# taz.de -- Vergangenheitsbewältigung in Rumänien: Holocaust-Leugner riskieren Knast
       
       > Bis zu drei Jahren Haft: Der Anwendungsbereich eines Gesetzes, das
       > faschistische Propaganda verbietet, wird ausgeweitet.
       
 (IMG) Bild: Den Arm zum Gruss erhoben: Demonstration faschistischer Legionäre 2014 in Targu Ocna.
       
       BERLIN taz | Der rumänische Präsident Klaus Johannis hat der Erweiterung
       eines Gesetzes zugestimmt, das die Holocaustleugnung und faschistische
       Propaganda untersagt. Die neue Fassung verbietet nun auch ausdrücklich die
       Leugnung des vom faschistischen Militärregime unter Ion Antonescu verübten
       Holocaust sowie die Propaganda der Anhänger der rechtsextremen Legion des
       Erzengels Michael. Verstöße werden mit bis zu drei Jahren Haft geahndet.
       
       Das Gesetz hat Gegner auf den Plan gerufen, die dem Präsidenten vorwerfen,
       er habe sich an die internationale jüdische Lobby verkauft und die
       christlichen Traditionen des rumänischen Volkes verraten. Auf einer im
       Internet verbreiteten ekelhaften Karikatur wird Johannis mit Schläfenlocken
       und Kippa dargestellt und als „Führer“ Klaus Ellie Iohannesiel verspottet.
       
       Der als „Securitatejäger“ auftretende Publizist Marius Oprea erklärte, das
       Gesetz ähnele stalinistischen Vorgaben und sei eine Provokation. Es würde
       antisemitische Reaktionen auslösen. Oprea, dessen Ausführungen
       rechtsradikale Publikationen ausführlich zitierten, behauptete, es habe in
       Rumänien nach der Wende weder Holocaustleugner gegeben noch seien
       rechtsextremistische Gruppen entstanden. Im Unterschied zu anderen
       europäischen Ländern sei der Rechtsextremismus in Rumänien ein
       Randphänomen.
       
       Die 1927 gegründete rechtsextreme Organisation Legion des Erzengels
       Michael, die für zahlreiche terroristische Attentate und antisemitische
       Gewalttaten verantwortlich ist, versuchte Oprea vom Faschismusvorwurf zu
       entlasten, indem er behauptete, sie sei vom Nürnberger Tribunal nicht
       verurteilt worden.
       
       ## Aufgeflammter Antonescu-Kult
       
       Diese Legende zirkuliert seit Langem in der rechtsextremen Szene Rumäniens.
       Dabei wird verschwiegen, dass in Nürnberg nur die Hauptkriegsverbrecher des
       Naziregimes verurteilt wurden. Den Verbündeten Nazideutschlands wurde in
       ihren Heimatländern der Prozess gemacht. So auch dem rumänischen
       Militärdiktator und Hitlerverbündeten Ion Antonescu, der 1946 zum Tode
       verurteilt wurde.
       
       Der nach 1990 aufgeflammte Antonescukult führte zu Protesten ausländischer
       Politiker sowie jüdischer Opferverbände. Eine Dringlichkeitsverordnung von
       2002 sollte der rechtsextremen Agitation einen Riegel vorschieben. In der
       Praxis blieb die Verordnung jedoch wirkungslos.
       
       Die Kampagnen für die Rehabilitierung von Antonescu sowie die Leugnung der
       von ihm und seiner Regierung angeordneten Vernichtung von etwa 300.000
       rumänischen und ukrainischen Juden ging weiter. Eine internationale
       Kommission zur Untersuchung des rumänischen Holocaust stellte 2004 fest,
       dass außer Deutschland nur noch Rumänien in vergleichbarem Ausmaß in
       Massaker an Juden involviert gewesen sei.
       
       Der Direktor des Landesinstituts für das Studium des rumänischen Holocaust,
       Alexandru Florian, widerspricht der Meinung, das erweiterte Gesetz sei ein
       Versuch, die Geschichtsschreibung zu zensieren. Gegenüber der taz sagte
       Florian, das Gesetz definiere die Legionärsbewegung als eine faschistische
       Organisation und beziehe sich explizit auch auf die Leugnung des Holocaust,
       für den das Antonescuregime verantwortlich ist.
       
       ## Antikommunistischer Widerstand
       
       Einige rechtsradikale Organisationen riefen ihre Sympathisanten auf, die
       antikommunistische Widerstandsbewegung aufleben zu lassen. „Wir erwarten
       euch auf den Gipfeln des freien Geistes und der Würde – der Kampf geht
       weiter“, heißt es in dem von der rechtsradikalen Postille Buciumul
       verbreiteten Appell.
       
       Und Holocaustleugner Serban Suru, selbsternannter Chef der Legionäre,
       erklärt trotzig: „Ich beuge mich keiner Zensur. Ich habe einen Eid auf die
       Legion abgelegt, den ich bis zu meinem Tod respektieren werde.“
       
       6 Aug 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) William Totok
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Rumänien
 (DIR) Holocaust-Leugner
 (DIR) Holocaust
 (DIR) Klaus Johannis
 (DIR) Rumänien
 (DIR) Holocaust
 (DIR) Rumänien
 (DIR) Shoa
 (DIR) Rumänien
 (DIR) Holocaust-Leugner
 (DIR) Europäische Union
 (DIR) Rumänien
 (DIR) Islam
 (DIR) Holocaust
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Geschichtsaufarbeitung in Rumänien: Glimpflich davon gekommen
       
       Ein Ex-Offizier des Geheimdienstes wird wegen Holocaust-Leugnung zu einer
       Bewährungsstrafe verurteilt. Es ist das erste derartige Urteil seit 1989.
       
 (DIR) Geschichtsaufarbeitung in Rumänien: Weg frei für Holocaust-Museum
       
       Präsident Johannis unterzeichnet das Gesetz für ein Museum über den
       Holocaust. Nationalisten und Rechtsradikale lehnen das Projekt vehement ab.
       
 (DIR) Geschichtsrevisionismus in Rumänien: Skandalöser Auschwitz-Vergleich
       
       Landwirtschaftsminister Petre Daea nennt das Töten von erkrankten Schweinen
       und den Holocaust in einem Atemzug. Das löst Empörung aus.
       
 (DIR) Holocaust-Leugnung im Netz: Facebook blockt nur manchmal
       
       Die Shoah zu leugnen, ist in mehr als zehn Ländern strafbar. Aber nicht in
       all diesen Staaten blockiert Facebook entsprechende Inhalte auf seiner
       Plattform.
       
 (DIR) Justiz in Rumänien: Korrupte Politiker schreiben sich frei
       
       Wer im Gefängnis ein wissenschaftliches Werk verfasst, der bekommt 30 Tage
       Haft erlassen. Die Produktion der Häftlinge steigt rasant an.
       
 (DIR) Urteil des Amtsgerichts Hamburg: Haftstrafe für Holocaustleugnerin
       
       Die Grande Dame der Holocaustleugnungsszene, Ursula Haverbeck, bekommt 10
       Monate Haft ohne Bewährung. Das Urteil will sie nicht akzeptieren.
       
 (DIR) Rumäniens ehemaliger Präsident: Späte Anklage gegen Ion Iliescu
       
       Brutaler Einsatz gegen Studenten 1990: Wegen Verbrechen gegen die
       Menschlichkeit wird gegen den Exmachthaber ermittelt.
       
 (DIR) Streit zwischen Rumänien und Ungarn: „Eine Provokation“
       
       Ungarn will auch an der Grenze zu Rumänien einen Zaun errichten. Das stößt
       bei der Regierung in Bukarest auf heftige Kritik.
       
 (DIR) Umstrittener Moscheebau in Bukarest: Gehetzt wird nach Pegida-Art
       
       Angst vor Muslimen auch in Rumänien: Im Kampf ums Abendland wird eine
       geplante Moschee zum Zentrum nationalistischer Propaganda.
       
 (DIR) Rechtsradikale in Rumänien: Gericht verbietet Faschistenpartei
       
       Die Gruppe „Alles für das Land“ soll gegen das Parteiengesetz verstoßen
       haben. Ein Gründungsmitglied bestreitet das Judenpogrom von 1941.