# taz.de -- Kommentar Urteil zum Betreuungsgeld: Jetzt muss der Kitaausbau kommen
       
       > Das Bundesverfassungsgericht hat das Betreuungsgeld für rechtswidrig
       > erklärt. Die Millionen, die nun frei werden, werden dringend benötigt.
       
 (IMG) Bild: Sie dürfen natürlich weiterhin zu Hause bleiben, die Kleinen.
       
       [1][Das Betreuungsgeld ist also gekippt.] Das ist eine gute Nachricht.
       Zumindest für alle, die glauben, dass es Kinder in der Kita – unter
       Gleichaltrigen und mit einem guten Bildungsschatz ausgestattet – besser
       haben als mit Mami allein im heimischen Kinderzimmer. Zumindest nicht
       schlechter.
       
       Um diesen politischen, familiären und ideologischen Ansatz ging es dem
       Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe aber gar nicht. Die oberste
       Verfassungsbehörde hat vielmehr formell entschieden: Das als „Herdprämie“
       diffamierte Betreuungsgeld ist verfassungswidrig und damit nichtig, weil
       der Bund im Sommer 2013 gar nicht die Kompetenz hatte, das entsprechende
       Gesetz zu erlassen.
       
       Der Bund konkurriert in der „öffentlichen Fürsorge“ mit den Ländern, er
       darf zwar Regelungen erlassen, mit denen „individuelle oder existenzielle
       Notlagen“ verhindert werden. Aber nur dann, wenn damit in der gesamten
       Bundesrepublik gleichwertige Lebensverhältnisse geschaffen werden. Oder
       anders gesagt: Wenn alle etwas vom Betreuungsgeld hätten, wäre es okay
       gewesen.
       
       So ist das bekanntermaßen aber nicht. Die 150 Euro im Monat bekommen nur
       jene Eltern, die ihre kleinen Kinder zu Hause betreuen, statt sie in eine
       Kita zu bringen. Sie erhalten also Geld für etwas, das sie gar nicht in
       Anspruch nehmen. Und das unabhängig davon, ob es in ihrer Kommune einen
       Kitaplatz gibt oder nicht.
       
       Auf diese Weise werden keine einheitlichen Lebensverhältnisse geschaffen –
       und Eltern insbesondere in Regionen mit einem Mangel an Kitaangeboten
       bekommen trotzdem keinen der begehrten Plätze. Kurz: Die Knappheit an
       Kitaplätzen behebt die auch als „Fernhalteprämie“ bezeichnete
       familienpolitische Leistung nicht.
       
       ## Wollen Eltern ihre Kinder zu Hause betreuen?
       
       Kippt mit dem Betreuungsgeld auch die viel gepriesene Wahlfreiheit, auf die
       vor allem Bayern und die CSU gepocht hatten? Natürlich nicht. Alle Eltern
       können ihre Kinder, so diese noch nicht im Schulalter sind, so lange zu
       Hause betreuen, wie sie das wollen. Niemand verlangt von Eltern, dass sie
       ihre Kinder in jedem Fall in die Kita bringen. Schon gar kein Gesetz.
       
       Die Frage jedoch ist: Wollen Eltern zuallererst eine Heimbetreuung? Die
       Antwort ist durch zahlreiche Studien belegt: Eine überwiegende Mehrheit
       will das nicht. Vielmehr wünschen sich die meisten Mütter und Väter eine
       Kita, in der ihre Kinder liebevoll betreut werden, in der ihre Töchter und
       Söhne altersgerechte Bildungsangebote erhalten und mit anderen Kindern
       spielen können. Einen Ort also, der ihr ganzes Vertrauen genießt. Übrigens
       auch viele derjenigen, die aufgrund des fehlenden Kitaplatzes aus purer
       Verzweiflung das Betreuungsgeld beantragt hatten, um damit eine Tagesmutter
       zu bezahlen.
       
       Der Kitaausbau ist ein Muss – und eine Aufgabe des Bundes. Die Millionen,
       die jetzt durch das Betreuungsgeld frei werden, können gut dafür verwendet
       werden. Auch über die Qualität der Einrichtungen wird gerade viel
       debattiert. Auch besser ausgebildete ErzieherInnen, pädagogisch wertvolles
       Spielzeug und gut ausgestattete Kitas kosten Geld. Der Streit um die
       Verteilung hat längst begonnen.
       
       21 Jul 2015
       
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 (DIR) Simone Schmollack
       
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