatorischen Mitteln
       regierte, antwortete dennoch mit einem eindeutigen Wort: Ochi – nein.
       
       ## Brutale deutsche Besatzung
       
       Kurz darauf überfielen in Albanien stationierte italienische Truppen
       Griechenland. Doch zu aller Erstaunen gelang es der schwachen, aber hoch
       motivierten griechischen Armee, die Italiener zurückzuschlagen. Besetzt
       wurde Griechenland freilich dennoch: Im April 1941 eroberten die Truppen
       der Wehrmacht weite Teile des Staatsgebiets.
       
       Bald darauf begann ein Guerillakrieg gegen die Nazis, den SS und Wehrmacht
       mit summarischen Massenmorden an den Bewohnern von weit über 100 Dörfern
       beantwortete. Zudem requierten die Besatzer nahezu alle Lebensmittel, so
       dass bis 1944 etwa 300.000 Griechen verhungerten.
       
       Es ist diese Zeit, an die manche, eher tumbe Demonstranten in Athen denken,
       wenn sie Angela Merkel auf Plakaten mit einem Hitlerbärtchen versehen. Das
       „Ochi“ aber symbolisiert bis heute den erfolgreichen Widerstand des Volkes
       gegen die Fremdherrschaft. Ob nun berechtigt oder nicht: Angesichts des
       beständig sinkenden Lebensstandarts infolge diverser Sparprogramme in den
       letzten Jahren identifizieren viele Menschen heute die Europäische Union
       als eine von außen aufgezwunge Herrschaft. Und so werden am nicht wenige
       Wähler auch mit den Gedanken an den 28. Oktober 1940 zur Urne gegangen
       sein.
       
       5 Jul 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus Hillenbrand
       
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