# taz.de -- Autor Roberto Saviano in Erklärungsnot: Eine Ikone steht unter Verdacht
       
       > Roberto Saviano muss sich erneut Vorwürfen stellen, Material von Kollegen
       > genutzt zu haben. Das große Nachspiel wird es aber nicht geben.
       
 (IMG) Bild: Er soll auch Figuren frei erfunden haben.
       
       Plagiatsvorwürfe gegen Roberto Saviano sind nicht neu – sie sind im
       Gegenteil gerichtlich bestätigt: Im Juni 2015 wurde der neapolitanische
       Autor dazu verurteilt, die Quelle von drei in seinem Besteller „Gomorrha“
       (2006) verwendeten Artikeln in Neuauflagen anzugeben.
       
       Was die Richter nicht in Zweifel zogen, war die „Originalität“ und die
       „Kreativität“ der Arbeit Savianos, der seit Erscheinen seines Buches über
       die in seiner Heimatregion Kampanien Camorra genannte Mafia unter
       Polizeischutz leben muss.
       
       Ähnlich unaufgeregt dürften die aktuell im US-amerikanischen Onlinemagazin
       The Daily Beast gegen Saviano erhobenen Vorwürfe auslaufen. Der Journalist
       Michael Moynihan belässt es nicht bei einem blitzsauberen Verriss von
       Savianos zuletzt in den USA erschienenem Buch ZeroZeroZero, sondern wirft
       der „global celebrity“ vor, ein „zutiefst unehrliches“ Werk verfasst zu
       haben. Saviano habe nicht nur erneut Artikel von weniger bekannten Kollegen
       ohne Angabe von Quellen benutzt, sondern auch Figuren frei erfunden.
       
       Der Angegriffene nahm zu den Vorwürfen Ende September in seinem Hausblatt
       La Repubblica ausführlich Stellung. Savianos Linie: Er verarbeite
       journalistische Fakten und mache daraus etwas Neues, nämlich Literatur mit
       globaler Wirkung. Alle seine Figuren seien real.
       
       Auf die Frage, die das italienische Gericht schon behandelt hatte, nämlich
       inwiefern er die Namen der Journalistenkollegen zu nennen habe, deren
       Faktenrecherche er benutze, geht er nicht weiter ein. Den Kritikern an
       seiner literarischen Methode gehe es letztlich darum, ihn zu diskreditieren
       – womit sie dann, so darf der Leser ergänzen, das Spiel der Mafia
       betreiben.
       
       Die Aufregung wird sich, wie gesagt, legen – in Italien tritt niemand wegen
       Lappalien der Textarbeit von der öffentlichen Bühne ab. Was bleibt, ist ein
       verdienstvoller, aber stagnierender Autor, der Günter-Grass-artig jede
       Kritik mit Verweis auf seine politische Bedeutung vom Tisch wischt; und
       eine zivilgesellschaftliche Anti-Mafia-Bewegung, die tief verunsichert ist.
       Denn die wenigsten haben wie Saviano große Medien hinter sich, um sich
       gegen echte oder vermeintliche Kampagnen zu wehren.
       
       1 Oct 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ambros Waibel
       
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