# taz.de -- Dänemark will Flüchtlinge vergraulen: Geht lieber nach Schweden!
       
       > Mit Zeitungsannoncen will Dänemark Flüchtlinge fernhalten. Die Kampagne
       > richtet sich speziell an jene, die vor dem Krieg in Syrien flüchten.
       
 (IMG) Bild: Syrische und afghanische Flüchtlinge schlafen auf dem Weg in Europas Norden in einer Moschee in Mazedonien.
       
       STOCKHOLM taz | „Ziel ist es, die Anzahl von Asylsuchenden stark zu
       veringern“, sagt Marcus Knuth, einwanderungspolitischer Sprecher der
       dänischen Regierungspartei „Venstre“. Seit 15 Jahren müht sich die dänische
       Politik stetig darum, das Ausländer- und Asylrecht des Landes zu
       verschärfen.
       
       Zuletzt hatte man Anfang Juli angekündigt, die finanzielle Unterstützung
       für Asylsuchende und deren Familien nahezu zu halbieren. Nun also der
       nächste Schritt.
       
       Mittels der Medien soll jetzt die Botschaft verbreitet werden, dass
       Dänemark gänzlich unattraktiv für Flüchtlinge ist. Besser sollten diese
       großzügigere Länder suchen wie Schweden. So konkret sagt man das in
       Kopenhagen natürlich nicht. Das Signal ist in erster Linie „an
       Menschenschmuggler gerichtet, die eine große Anzahl Asylsuchende nach
       Dänemark schicken,“ beteuert Knuth.
       
       Zeitungsannoncen, in denen sich EU-Länder direkt an potentielle
       Asylbewerber oder Schlepper wenden, sind kein Novum. Im Juni schaltete die
       deutsche Botschaft in Tirana Anzeigen mit der Überschrift: „Kein
       Wirtschaftsasyl in Deutschland“. Und eine ähnliche Kampagne hatte
       Österreich im Februar in kosovarischen Medien gestartet. Doch was
       Kopenhagen vorhat, hat eine andere Qualität.
       
       ## Unternehmer gegen die Regierung
       
       Man hat es mit der „Aufklärungsaktion“ nicht auf vermeintliche
       „Wirtschaftsflüchtlinge“ abgesehen, sondern zielt ganz explizit auf
       Kriegsflüchtlinge aus Syrien. Die will man schwerpunktmässig über türkische
       Zeitungen erreichen.
       
       Man hätte zwar schon die Annoncen der Bundesregierung kritisiert, sagte
       Tobias Klaus von der deutschen Flüchtlingshilfeorganisation „Pro Asyl“
       gegenüber „Politiken“: „Aber eine Kampagne Richtung Syrien ist ja völlig
       absurd.“ In Deutschland würde das eine solche öffentliche Empörung
       auslösen, dass die Bundesregierung das niemals wagen würde.
       
       Die Kampagne gegen Syrien-Flüchtlinge ist auch in Dänemark umstritten.
       „Stoppt diese Pläne“, forderten die Manager mehrerer großer Unternehmen die
       Regierung Ende vergangener Woche in einer gemeinsamen Erklärung auf: „Diese
       Initiative wird dazu führen, dass Dänemark nicht reicher, sonder ärmer
       wird.“
       
       Das Land brauche neue Arbeitskräfte und solch eine Abwehrhaltung drohe sich
       negativ auf den internationalen Ruf Dänemarks auszuwirken und könne mithin
       Exportanstrengungen unterminieren. Eine Facebook-Kampagne sammelt
       mittlerweile Gelder für Gegenannoncen unter dem Motto „Flüchtlinge
       willkommen!“.
       
       ## Negative Vorbilder en masse
       
       Bei der dänischen Flüchtlingshilfsorganisation „Dansk Flygtningehjælp“ kann
       man sich nicht vorstellen, dass die Kampagne der Regierung einen
       abschreckenden Effekt auf die Zielgruppe haben könne. Dass diese türkische
       Zeitungen lesen, zweifelt deren Generalsekretär Andreas Kamm. Ähnlich sieht
       das Ninna Nyberg Sørensen vom „Dänischen Institut für Internationale
       Studien“: „Die wollen doch nur Sicherheit. Und Schlepper interessiert das
       schon gar nicht.“
       
       Der „Dänischen Volkspartei“, auf deren parlamentarische Unterstützung die
       „Venstre“-Minderheitsregierung angewiesen ist, reicht eine Annoncenkampagne
       nicht. Kopenhagen solle die „No Way!“-Aktion Australiens kopieren, eine
       Plakataktion starten und Videos produzieren, in denen man in englischer und
       arabischer Sprache Flüchtlinge auffordere, nicht nach Dänemark zu kommen.
       
       Auch könne sich Dänemark ein Vorbild an Österreich nehmen, das Flüchtlinge
       geschickt ins Nachbarland Slowakei „exportiert“. Bei dem Vorschlag hat aber
       sogar der „Venstre“-Sprecher Jakob Ellemann-Jensen Zweifel: „Ganz spontan
       kann ich mir nicht vorstellen, dass Deutschland oder Schweden daran
       interessiert wären.“
       
       4 Aug 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reinhard Wolff
       
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